Das Netz
redete der Anwalt jetzt wie ein Buch.
»Haben Sie jemals versucht, mehr über Hanover herauszufinden?«, fragte Butler.
»Ja, ein einziges Mal. Ich habe über einen Bekannten bei der Telefongesellschaft eine Fangschaltung legen lassen und herausgefunden, dass sein Anruf aus einer Telefonzelle am Berkeley Square kam.«
»Berkeley Square. Ziemlich noble Adresse. Und wie ist die Provision zu Ihnen gelangt?«
»Das Geld hat mir ein Bote einer internationalen Transportfirma in einem Umschlag gebracht. Mehr kann ich Ihnen über die New Age Development beim besten Willen nicht sagen. Kriege ich jetzt meinen Whisky?«
Angewidert stellte Butler das Glas vor Pecksniff auf den Schreibtisch und verließ die Kanzlei.
20
Tweed und Paula stiegen in den luxuriös ausgestatteten Lift mit den golden gerahmten Spiegeln und der mit rotem Leder gepolsterten Sitzbank.
»Stil hat er ja, das muss man ihm lassen!«, sagte Paula.
»Er hat Geld«, sagte Tweed trocken. »Das ist nicht dasselbe.«
»Ich weiß. Schon irgendwie seltsam, wenn man bedenkt, dass der Vater von ihm sein Vermögen mit Abführmitteln gemacht hat.«
Mrs Carson, Warners grauhaariger Hausdrachen, öffnete die Wohnungstür.
»Guten Tag, Mr Tweed«, sagte sie höflich, aber reserviert. »Mir ist nicht bekannt, dass Sie erwartet werden.«
»Das ist auch nicht der Fall. Aber es handelt sich um einen Notfall. Wir müssen unbedingt mit dem Minister sprechen.«
Victor Warner blickte von seinem Schreibtisch auf, der mitten in seinem geräumigen Wohnzimmer stand, und schob hastig einige Papiere zusammen. Dann erhob er sich, ging mit grimmigem Gesicht auf Tweed und Paula zu und schaute sie durch seinen Zwicker abschätzig an. »Für gewöhnlich werde ich vorher um einen Termin gebeten«, sagte er mit einer Stimme, die in penetranter Weise seine Zugehörigkeit zur Oberschicht verriet. »Meine Besucher wissen für gewöhnlich nämlich, was sich gehört.«
»Ich weiß, Herr Minister. Aber ich konnte weder Sie noch Mr Palfry hier erreichen.«
Er deutete auf Palfry, der gerade vom Sofa aufstand.
»Mein lieber Tweed«, sagte Palfry mit einem gewinnenden Lächeln, »Sie hätten mich doch nur anzurufen brauchen. Sei’s drum, offenbar führt Sie etwas sehr Dringendes hierher. Wo drückt Sie denn der Schuh?«
»Das fragen Sie noch? Sie beide wissen doch so gut wie ich, dass London mit ziemlicher Sicherheit ein katastrophaler Terroranschlag bevorsteht.« Während Tweed das sagte, sah er nicht Palfry, sondern Warner an.
»Bitte, nehmen Sie doch Platz«, sagte Palfry rasch und führte die Besucher zu einem der Sofas. »Wir sitzen doch alle im selben Boot.«
»Wie beruhigend!«, brummte Tweed. Er klang nicht gerade begeistert.
Er und Paula setzten sich, während Warner stehen blieb und von oben auf sie herabblickte. Er ließ sich deutlich anmerken, dass ihm der Besuch äußerst ungelegen kam.
Tweed kam ohne Umschweife zur Sache, nachdem Warner endlich auf seinem Schreibtischstuhl Platz genommen hatte. »Haben Sie jemals etwas von einem Gerald Hanover gehört?«
»Wie war der Name?«, fragte Warner und putzte seinen Zwicker mit einem blütenweißen Taschentuch, bevor er ihn sich wieder auf die große Nase klemmte.
»Gerald Hanover«, wiederholte Tweed.
»Nicht, dass ich wüsste. Wer soll das sein?«
»Möglicherweise der König in diesem mörderischen Schachspiel, das wir gegen einen unsichtbaren Feind spielen. Er könnte natürlich auch eine Dame sein, so genau wissen wir das nicht.«
Die Tür ging auf, und zu Paulas großem Erstaunen kam Eva Brand mit einem Tablett herein, auf dem sich eine Teekanne und drei Tassen befanden. Sie stellte das Tablett auf dem Couchtisch ab und zwinkerte Paula dabei freundlich zu.
»Mit Eva Brand muss ich Sie ja nicht erst bekannt machen, Paula«, ergriff Palfry hastig das Wort. »Eva, der Gentleman hier ist Mr Tweed, der stellvertretende Direktor des SIS.«
»Angenehm«, sagte Eva, als hätte sie Tweed nie zuvor gesehen. »Möchten Sie vielleicht eine Tasse Tee? Ich hoffe, Sie mögen Earl Grey.«
»Wir lieben Earl Grey«, antwortete Paula, die einfach Palfrys Beispiel folgte und für ihren Chef das Wort ergriff. »Wie aufmerksam von Ihnen.«
Tweed sagte nichts und machte nur ein nachdenkliches Gesicht.
»Eva ist eine gute Freundin von mir«, erklärte Palfry weiter. »Und eine außergewöhnlich intelligente Frau obendrein.«
»Ab und zu hilft sie uns im Ministerium aus«, knurrte Warner, den es ganz offensichtlich wurmte, dass
Weitere Kostenlose Bücher