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Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition)

Titel: Das mysteriöse Pergament 02 - Irrwege (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heiko Rolfs
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Anno 1230    
            
    Am nächsten Morgen fühlte Conrad sich wie zerschlagen, da er
kaum Schlaf gefunden hatte. In aller Eile und voller Hoffnung machte er sich
für sein Treffen mit Richter Dr. Jeronimus Schwarz im Rathaus von Wetzlar
bereit. Zu diesem Anlass hatte er sogar seine Kleidung ausgebürstet und nahm
sich vor, sachlich und beherrscht zu sein. Es war nur ein kurzer Weg bis zum
Rathaus, deshalb beschloss er, zu Fuß zu gehen und Hektor im Stall der Schenke
zu lassen.
    Fast eine halbe Stunde vor der verabredeten Zeit war Conrad
bereits an Ort und Stelle, drückte sich noch ein wenig auf dem Marktplatz herum
und ging schließlich auf das imposante Gebäude zu, in dem die Ratsherren der
Reichsstadt Wetzlar ihren Sitz hatten. Er durchquerte das imposante
Eingangsportal und betrat eine geräumige Halle mit vier im Quadrat angeordneten
Säulen.
    Während er sich noch umsah, wurde er von einem Diener
angesprochen, der ihn in einen kleineren Raum führte und ihn bat, hier zu
warten, bis der ehrwürdige Richter Dr. Schwarz ihn rufen ließe.
    Wie ein Raubtier im Käfig ging er unruhig in dem kleinen
Raum auf und ab. Aber er musste nicht lange warten. Schon bald kam der Diener
zurück und bat ihn in den angrenzenden Raum.
    Die Amtsstube des Richters war düster, die Wände waren
ebenso wie die Decke mit dunklem Holz verkleidet, die bunt verglasten Fenster
ließen nur wenig Licht ein. Gegenüber der Tür stand ein riesiger, massiver
Schreibtisch mit einem gepolsterten Lehnsessel dahinter.
    Aber der Richter saß nicht an seinem Schreibtisch. Er stand
an einem der Fenster und blickte auf die Straße hinunter, als gäbe es dort
etwas zu sehen. Dabei tat er, als bemerke er den eintretenden Gast nicht. Das
war eine beliebte Taktik, jemandem zu zeigen, wie unwichtig er war. Conrad
registrierte es mit aufsteigendem Ärger, tat aber, als hätte er alle Zeit der
Welt und sah sich scheinbar interessiert im Raum um.
    Zwei mit Spießen bewaffnete Gerichtsdiener standen
unbeweglich links und rechts neben der Tür. Auf dem überdimensionalen
Schreibtisch lagen diverse Bücher und Schriften, als wolle Dr. Schwarz damit
seine Wichtigkeit unterstreichen.   
    Während Conrad wartete, bis der Mann am Fenster geruhte, ihn
zu bemerken, musterte er jetzt den Richter selbst.
    Dr. Schwarz hatte die schmächtige, asketische Figur eines
Gelehrten, hielt sich aber gerade und aufrecht wie ein Edelmann.
    „Ihr seid Ritter Conrad von der Lühe“, sagte die Gestalt am
Fenster schließlich, wandte sich ihm zu und taxierte ihn mit hellen, wachen Augen,
als hätte er einen Verdächtigen vor sich. Es war keine Frage, sondern eine
Feststellung.
    „Der bin ich, Euer Ehren.“ Conrad dienerte höflich, „Und ich
freue mich, dass Ihr die Güte habt, mir Eure teure Zeit zu leihen.“
    Der Richter sah ihn skeptisch an, als wolle er ergründen, ob
das höflich oder zynisch gemeint war.
    „Ein Freund hat mich darum gebeten, dem ich gern einen
Gefallen tue, aber meine Zeit ist eng bemessen. Also wäre ich Euch sehr
verbunden, wenn Ihr gleich zur Sache kommen würdet. Weshalb wolltet Ihr mich
sprechen?“
    „Gehören die beiden zum Inventar oder traut Ihr mir nicht,
Euer Ehren?“, fragte Conrad und zeigte mit dem Kinn zu den beiden Bütteln an
der Tür.
    Jetzt zeigte sich ein dünnes Lächeln auf dem Gesicht des
Richters. Aber seine Augen blieben lauernd auf ihn gerichtet. „Die
Gerichtsdiener sind immer dabei. Bei jeder Verhandlung, bei jeder Besprechung
in meinem Amtszimmer. Ich hoffe, sie stören Euch nicht.“
    „Selbstverständlich nicht“, antwortete Conrad. Dann holte er
Luft. „Es geht um eine Verwandte von mir, Caroline aus Herbishofen, gegen die
eine Anklage vorliegt.“
    Der Richter hob die Augenbrauen. „Sie ist mit Euch
verwandt?“
    „Nur eine Base dritten Grades, aber immerhin eine entfernte
Verwandte.“
    „Aha“, der Richter dachte sich seinen Teil. Es war nicht
außergewöhnlich, dass Edelleute Bastarde mit Mägden zeugten, die nach der
Niederkunft oft abgefunden und weggeschickt wurden. Manchmal wurden die Kinder
jedoch auch anerkannt und zusammen mit den legitimen Kindern erzogen.
    „Die Anklage lautet auf Mord, es gibt eine Leiche und ein
Motiv. Die Angeklagte hat gestanden und ist rechtskräftig verurteilt worden.
Die Gerichtsverhandlung ist abgeschlossen“, sagte er bestimmt.
    Einen Moment wurde Conrad schwarz vor Augen. Er musste sich
zusammenreißen, nicht zu taumeln. „Es wird geredet, der

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