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Das Netz im Dunkel

Das Netz im Dunkel

Titel: Das Netz im Dunkel Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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und spüre meine Beine unter mir, und sie tun so weh, daß ich manchmal nicht anders kann als Arden rufen, und er läuft herbei und gibt mir ein Medikament, das mir der Arzt verschrieben hat. Arden will nicht, daß ich es neben dem Bett aufbewahre, weil erAngst hat, ich könnte aus Versehen zuviel davon nehmen. Ich bin immer ganz benommen, und ich kann mich nicht erinnern, ob ich eine oder zwei Tabletten genommen habe. Während ich dann warte, daß die Tablette wirkt, sitzt er an meinem Bett und erzählt mir alberne Geschichten, um mich abzulenken und zum Lachen zu bringen. Manchmal bleibt mein Junge die ganze Nacht lang auf, bloß um mich zu unterhalten, wenn der Schmerz nicht nachlassen will. Gott war gut zu mir an dem Tag, als er mir sagte, dieses Baby nicht zu töten, obwohl es meiner Karriere hinderlich sein könnte. Ich dachte zweimal nach und ließ dann nicht abtreiben. Wenn ich schon vor langer Zeit gewußt hätte, daß all die Kinder, die ich nicht haben wollte, wie Arden gewesen wären, vielleicht hätte ich dann heute zwölf Kinder.«
    Sollte das heißen, sie hatte so viele Abtreibungen hinter sich? Der Gedanke gefiel mir nicht. Ich redete mir ein, daß sie damit sagen wollte, sie hätte etwas anderes getan, um keine Kinder zu bekommen und ihre Karriere nicht aufgeben zu müssen. Ich wußte auch, daß nur ein Sohn so sein konnte wie Arden, selbst wenn sie hundert gehabt hätte: verantwortungsbewußt, ergeben, liebevoll, ein Mann, noch ehe er aufgehört hatte, ein Junge zu sein. Niemals war er zornig oder deprimiert, stets ausgeglichen und immer da, wenn er gebraucht wurde. Genau wie Billie.
    Von meinen Gedanken überwältigt, stand ich auf, um Billie zu umarmen. Meiner Tante konnte ich niemals impulsiv Zärtlichkeit entgegenbringen, und doch wünschte ich es mir so oft. Ich brauchte Billie als meine Ersatzmutter, besonders weil Tante Elsbeth mich immer auf Armeslänge von sich hielt. »Also gut, Billie, vielleicht bin ich wirklich noch nicht bereit, dich ohne deinen langen Rock zu sehen, aber eines Tages, wenn ich hierherkommeund du deine feinen Sachen nicht anhast, werde ich keinen Ekel mehr empfinden. Du wirst in meine Augen blicken und dort nichts anderes sehen als Bewunderung und Dankbarkeit für das, was du bist, und auch dafür, daß du der Welt einen Arden geschenkt hast.«
    Sie lachte und legte ihre kräftigen Arme um mich, ehe sie mir tief in die Augen sah. Traurig klang ihre Stimme. »Verliebe dich nicht zu schnell, Audrina. Arden ist mein Sohn, und ich halte ihn für perfekt, aber alle Mütter halten ihre Söhne für perfekt. Du brauchst jemand Besonderen. Ich würde gern glauben, daß Arden etwas so Besonderes ist, denn ich möchte nicht, daß er dich jemals enttäuscht–aber wenn er es irgendwann doch einmal tun sollte, dann denke daran, daß niemand von uns perfekt ist. Wir haben alle unsere schwache Stelle.«
    Wieder suchte sie in meinen Augen, in meiner Seele. »Was beunruhigt dich so sehr, Audrina? Warum sind da all diese Schatten in deinen herrlichen Veilchen-Augen?«
    »Ich weiß nicht.«
    Ich hielt sie ganz fest. »Ich glaube, ich hasse es einfach, nach einer älteren Schwester benannt zu sein, die auf geheimnisvolle Weise im Alter von neun Jahren gestorben ist. Ich wünschte mir, ich wäre die erste Audrina, die auch die unvergessene Audrina war. Mein Papa erzählt mir immer wieder, wie wundervoll sie war, und jedes Wort, mit dem er sie lobt, verrät mir, daß ich nicht an den Maßstab heranreiche, den sie gesetzt hat. Ich fühle mich verflucht, doppelt verflucht jetzt, wo Mammi an meinem neunten Geburtstag gestorben und Sylvia an diesem Tag geboren worden ist. Es ist irgendwie gemein und nicht richtig, daß so viel geschieht, wenn der neunte Tag des neunten Monats näher kommt.«
    Tröstend und beruhigend hielt sie mich in den Armen,hörte geduldig zu, bis ich aufhörte. »Unsinn, das ist doch alles Unsinn. Du bist nicht verflucht. Aber dein Vater sollte nicht immer über ein Mädchen sprechen, das schon im Grab liegt. Nach allem, was mein Sohn über dich sagt, müßtest du einen Heiligenschein tragen, wenn du noch besser wärst, du müßtest Flügel haben und auf einem Podest aus purem Gold stehen. Ist es nicht albern, daß Männer immer wünschen, daß Frauen aussehen wie Engel, sich aber verhalten wie…na, egal. Du bist zu jung, um mehr zu hören.«
    Verdammt, da hörte sie gerade dann auf, wenn sie etwas Wichtiges sagen wollte. Genau wie Mammi, Tante Elsbeth und sogar Mercy

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