Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
Vom Netzwerk:
gesagt!
    Und Papa hatte mich in den Schaukelstuhl gesetzt, damit ich Zufriedenheit und Frieden fand. Er hatte meinen leeren Kelch genommen und ihn mit Entsetzen gefüllt, so daß ich nie mehr einem männlichen Wesen trauen konnte.
    Ich schluchzte, wußte, daß ich die erste Audrina verraten, daß ich den Freund geheiratet hatte, von dem sie gehofft hatte, daß er sie beschützen, für sie kämpfen würde…und er war davongelaufen. Ich sprang aus dem Stuhl und rannte aus dem Zimmer. Ach, wenn ich das nur vorher gewußt hätte–niemals wäre ich in das Häuschen gegangen! Papa, warum hast du mir nicht die ganze Wahrheit gesagt, alle Einzelheiten über deine erste Tochter? Warum hast du so viel verschwiegen? Hast du nicht gewußt, daß die Wahrheit immer besser ist als eine Lüge?
    Lügen, so viele Lügen…Wenn man bedachte, daß Vera die ganze Zeit die Wahrheit gesagt hatte, als sie erklärte, daß sie die erste Audrina gekannt hatte, die so viel besser war als ich hübscher, klüger, lustiger…
    Als ich zu meinem Zimmer stürzte, entschlossen, Arden aufzuwecken und ihn mit der Wahrheit zu konfrontieren, flammte eine Gaslampe auf. Eine Taschenlampe strahlte mir direkt in die Augen. Geblendet von dem Licht nach dem Dunkel des Korridors, konnte ich nur ganz schwacheine Hand erkennen, die ein Kristallprisma in den Strahl der starken Lampe hielt. Farben stachen sich in meine Augen. Ich taumelte rückwärts, riß die Hand hoch, um mich vor dem Licht zu schützen. Dann drehte ich mich um, wollte davonlaufen. Jemand folgte mir. Ich hörte Schritte. Ich schrie, wirbelte herum und rief: »Arden, bist du gekommen, um zu beenden, was du angefangen hast? Was hast du mit mir vor?«
    Noch mehr Lichter gingen an. Hunderte von Kristallprismen blitzten auf dem Hauptflur im ersten Stock, fingen Farben ein, funkelten und blendeten, bedrohten mich. Ich wirbelte herum, verwirrt, hatte die Orientierung verloren, war unfähig zu sagen, in welcher Richtung mein Schlafzimmer lag. Dann die Hände…
    Hände, die mich von hinten an den Schultern packten. Harte, kräftige Hände, die mich vorwärts stießen, hinein in den pechschwarzen Abgrund…hinab, hinab, hinab…alles tat mir weh, bis mein Kopf aufschlug…und dann tiefdunkle Nacht.
    Flüstern, Wispern, Stimmen trieben auf den seichten Wellen der Abendflut. Sie riefen. Zwangen mich, einen Ort zu verlassen, den ich nicht benennen konnte. War ich das, dieses winzige Salzkorn dort am Himmel? Wie kam es, daß ich über mich, unter mich, nach hinten und nach vorne sehen konnte? War ich nur ein Auge am Himmel, das alles sehen, aber nichts verstehen konnte?
    Wessen Name war es, den ich so oft hörte? Meiner? Wessen Zimmer war das? Meines? Ich lag auf einem schmalen Bett, starrte zur Decke empor. Nur verschwommen erkannte ich die Frisierkommode auf der anderen Seite, mit dem breiten Spiegel, der zeigte, was sich hinter meinem Bett befand. Mein Blick wurde klarer,und ich konnte die weiße Chaiselongue sehen, die Arden mir geschenkt hatte. Whitefern, ich war immer noch in Whitefern.
    Aus dem angrenzenden Zimmer drang Veras Stimme zu mir. Sie sprach leise mit Arden. Ich wand mich, oder versuchte es zumindest. Irgend etwas stimmte nicht mit mir, aber ich hatte keine Zeit, darüber zu grübeln. Ich mußte mich auf das konzentrieren, was Vera sagte. »Arden«, fuhr sie mit kräftigerer Stimme fort, »warum widersprichst du immer noch? Es ist doch nur zu deinem eigenen Besten, und zu ihrem auch. Du weißt doch bestimmt, daß sie es so haben möchte.«
    Wie?
    »Vera«, antwortete die unverkennbare Stimme meines Mannes, »du mußt mir Zeit geben, eine solche Entscheidung zu treffen eine unwiderrufliche Entscheidung.«
    »Ich habe die Nase bald voll«, erklärte Vera. »Du mußt dich entscheiden, wen du haben willst. Sie oder mich. Glaubst du, ich hänge ewig hier herum und warte darauf, daß du dich entscheidest?«
    »Aber…aber…«, stammelte mein Mann, »sie kann doch jeden Augenblick, jeden Tag, vielleicht schon heute oder morgen, aus dem Koma aufwachen.«
    Koma? War ich im Koma? Ich konnte das nicht glauben. Ich konnte verschwommen sehen, undeutlich hören. Das mußte doch etwas zu bedeuten haben, oder nicht?
    »Arden«, sagte Veras tiefe Stimme, »ich bin Krankenschwester, und ich weiß von Dingen, von denen du nie auch nur gehört hast. Niemand kann drei Wochen im Koma liegen und dann daraus erwachen, ohne Hirnschäden davongetragen zu haben. Denk darüber nach, denk gründlich darüber nach. Du

Weitere Kostenlose Bücher