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Das Opfer

Titel: Das Opfer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Katzenbach
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verdammt.«
    »Das ist es ja gerade.« Hope sah ihre Mutter streng an. »Wieso willst du nicht begreifen, dass ich – genau wie Sally und Scott durch Ashley – in meinem Handlungsspielraum eingeschränkt bin? Bist du so selbstbezogen, dass du mir nicht gestatten kannst, meinen eigenen Weg zu gehen?«
    Diese Frage ließ Catherine verstummen. Ihr war bewusst, dass genau diese Frage seit vielen Jahre zwischen ihr und ihrer Tochter stand. Jedes Mal hatte sie eingelenkt, selbst wenn Hope nichts davon wusste. Catherine schnaubte und drückte sich ruckartig an die Sessellehne – wütend über das, was ihre Tochter sagte, und ebenso wütend darüber, dass sie ihr nichtwidersprechen konnte. Einen Moment lang kochte sie innerlich, dann stand sie auf.
    »Ich denke, du irrst«, sagte sie. »Was mich betrifft. Und du« – damit drehte sie sich zu Sally um – »irrst dich vielleicht in Bezug auf Ashley.« Catherine schüttelte den Kopf. »Wir sind beide vollkommen in der Lage, alle möglichen Risiken einzugehen. Große Risiken, wenn es sein muss. Aber das hier ist nur der erste Schritt, und falls ihr darauf besteht, dass ich hier und jetzt gehe, dann werde ich das tun.« Sie drehte sich zu Ash ley um. »Das könnte sich noch ändern. Ich hoffe, das wird es auch. Aber für den Augenblick, meinetwegen. Komm, Schätzchen, du und ich gehen jetzt nach oben und vertrauen darauf, dass es diesen Herrschaften bald dämmern wird, wie absolut dumm es ist, wenn sie uns ausschließen wollen.«
    Sie nahm Ashley bei der Hand, um sie halb aus dem Sessel zu ziehen.
    »Das passt mir nicht, ganz und gar nicht«, erklärte Ashley. »Und ich halte es für absolut unfair. Und nicht richtig.« Dennoch stand sie auf und trottete hinter Catherine her nach oben.
    Die drei Zurückgebliebenen sahen ihnen schweigend nach. »Danke, Hope«, meinte Sally. »Das war ein ziemlich kluger Zug.«
    »Wir spielen hier nicht Schach«, erwiderte Hope.
    »Doch, in gewisser Weise schon«, sagte Scott. »Zumindest ab jetzt.«
     
    Es dauerte zwar eine Weile, aber am Ende hatten sie die vorläufige Aufgabenverteilung zwischen ihnen festgelegt.
    Ausgehend von dem spärlichen Gerüst an Informationen, die sie Murphys Bericht entnahmen, sollte Scott Michael O’Connells Vergangenheit durchleuchten. Sich sein Zuhause ansehen,nachforschen, wo er aufgewachsen war, so viel wie möglich über O’Connells familiären Hintergrund, seine beruflichen Tätigkeiten, seine Ausbildung in Erfahrung bringen. Scott sollte feststellen, mit wem sie es überhaupt zu tun hatten. Sally sollte sich übers Wochenende mit der juristischen Seite befassen. Sie wussten nicht, welches Verbrechen sie Michael O’Connell unterschieben sollten, zumindest im Augenblick noch nicht, auch wenn sie die Befürchtung hegten, dass es ein Kapitalverbrechen sein musste. Das ganze Gespräch hindurch vermieden sie es, den Begriff Mord in den Mund zu nehmen, doch er lauerte hinter allem, was sie sagten.
    Ein Verbrechen aus der Luft zu greifen erfordert einiges an Planung, die Sally übernahm. Sie sollte nicht nur herausfinden, welches die geeignetste Straftat war – das heißt, was O’Connell am sichersten und für die längste Zeit aus ihrem Leben verbannen würde –, sondern auch, welches sich seitens der Staatsanwaltschaft am leichtesten beweisen ließ. Welches am wenigsten verhandlungs- oder kompromissfähig war. Es musste etwas sein, das er nicht von sich weisen und nicht anderen anlasten konnte. Was immer es war, er musste vollkommen allein dastehen. Und sie hatte in Erfahrung zu bringen, unter welchen Voraussetzungen die Staatsanwaltschaft ihm die Tat absolut wasserdicht vor Gericht beweisen konnte.
    Hope, die, so ihre Vermutung, die Einzige von ihnen war, die O’Connell vielleicht nicht sofort wiedererkennen würde, übernahm die Aufgabe, ihn aufzuspüren und zu beschatten. Sie sollte seinen Alltag so gründlich ausspionieren, wie sie konnte.
    Sie gingen davon aus, dass die nötigen Antworten auf diese Weise zu finden waren.
    Dabei war schwer zu sagen, wer von ihnen sich der größten Gefahr aussetzte. Wahrscheinlich Hope, dachte Sally, weil sieO’Connell physisch am nächsten käme. Doch Sally wusste, dass sie bereits in dem Moment eine Straftat beging, als sie ihren ersten juristischen Fachtext zur Hand nahm. Scott seinerseits bewegte sich auf dem unsichersten Terrain, da keiner von ihnen ahnen konnte, worauf er sich einließ, sobald er den Namen Michael O’Connell in der Gegend erwähnte, in der er

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