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Das Patent

Titel: Das Patent Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lincoln Child
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an, unterbrachen ihr Gespräch jedoch nicht.
    Terri eilte zu den verhängten Nischen. Es waren insgesamt drei. Die hellblauen Vorhänge waren fest zugezogen und schirmten die Betten vor jedem Blick ab. Als Terri vor ihnen stand, registrierte sie mit einem unguten Gefühl, dass sie sich im Blickfeld der beiden Wachmänner und des Empfangs befand. Gottverdammt, dachte sie. Das schaff ich nie. Sie fühlte sich abscheulich,
    wie auf einem Präsentierteller.
    Ein bewusster Willensakt ließ sie nach vorn und auf das leere Bett zuschnellen, das den drei verhängten Nischen am nächsten war. Sie drehte den Vorhängen den Rücken zu, legte das Klemmbrett auf dem Bett ab und tat so, als überprüfe sie die Lage eines am Kopfteil befestigten Blutsauerstoffmessers. Gleichzeitig warf sie einen heimlichen Blick auf die Kreuzung. Niemand beobachtete sie. Sie huschte rückwärts hinter den Vorhang.
    Terri drehte sich um und schnappte nach Luft.
    Auf dem Bett lag ein alter Mann. Die Decke war bis an sein Kinn hochgezogen. Seine Augen schauten verschleiert und rheumatisch drein. Seine leberfleckigen Hände zitterten, er krallte sich ans Laken. Neben ihm piepste monoton ein Monitor. Terri arbeitete sich flink an seinem Bett vorbei und bemühte sich, den Vorhang nicht zu berühren oder den Leuten im Gang auf andere Weise zu verraten, wo sie war.
    Hinter dem Bett blieb sie stehen und holte noch einmal tief Luft. Sie wandte sich von dem alten Mann ab, blieb dicht an der Wand und zog den Vorhang beiseite, der in die nächste Nische führte.
    Leer. Das Bett war frisch bezogen, die Instrumentenschirme dunkel. Das führt doch zu nichts, dachte Terri. Sie kann überall sein.
    Jetzt konnte sie es nur noch in der dritten Nische versuchen.
    Danach musste sie zur Sicherheitsabteilung runter. Niemand konnte sagen, dass sie es nicht versucht hatte, nicht mal Andrew. Außerdem, dachte sie, als sie an dem leeren Bett vorbeischlich und den Vorhang dahinter leise beiseite zog, ist Georgia hier möglicherweise sicherer als sonst wo. Möglicherweise.
    Sie holte noch einmal tief Luft, und schon war sie in der dritten Nische.
    Georgia schlief noch immer friedlich und fest. Ihr kastanienbraunes Haar floss über das Kissen. Terri blieb kurz stehen und schaute sie an. Aus diesem Winkel sah sie in ihrem Gesicht eine jüngere Version von Andrews Zügen: Georgia hatte seine hohe Stirn, seine tief liegenden Augen und seine vollen Lippen.
    Dann zwang Terri sich zum Nachdenken. Andrew hatte sie gebeten, Georgia, falls möglich, in die Sicherheitsabteilung zu bringen. Falls es sich als unmöglich erwies, standen ihr noch eine Menge anderer Möglichkeiten zur Verfügung: Orte, an denen man sie nicht suchen würde; Orte, die aller Wahrscheinlichkeit nach keine ungewollte Beachtung auf sich zogen. Es gab hier im Umkreis von zwei Minuten Fußmarsch Dutzende von harmlos aussehenden Büros, Labors und Lagerräumen. Am anderen Ende des Ganges war ein Notausgang, der in einen Dienstkorridor führte. Ein Versteck zu finden war einfach.
    Aber es war vielleicht unmöglich, Georgia ungesehen hier herauszuschmuggeln.
    Terri trat von dem Bett zurück und schaute sich zögernd in der Nische um. Das ist doch Irrsinn. Was soll ich machen? Soll ich sie vor den Augen der Wachen auf der Schulter hier raustragen? Ebenso gut konnte sie sich auch hinsetzen und warten, bis Georgia zu sich kam. Was sollte schließlich schon passieren?
    Terri drehte sich um und musterte die schlafende Gestalt und die frische, irgendwie wütend wirkende Schramme auf ihrem Wangenknochen. Etwas an dem Mädchen erinnerte sie an sich selbst. Es war keine körperliche Ähnlichkeit. Terri wusste, dass sie nicht mal ansatzweise so hübsch war wie Georgia. Außerdem fehlte ihr jene natürliche Anmut des Mädchens, die bei Vierzehnjährigen gar nicht so häufig war.
    Es lag an ihrer Haltung, an der Art, wie sie sich der Welt zeigte. Terri war in Georgias Alter still und zurückhaltend gewesen. Sie war gerade erst in die Staaten eingewandert: eine Asiatin mit Köpfchen, die Kleinste ihrer Klasse. Auch wenn die Erwachsenen ihr mehr oder weniger dumm erschienen waren - sie war besser mit ihnen zurechtgekommen als mit den sie ständig aufziehenden aggressiven Gleichaltrigen. Vierzehn war ein beschissenes Alter.
    Während Terri das Mädchen beobachtete, empfand sie ein zunehmendes Maß an Entschlossenheit. Die Wahrscheinlichkeit, dass Georgia in Gefahr war, stand eine Million zu eins. Aber sie würde dennoch eine

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