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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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sich in dem Raum um, in dem sie sich
befand. Es roch nach Rosenwasser und anderen Duftstoffen, die sie nicht
einordnen konnte. Die Diele war sehr groß, eine breite Treppe führte in das
obere Stockwerk. Die Wände waren getäfelt, alles war sehr sauber. Es war ein
schönes Haus, fast eines reichen Kaufmannes würdig.
    Ihr Blick fiel auf den Mann, der ihnen die Tür geöffnet hatte
und jetzt etwas abseits stand und auf Befehle zu warten schien. Noch nie war
sie einem Menschen begegnet, der diesem Mann auch nur im Entferntesten ähnelte.
Seine Hautfarbe war fast schwarz und wenn er lächelte, sah sie seine strahlend
weißen Zähne aufblitzen. Seine kurzen, krausen Haare sahen aus wie Draht. Die
unglaublich dicken Lippen und eine breite, flache Nase ließen sein Gesicht noch
fremdartiger wirken. Dennoch fand Line ihn durchaus nicht hässlich. Er war eine
imposante Erscheinung, seine Bewegungen waren sparsam und voll verhaltener
Kraft.   
    Dann musterte sie den Hausherrn. Er war in mittleren Jahren,
groß und schlank. Seine Kleidung war die eines Edelmannes und er trug ein
Schwert am Gürtel, das allerdings im Vergleich zu den Langschwertern von Sven
und Conrad beinahe zierlich wirkte. Sein Gesicht war ausdrucksstark, mit einem
energischen Kinn und wurde von einer langen, etwas krummen Nase dominiert.
    Irgendetwas an diesem Edelmann erregte ihr Misstrauen, auch
wenn er sie gerettet hatte. Oder gerade deshalb? Was hatte er für ein Motiv,
sich ihretwegen womöglich mit der Stadtobrigkeit anzulegen?
    „Warum habt ihr mir geholfen?“, fragte sie direkt.
    „Weil ich ein Cavaliere bin.“
    Als Line ziemlich verständnislos dreinblickte, ergänze er: „So
nennen wir Ritter uns in meinem Heimatland, der Lombardei südlich der Alpen. Es
gehört zu den ritterlichen Tugenden, wehrlosen, bedrängten Frauen zu helfen.
Jedenfalls dort, wo ich herkomme.“
    Er wies zum Kamin, über dem ein nicht zu übersehendes Wappen
hing, welches im oberen Teil zwei rote Herzen auf silbernem Grund und im
unteren Teil ein silbernes Herz auf rotem Grund zeigte. „Das ist mein
Familienwappen. Deshalb wird dieses Badehaus auch treffender Weise das ‚Haus zu
den drei Herzen’ genannt.“ Wieder lächelte er hintergründig. 
    „Aber Ihr wisst doch gar nicht, warum die Büttel hinter mir
her waren.“
    Er musterte sie eindringlich und sagte zu ihrer
Erleichterung: „Wie ich schon sagte, ich helfe gern Frauen in Not – ganz
besonders solchen hübschen. Was kannst du schon Schlimmes verbrochen haben?“
    Die hellen Augen des Fremden musterten sie eingehend, er
taxierte sie geradezu wie einen Gaul auf dem Pferdemarkt. Unwillkürlich fühlte
sie Unbehagen in sich aufsteigen.
    „Du bist keine Verbrecherin“, sagte der Cavaliere ernst.
„Das sagt mir meine Menschenkenntnis. Glaub mir, ich weiß, wie schnell man
ungewollt mit dem Gesetz aneinander geraten kann. Du wirst mir vielleicht
sagen, warum du verfolgt wurdest, wenn du willst. Wenn nicht, ist das auch in
Ordnung.“
    Line senkte die Augen. Die schrecklichen Bilder tauchten
wieder vor ihr auf. Sie war noch nicht bereit, darüber zu sprechen.
    „Was soll nun werden?“, fragte sie zaghaft. „Ich kann die
Stadt nicht verlassen und ich kann mich doch nicht ewig verstecken.“
    „Nun, wenn du willst und keine Arbeit scheust, kannst du in
meinem Haus bleiben“, eröffnete ihr der Edelmann und breitete die Arme aus. „Im
Badehaus fällt immer viel Arbeit an. Da können wir jede tüchtige Hand brauchen.“
    Und nicht nur die Hand, den Rest des Körpers auch, dachte
er dabei. Wieder musterte er sie mit diesem unangenehmen, durchdringenden
Blick, als könnte er durch ihre Kleider sehen.
    Unwillkürlich raffte Line ihr Kleid am Ausschnitt zusammen,
was er mit einem Lächeln quittierte.
    „Verzeih, wenn ich dich so ansehe, eine dumme Angewohnheit
von mir – so sind wir Italiener. Schließlich bin ich kein Mönch, aber wie ich
schon sagte: ich bin ein Cavaliere. Du hast nichts von mir zu befürchten.“
    Errötend senkte Line die Lider. „Verzeiht, ich…“
    „Es gibt nichts zu verzeihen. Du hast sicher schlechte
Erfahrungen gemacht.“
    Line war froh, dass ihr Gespräch in diesem Moment
unterbrochen wurde, als eine der Türen aufging und eine gut gekleidete Frau in
mittleren Jahren eintrat, die Line zunächst für die Ehefrau des Hausherrn
hielt.
    „Du könntest zunächst als Küchenhilfe arbeiten“, überlegte
der Hausherr laut. „Aber erst einmal wird dir Martha ein neues Kleid

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