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Das Paradies der Damen - 11

Das Paradies der Damen - 11

Titel: Das Paradies der Damen - 11 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Émile Zola
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konnte, der mit Claire im gleichen Haus gearbeitet hatte. Denise selbst lebte durch diese Gespräche noch mehr im »Paradies der Damen«.
    Gegen Ende September war ihre Not aufs äußerste gestiegen. Pépé war an einer bösen Erkältung erkrankt, sie hätte ihn mit Fleischbrühe füttern müssen und hatte nicht einmal Brot. Als sie eines Abends bitterlich schluchzte in einer jener fürchterlichen Stimmungen, die ein junges Mädchen in die Gosse der Großstadt oder in die Seine treiben, erschien der alte Bourras mit einem Brot und einem Topf voll Fleischbrühe.
    »Nehmen Sie«, sagte er; »das ist für den Kleinen. Weinen Sie nicht so, das stört die übrigen Mieter.«
    Als sie ihm schluchzend dankte, fügte er hinzu:
    »Seien Sie doch still! … Kommen Sie morgen zu mir: ich habe etwas zu tun für Sie.«
    Bourras beschäftigte keine Arbeiterinnen mehr, seit das »Paradies der Damen« den schrecklichen Schlag gegen ihn geführt hatte, eine Schirmabteilung einzurichten. Er machte von da an alles selber, um seine Kosten zu verringern. Seine Kundschaft hatte indessen dermaßen abgenommen, daß es ihm selbst manchmal an Arbeit fehlte. Er mußte daher für Denise, als sie am nächsten Morgen in seinem Laden erschien, sozusagen etwas erfinden. Er konnte seine Mieter doch nicht Hungers sterben lassen.
    »Ich werde Ihnen täglich vierzig Sous geben«, sagte er; »wenn Sie was Besseres finden, können Sie es ja annehmen.«
    Sie fürchtete sich vor ihm und erledigte ihre Arbeit so rasch, daß er in Verlegenheit kam, wo er etwas anderes für sie hernehmen sollte. Die ersten Tage wagte sie kaum aufzublicken, weil sie ihn mit seinem Löwenkopf, seiner krummen Nase und seinen durchdringenden Augen unter den buschigen Brauen in ihrer Nähe wußte. Er hatte eine barsche Stimme und so verrückte Gebärden an sich, daß die Mütter im Stadtviertel ihre Kinder mit ihm einschüchterten. Die Gassenjungen schrien ihm im Vorübergehen allerlei häßliche Schimpfworte zu, die er aber nicht zu hören schien. Sein ganzer Zorn kehrte sich gegen diese Gauner, die seinen Beruf entehrten, indem sie allerlei Schund um ein Spottgeld verkauften. Denise fuhr jedesmal erschrocken zusammen, wenn er ausrief:
    »Die Kunst ist beim Teufel, hören Sie? … Es gibt keinen sauber gearbeiteten Regenschirmgriff mehr! Stöcke machen sie noch, aber keine Griffe mehr! Zeigen Sie mir einen schönen Griff, und ich zahle Ihnen zwanzig Franken!«
    Darin lag sein ganzer Künstlerstolz; kein Handwerker von Paris vermochte einen solchen Griff zu schnitzen wie er, so leicht und so dauerhaft zugleich. Er bewies dabei außerordentliche Phantasie: Blumen, Früchte, Tiere, Köpfe – alles zauberten seine kunstfertigen Hände naturgetreu hervor. Ein kleines Federmesser genügte ihm, und oft sah man ihn den ganzen Tag, die Brille auf der Nase, an Buchsbaum- und Ebenholzstücken herumhantieren.
    »Diese Stümper«, sagte er dann wohl, »da glauben sie einen Regenschirm gemacht zu haben, wenn sie ein Fischbeingerüst mit Seide überziehen! Ihre Griffe kaufen sie en gros – alles Fabrikarbeit! Und sie werden es auch noch los! Die Kunst ist beim Teufel, glauben Sie mir!«
    Immer wieder kam er auf das »Paradies der Damen« und auf seinen Zweikampf mit ihm zu sprechen. Seit 1845 bewohnte er das Haus, für das er einen Vertrag auf dreißig Jahre laufen hatte. Er bezahlte achtzehnhundert Franken Miete, und da er aus den vier Zimmern rund tausend Franken einnahm, kam ihn der Laden auf achthundert zu stehen. Das war nicht teuer, er hatte wenig Unkosten und konnte es folglich lange aushalten. Wenn man ihn so hörte, war an seinem Sieg nicht zu zweifeln.
    »Wenn sie mich auch um meinen Verdienst gebracht haben – ich will lieber zugrunde gehen, als daß ich nachgebe!«
    Dabei fuchtelte er mit dem Federmesser herum, und seine langen Haare flatterten ihm um den Kopf.
    »Aber«, bemerkte Denise sanft, ohne die Augen von ihrer Nadel zu erheben, »wenn man Ihnen eine ansehnliche Summe anbietet, wäre es doch vernünftiger, darauf einzugehen.«
    Da brach sein grimmiger Eigensinn los.
    »Niemals! Und wenn man mir den Kopf unter das Beil legte, ich würde nein sagen! Mein Vertrag läuft noch zehn Jahre, und früher sollen sie das Haus nicht haben, müßte ich selbst zwischen meinen vier leeren Wänden Hungers sterben. Sie sind schon zweimal gekommen, um mich einzuwickeln, sie haben mir zwölftausend Franken für mein Geschäft geboten und für die noch ausstehende Dauer meines Vertrages

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