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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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»Paradies der Damen«. Nachdem er Denise mit ihrem ärmlichen Kleidchen und ihrem braven Äußeren eine Weile betrachtet hatte, sagte er:
    »Das ist nichts für Sie.«
    »Was kostet denn das Zimmer?« fragte Denise.
    »Fünfzehn Franken monatlich.«
    Sie wollte es sehen und betrat den dunklen Laden. Da er sie noch immer erstaunt ansah, erzählte sie ihm, daß sie aus dem »Paradies der Damen« ausgeschieden sei und ihrem Onkel nicht zur Last fallen wolle. Der Alte entschloß sich endlich, aus einem Hinterstübchen, das ihm als Küche und Schlafstätte diente, den Schlüssel zu holen. Von hier konnte man durch ein Fenster auf einen kleinen, dunklen Hof blicken, in den kaum ein Sonnenstrahl fiel.
    »Ich gehe voraus, damit Sie nicht fallen«, sagte Bourras und betrat den feuchten Gang, der neben dem Laden hinlief. Unter fortwährenden Mahnungen stieg er die Treppe hinauf. Es war stockdunkel, erst im ersten Stock konnte Denise bei dem matten Licht eines Fensters, das auf den Hof ging, die geborstenen Stufen, die von Schmutz starrenden schwarzen Wände, die alten, schlecht schließenden, farblosen Türen erkennen.
    »Wenn noch eines dieser Zimmer hier frei wäre«, sagte Bourras, »so wären Sie gut aufgehoben; aber die sind immer von solchen Damen bewohnt …«
    Im obersten Stock wohnte vorn ein Bäckergeselle, das zweite Zimmer war zu vermieten. Bourras öffnete die Tür, damit Denise es bequem besichtigen konnte. Gleich in der Ecke stand das Bett und ließ gerade so viel Raum frei, daß eine Person vorbeigehen konnte. Am anderen Ende des Zimmerchens standen eine kleine Nußbaumkommode, ein Tisch aus schwarzem Fichtenholz und zwei Stühle. Wenn ein Mieter zu Hause kochen wollte, konnte er eine kleine Feuerstelle im Kamin benutzen.
    »Mein Gott«, sagte der Alte, »es ist keine Prachtwohnung, aber das Fenster geht auf die Straße.«
    Denise sah überrascht zur Decke auf, wo über dem Bett in rußigen Zügen das Wort »Ernestine« zu lesen war. Offenbar hatte hier eine Vorgängerin mit einer blakenden Kerze ihren Namenszug hingemalt. Der Alte folgte ihrem Blick und meinte:
    »Ja, wenn man alles instandsetzen lassen wollte, das würde viel Geld kosten … Nun haben Sie das Zimmer also gesehen.«
    »Ich werde hier schon gut aufgehoben sein«, erklärte das junge Mädchen.
    Sie bezahlte die Miete für einen Monat voraus und ließ eine Stunde später durch einen Dienstmann ihren Koffer holen.
    Es folgten zwei Monate schrecklicher Not. Da sie für Pépé die Pension nicht mehr bezahlen konnte, nahm sie ihn zu sich und ließ ihn auf einem alten Kanapee schlafen, das ihr Bourras lieh. Sie brauchte täglich genau dreißig Sous, die Miete inbegriffen; dabei lebte sie selbst von trockenem Brot, um nur dem Kleinen etwas Fleisch geben zu können. Die ersten zwei Wochen ging es noch leidlich; sie hatte ihre Wirtschaft mit zehn Franken begonnen, später hatte sie das Glück, die Krawattenhändlerin aufzuspüren, die ihr ihre neunzehn Franken bezahlte. Dann aber kam die bittere Not. Vergebens stellte sie sich in den verschiedenen Warenhäusern vor — in der toten Zeit standen überall die Geschäfte still, man vertröstete sie auf den Oktober; mehr als fünftausend Angestellte, die gleich ihr entlassen waren, lagen ohne Beschäftigung auf der Straße. Nun suchte sie kleine Arbeiten zu finden; da sie aber Paris nicht kannte, verstand sie nicht an der richtigen Stelle nachzufragen und nahm Aufträge an, die die Mühe nicht lohnten und die ihr auch nicht immer bezahlt wurden. An manchen Abenden gab sie nur Pépé eine Suppe und sagte, sie habe außerhalb schon gegessen. Zuweilen kam Jean und klagte sich als Bösewicht an, der an all dem Unglück schuld sei; sie war dann gezwungen, zu lügen und ihre traurige Lage zu verheimlichen; ja sie fand sogar bisweilen Mittel, ihm ein Vierzigsoustück zuzustecken, um ihm zu beweisen, daß sie noch etwas ersparen könne. In Gegenwart der Kinder weinte sie niemals. An Sonntagen war das enge Kämmerchen von der Heiterkeit der unbekümmerten Jungen erfüllt. War dann Jean zu seinem Lehrherrn zurückgekehrt und Pépé eingeschlafen, so verbrachte sie eine schlaflose Nacht in der Sorge über den morgigen Tag.
    Dazu gesellten sich noch andere Unannehmlichkeiten. Die beiden Damen, die im ersten Stock wohnten, empfingen häufig sehr späte Besuche; zuweilen irrte sich ein Herr und stieg bis zum zweiten Stockwerk hinauf, wo er Denises Tür mit Faustschlägen bearbeitete. Da Bourras ihr gesagt hatte, sie

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