Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Nilpferd

Das Nilpferd

Titel: Das Nilpferd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Stephen Fry
Vom Netzwerk:
einem Jahr machte er jetzt die Erfahrung der klitschigen Niederlage, mit dem Wissen aufzuwachen, daß der Damm in der Nacht ungebetenerweise geborsten war. Was sein Körper während seiner Träume tat, konnte er nicht kontrollieren und nicht dafür verdammt werden, aber er konnte, er durfte nicht auch noch seinem Bewußtsein gestatten, dieser üblen, vorstehenden, drängenden Häßlichkeit zum Opfer zu fallen. Vier Uhr der Stalluhr zufolge, welche die sommerlich frühe Dämmerung zum Leben erweckt hatte.
    David stand. Er erschauerte, als der beschämende Kopf des Monsters mit reibendem Zerren an der Pyjamahose entlangschabte und sich in einer zuckenden Sekunde durch den Schlitz stemmte, blind gegen den Stoff stocherte, bis er die Freiheit der Öffnung fand und sich in blödem Triumphe in die Höhe reckte.
    »Hör auf, hör auf!« David atmete heftig. »O bitte … bitte.«
    Aber nichts konnte es aufhalten; kein kaltes Wasser, keine Gebete, keine Drohungen, keine Versprechungen.
    David stand neben dem Bett, packte das Biest wütend und würgte es.
    »Du … wirst … dich … benehmen!« fauchte er und schüttelte es zornig hin und her.
    Das Vieh. Es gewann. Lange Samenfäden schossen aus seiner Spitze und tropften mit flachem, triumphierendem Platschen auf den Teppich.
    David warf sich aufs Bett, verwundet, verwildert, verzweifelt. Er schluchzte ins Kissen und schwor sich, daß so etwas nie wieder vorkommen dürfe.
    Nach einer Weile fühlte er sich besser, stand auf und begann sich anzuziehen.
     
    Er richtete es so ein, daß die letzten fünf Worte seines Gebets mit den fünf Schlägen der Stalluhr zusammenfielen.
    »
Gut, süß, wahr, stark und REIN!
« japste er.
    Er hoffte, durch Hinzufügen des Wortes »stark« Kalamitäten wie die vor einer Stunde vermeiden zu können. Reinheit erforderte Stärke. Woher die Stärke kommen sollte, konnte er nicht sagen. Doch wohl nicht aus Reinheit? Das wäre dann das, was sein Vater einen Catch 22 nannte. Stärke kam von innen.
    Er mußte jetzt los. Er war gern hier, aber es würde nie reichen, um …
    Aufgeschreckt zuckte er zusammen. Schritte! Er konnte sie deutlich hören. Jemand schlurfte auf ihn zu.
    Er hörte Husten und ein würgendes Geräusch. Onkel Ted! Es gab nicht den geringsten Zweifel daran, daß es Onkel Ted war. Was suchte der denn hier so früh? Er war doch wirklich nicht der Typ, der je vor zehn Uhr aufstand – wenn’s hoch kam. David blieb mucksmäuschenstill, undobwohl es um ihn herum pechschwarz war, kniff er fest die Augen zusammen. Onkel Ted hustete abermals und ging dann, wie David annahm, in Richtung Lorbeerbüsche davon.
    Dann kam er noch einmal zurück und stand direkt über ihm, schnaufte und schimpfte und stampfte mit dem Fuß auf, so daß Erde David ins Gesicht fiel. David wagte nicht, die Krümel abzuwischen. Er lag einfach in der warmen Erde und wartete. Er hörte ein Scharren und dann dumpfe Schläge. Suchte Onkel Ted nach dem Eingang? David hielt den Atem an. Die Schläge hörten auf. Es wurde still. Eine Assel krabbelte ihm über die Wange.
    Plötzlich erklang ein metallisches Scheppern, gefolgt von lauten Schreien und Flüchen. Onkel Ted war im Park! Aber was machte er da bloß?
    »Hinterfotzige, gottverfluchte, satansschlampige Pißarschscheiße …«, hörte David, ein kurzes Poppen und dann nichts mehr. Das kurze Poppen hörte sich wie ein Korken an, der aus einer Flasche gezogen wurde. David fragte sich, ob er verrückt wurde. Das nächste Geräusch war wieder ein Scheppern, und dann kam das Schlurfen in seine Nähe zurück. David hielt wieder die Luft an.
    Endlich drehte Onkel Ted sich um, verärgert grummelnd und röchelnd, und stampfte zum Haus zurück.
    Zehn Minuten später hockte David, nachdem er die aufklappbare Torftür sorgfältig hinter sich geschlossen hatte, sich im Graben hin und suchte das Haus nach Lebenszeichen ab. Als er den Blick senkte, sah er die Spuren auf dem Rasen und verfluchte sich.
    »Natürlich!« flüsterte er. »Der Tau! Ich muß wirklich besser aufpassen.«

VIER
     
     
    12a Onslow Terrace
    LONDON SW 7
     
    Dienstag, 21. Juli 1992
    Lieber Onkel Ted,
    Dein Brief ist heute morgen angekommen. Ich habe ihn mehrmals durchgelesen. Erstens, weil Deine Handschrift so schwer zu entziffern ist und ich Schwierigkeiten mit einigen unklaren Sätzen hatte. Zweitens, weil einiges darin steht, das mich aus anderen Gründen iritiert. An der Handschriftenfront habe ich mich zum Beispiel ziemlich lange gefragt, was Du mit

Weitere Kostenlose Bücher