Das Mysterium Des Himmels
Boden, wohinein die Essensreste gegeben wurden. Dazu bat man die Götter um Fruchtbarkeit für Mensch, Tier und das Land.
Amadas lief hinüber zu Matu, der nicht wieder in das Haus zurückgegangen war. Seit einiger Zeit schon beobachtete Amadas, wie er Steine mit einer Schleuder auf Ziele in deutlicher Entfernung losließ und wollte ihn danach fragen, aber Matu wich ihm aus. Deshalb entschloss sich Amadas, Ekuos direkt anzusprechen, auch wenn das gegen die Regeln verstieß. Er befürchtete ernsthaft, dass man ihn einfach zurücklassen könnte, wenn die Reise weitergehen würde.
Ekuos wanderte durch Iuvavum und er erreichte den Fluss. Da war kein Tag mehr, der leuchtete und das Wasser glänzen ließ. Iuvavum war eine schöne Stadt, umgeben von Bergen, Hügeln, Wäldern und Wiesen. Aber das alles verschwamm hinter seinen Gedanken an den Nebel, den es gar nicht gegeben hatte. Ihm war, als bebte die Erde manchmal. Götter legen keine Schatten, lehrte ihn sein weiser Lehrer. Einige Frauen liefen mit Fischen in den Körben nach Hause. Sie schauten zu Boden, als sie Ekuos passierten.
Alle Wege, die vielen Häuser in den Gassen, der Tempel auf dem Berg, das erzählte von der Angst der Menschen, in Bewegung zu bleiben. Die Furcht vor dem Ungewissen ließ sie Häuser bauen und siedeln, aber das Beben der Erde wird sie überall erreichen. Wie wird er sein, der letzte Atemzug, bevor der Himmel einstürzt? Sie leben alle den Augenblick und halten das für ihre Bestimmung. Auch das mächtigste Pferd mit der größten Sprungkraft wird sie nicht retten, wenn die Erde sich öffnet und alles hinabstürzt, was eben noch das pralle Leben hieß und mit ihm die Dinge, die sie für unentbehrlich hielten.
»Vergiss dein Leben und trinke das Licht.«
Amadas schaute sich um. Außer ihm war niemand da. Ekuos stand dicht am Wasser und er war es nicht, der mit ihm gesprochen hatte.
»Nun ist der Tag da, ein junger Gott kam aus dem Himmel mit dem Lächeln der Ewigkeit. Aber wissen wir, ob die Götter sich morgen noch an uns erinnern werden? Die Farben der Erde sind nicht verändert und das Gebirge ist weiterhin das Gebirge. Doch der Himmel ist weit und ein hochgeworfener Kiesel fällt auf uns zurück. Auf den Bergspitzen rasten die Götter während ihrer Reisen, weil sie dort Atem schöpfen können. Der Geruch von Menschen widert sie an. Ein Sturm wird den Mund der Mutter Erde öffnen, aber sie lächelt nicht mehr.«
Ekuos drehte sich um und ging davon.
In diesem Moment hatte Amadas eine heftige Sehnsucht, sich einfach zu entfernen und das Gebirge hinter sich zu lassen. War es nicht längst an dem, dass er endlich heimkehren und die Schönheit des Meeres wiedersehen sollte? Doch wie sollte ihm das gelingen? Der Winter hielt ihn fest.
Ein Teil der Weisen vom Berge ärgerte sich darüber, dass Ekuos die Nächte in den Häusern verbrachte, um die schweren Holzscheite in den Feuerstellen zu beobachten. Jeder Funkenschlag wurde genau zur Kenntnis genommen und die Sippen redeten darüber, an welche Stelle im Haus sie das abgekühlte Holzscheit legen mussten. Denn das am Tage der Geburt des Sonnenkindes gebrannte Scheit sollte das Haus vor Unbill schützen. Auf dem Tempelberg war ein Streit darüber entbrannt, ob die Fähigkeiten von Ekuos den Regeln entsprachen oder ob er ein Vertreter des Bösen war, der die Menschen schlecht beeinflusste. Besonders der Einfluss der Frauen um ihn auf die Bewohner von Iuvavum blieb ihnen nicht verborgen. Während Talale noch weitgehend den Ansichten der Weisen vom Berge entsprach und keinen Mann in ihr Leben ließ, verhielt es sich mit Amanda schon anders. Es ging das Gerücht, sie sei keineswegs nur eine weise Kräuterfrau, sondern weit mehr im Leben von Ekuos. Besonders aber die ihnen völlig unbekannte Werena ließ die Bewohner nicht ruhen, weil sie im Ort wie eine fleischgewordene Göttin gesehen wurde, der man bereits Opfer darbrachte. Es war noch kein Frevel, zu glauben, dass etwas Besonderes in manchen Frauen verborgen war und man sie wie ein Orakel befragen konnte. Anders verhielt es sich da mit den aus Holz geschnitzten Darstellungen einer gottgleichen Frau, die einen Säugling an der Brust hielt und zu deren Füßen ein Füllhorn lag, aus dem die prächtigsten Esswaren hervorquollen. Obwohl die Holzschnitzer es abstritten, war eine Verbindung zur Großen Mutter Erde und dem Sonnenkind unverkennbar. Man wollte von Ekuos ein Zeichen seiner Kräfte erleben und daher machten sich sieben weise Frauen und
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