Das Mysterium Des Himmels
die Berge, hinaus und hinauf ans Licht, doch er war zu schwach.
Ein leises Wimmern und der Geruch eines Baches erregten seine Aufmerksamkeit. Ekuos hob den Kopf. Die Bilder in seinem Gehirn und die düsteren Ahnungen lähmten ihn. Vor dem Imbolcfest kamen drei der Weisen vom Berg an die Tür und wollten mit ihm sprechen, aber Ekuos war geistig nicht anwesend. Sie sagten Amanda, er dürfe sich nicht mehr betätigen. Von nun an wäre er wieder Ekuos der Hirte. Amanda tat es ihm kund, als die Weisen fort waren, aber Ekuos starrte nur in das Feuer. Nichts anderes schien ihn zu interessieren. Er hatte die Weisen nicht einmal bemerkt. Während Werena sich sorgenvoll zeigte, blieb Amanda kühl und versuchte Ekuos dazu zu bewegen, etwas zu essen. Als er es nicht tat, da umarmte sie ihn heftig.
Am Gesicht von Matu las Amadas, dass etwas nicht stimmte. Da auch Irscha ungeduldig darauf wartete, nach dem Süden aufbrechen zu können, versuchte er, sich im Ort umzuhören. Dort war man allerdings nur mit den Vorbereitungen auf das anstehende Fest beschäftigt. Die Menschen warteten auf die Geburt der ersten Lämmer, die das zurückkehrende Leben symbolisierten. Männer strichen durch die Wälder und beobachteten die Bärenhöhlen, denn zum Fest würden auch die Bären wieder erscheinen. Auf dem geräumigen Platz beim Fluss wurde ein großes Feuer vorbereitet, das mit seinen Flammen die Sonne erreichen und sie aus dem Winterschlaf in die wärmere Zeit herüberholen sollte. Die Frauen schritten durch die Baumreihen und rüttelten die Obstbäume wach, damit sie ihre Säfte wieder steigen ließen. Als alles vorbereitet war, warteten die Leute auf das Erscheinen der Lichtgöttin. Sie wird auf einem weißen Hirsch reiten und ihr Licht wird so hell erstrahlen, dass sich die Mutter Erde wieder mit der Sonne vereinen wird. Das erste Lämmchen wurde geboren. Amanda und Werena, verhüllt unter weißen Schleiern, legten das Lämmchen an das Gesäuge des Muttertieres an.
»Imbolc«, riefen beide laut und der Ruf wurde von vielen Mündern wiederholt.
Imbolc bedeutete nichts anderes als das Anlegen des Lammes und das Säugen. Das Feuer wurde entzündet und es würde endlich wieder die warmen Strahlen der Sonne auf die Erde bringen. Endlich war es da, das neue Licht, die weiße Göttin. Und über allem herrschte das goldene Kind. Amadas lief durch die fröhlichen Menschengruppen, die sich singend und tanzend um das Feuer bewegten. Die Göttin wird die Lebenssäfte erwecken und die Freude zurückbringen, die der Winter bisher festgehalten hatte. Später wird die Fasnacht beginnen, während der die Menschen lärmend und ausschweifend herumziehen, um die Fruchtbarkeit zu beschwören und die Felder aufzuwecken. Die Kraft des Winters war gebrochen. Die weiße Göttin verschoss ihre brennenden Pfeile und erweckte Gewässer und das Land zu neuem Leben. Manchmal traf ihr Pfeil die Menschen, denen danach das Herz aufging und die von Sehnsucht nach einem Partner erfüllt wurden. Amadas schaute sich das wilde Treiben eine Weile an und er ahnte, was durch die fröhlichen Trinkgelage entstehen würde. Das war nichts für ihn. Er suchte Matu in dem Getümmel, fand ihn aber zunächst nicht. Also machte er sich auf den Weg zu dem einsamen Haus von Ekuos, Amanda und Werena. Tatsächlich sah er sie alle vor dem Haus. Matu mit der gewohnten Distanz. Ekuos hockte am Boden und die Frauen standen neben ihm. Ekuos hatte genau neunzehn Steine gesetzt. Das entsprach dem kosmischen Fest und der Verbindung von Mond und Sonne. Als er sich erhob, begrüßten sie die weiße Göttin des Lichts.
»Unsere Tage und Nächte in Iuvavum sind beendet. Die Götter wollen, dass wir warten, bis ein stiller Tag mit warmem Licht uns rufen wird. Wir werden erwachen wie aus einem letzten Schlaf. Wir werden Stimmen hören und die toten Gesichter verlassen. Wir werden der Flamme folgen, die uns das goldene Kind senden wird.«
9. Das Schweigen vom verwunschenen Berg
Während Ekuos mit den Frauen im Haus verschwand, gab Matu Amadas ein Zeichen. Er wollte die Pferde bereithalten. Amadas lief zu Irscha und Jantumara hinüber und stellte zu seinem Erstaunen fest, dass sie bereits abgereist waren.
»Quintus Tessius hörte, dass der Weg durch die Berge frei wäre«, sagte ein Nachbar zu Amadas.
Amadas blieb nichts anderes übrig, als sich an Matu zu halten. Eigentlich war er tief enttäuscht. Irscha hatte doch gewusst, dass er gerne mit ihm in den Süden gereist wäre und nun war
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