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Das Paradies des August Engelhardt

Das Paradies des August Engelhardt

Titel: Das Paradies des August Engelhardt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marc Buhl
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Sonnenkrafttransformator, ein Sonnenstrahlapparat.
    Die Sonne so sehr lieben, dass man selber zu Licht wurde. Unendlich weit weg war hier der Richter, der ihn angeklagt hatte wegen Unsittlichkeit, ein alter Mann, vierzig oder fünfzig, schneidende Stimme, sicher Offizier, die mussten so reden, zu lange warteten sie schon auf den Krieg, deswegen verlegten sie die Front ins Innere und fanden die Feinde überall.
    Un! sitt! lich! keit! und seine Ohrläppchen hatten gezittert vor Empörung, dabei war Engelhardt nur nackt gegangen, mehr nicht, hatte den bleichen Leib einer Sonne gezeigt, die viel zu schwach war und versteckt hinter einem Schleier aus Dunst damals auf dieser Lichtung im Harz, die plötzlich die Gendarmen gestürmt hatten, gezogene Knüppel und wehende Mäntel. Nur nackt gegangen, aber das war eine Sünde und ein Verbrechen in jener anderen Welt, in der er sich die bleierne Europavergiftung geholt hatte, die er kurieren würde, hier unter der Sonne der Tropen. Weil er Hunger und Durst hatte, stieg er auf eine der Palmen, die in kleinen Gruppen am Wasser wuchsen. Inzwischen kam er die Stämme problemlos hoch, die Arme waren kräftig genug, und die Fersen wussten, wie sie sich abstützen mussten. Herbertshöhe lag fern, er sah die Küstenlinie, die Vulkane und glaubte, die Kathedrale zu erkennen, aber das musste eine Täuschung sein, so weit ging kein Blick. Die Kisten wie die Überbleibsel eines Schiffsunglücks kreuz und quer auf dem Strand, wie Robinson würde er in ihnen alles finden, was er zum Überleben brauchte. Die Nuss war eine Kidau, so nannten die Tolai sie, gerade ausgewachsen und gefüllt mit Wasser, gut gegen den Durst, das Fleisch weich und saftig. Eine Nuss war Mahlzeit für einen Tag, dazu später ein paar Bananen oder Papaya. Mit der Axt löste er den Deckel der ersten Kiste, nahm das oberste Buch in die Hand, ausgerechnet Martin Luther Von der Freiheit eines Christenmenschen, das musste ein Versehen sein, andererseits vielleicht eine Art Vorsehung, und er würde später gerade darin etwas entdecken, was wichtig war. Er ließ das Buch in den Sand fallen. Auch Klopstocks Oden und die Göttliche Komödie. Dafür warf er einen Blick in das Tao Te King Himmel und Erde sind gleichgültig. Ein seltsamer Satz. Ein paar Worte aus dem nächsten Buch … welche Fülle ist um uns! Und aus dem Überflusse heraus ist es schön hinauszublicken auf ferne Meere…
    Die ganze Kiste kippte er aus, las noch einmal einen Absatz aus dem nächstbesten Buch Niemals fürwahr bin ich der Ansicht gewesen, daß der Reichthum jener Leute unter die Zahl der guten und begehrenswerthen Dinge zu rechnen seien löste die Nägel der nächsten Kiste, legte den Deckel beiseite, den würde er später verwenden, um sich ein Regal zu bauen, strich über die Einbände, erinnerte sich an einige der Titelbilder und verstreute die Bücher im Sand, sodass manche liegen blieben wie Erschossene, Rücken nach oben, die Glieder weit von sich gestreckt; andere blieben aufrecht stehen, als hätte ein Dekorateur sie aufgestellt. In einigen blätterte der Wind, während Engelhardt wahllos umherstapfte und hier ein Wort las, da einen Satz oder einen kurzen Abschnitt.
     
    … um sich blickend, überschaute er die Art des beginnenden Kampfes mit einem Blick, zückte sein langes, gefährliches Messer und stürzte mit lautem Geheul auf den ihn erwartenden Chingachgook los.
     
    Das hatte er als Kind gelesen, eines der ersten Bücher, nie würde er das vergessen, auf diesen Seiten war er zu Hause gewesen, er war der einsame Mann in der Wildnis im Einklang mit der Natur, während draußen vor der Tür seines Zimmers eine seltsame Traumwelt begann, die er nie ganz verstand mit ihren seltsamen Ritualen und Zeremonien, angefangen von der Schule bis hin zu der wöchentlichen Beichte, die er ablegen sollte, um frei von einer Sünde zu werden, die er nicht empfand.
     
    In dem Garten war schön leben, ich hatte täglich mein warmes Essen vollauf…
     
    Ein paar Möwen tauchten auf, hofften auf angespülte Fische, doch es waren nicht die weißen Bäuche der Fische, die im Sand glänzten. Sie schlugen unwillig mit den Flügeln, balgten sich um Jakob Michael Reinhold Lenz, den armen Kerl, der doch keiner schmecken würde, dann flogen sie alle fort, wütend und enttäuscht, nur ein Vogel hackte mit gelbem Schnabel auf dem Michael Kohlhaas herum, rupfte eine Seite raus und verschwand mit einem triumphierenden Krächzen. Rings um ihn nur Bücher, schon

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