Das Pazifische Kartell: Kriminalroman (suhrkamp taschenbuch) (German Edition)
einfach wie ein Kind. Als er sich wieder beruhigt hatte, rief er seinen Bruder an. Na? Danke, Bruder. Schweigen. Zurück an die Arbeit, wir haben ja sonst keinen Spaß. Ja, und ohne Versuchungen geht sie auch besser von der Hand. Seine Stimme brach. Ist ja gut, Alter, ist ja gut; wir reden später weiter. Klick.
Gibt es etwas Besseres als einen Bruder?
Eine Schwester vielleicht.
Er traf sich mit Win Harrison, die exakt genauso aussah wie am Tag zuvor. Sie fragte, um wie viel Uhr sie mit Marcelo Valdés verabredet seien. Ich fürchte, daraus wird nichts, erinnerst du dich an die vielen Autos, die wir gestern beim Verlassen des Hotels gesehen haben? Die waren unterwegs zu seiner Beerdigung. Dann eben mit seiner Tochter. Mit Samantha?, findest du nicht, dass du ein bisschen zu viel verlangst? Nein, ich weiß nur, dass der Weg zu Simaks Mörder über sie führt. Das kannst du dir abschminken, wir hegen eine heftige Hassliebe füreinander. Ein bisschen mehr Liebe würde euch beiden guttun. Das wirst du nicht erleben, die Frau ist hochkompliziert. Wie steht’s denn sonst mit den Frauen? Der Zurdo lächelte. Wir arbeiten schon fünfundzwanzig Stunden zusammen, deine Zeit ist abgelaufen. Ich sprach von effektiverArbeitszeit. Was ganz anderes, ich habe eine vertrauenswürdige Kollegin gebeten, mal in unseren Archiven zu prüfen, ob wir was über Miguel de Cervantes haben, und siehe da, außer dem Romanautor gibt es noch jemanden. Name: Ander Aramendi, Alter: vierunddreißig. Eines der gefährlichsten Mitglieder der ETA. Sein Geburtsort ist nicht bekannt, nur, dass er in Biarritz und Valencia aufgewachsen ist. Er gehört der Organisation schon seit mindestens fünfzehn Jahren an, und es wird vermutet, dass er seit drei Jahren auf eigene Rechnung arbeitet. Gesehen wurde er in Spanien, Frankreich, Mexiko, Venezuela und in den USA, wo er wahrscheinlich mit Terrorvereinigungen in Kontakt steht und Mordaufträge ausgeführt hat. Für seine Decknamen bedient er sich bei Schriftstellern und Künstlern des 16. und 17. Jahrhunderts: Miguel de Cervantes, Francisco de Quevedo, Pedro Calderón, Diego Velázquez.
Na, was sagst du?, du hattest einen international gesuchten Verbrecher direkt vor deiner Nase. So jemand soll in Mexiko leben? Du hast ihn ja selbst gesehen, mit ihm gesprochen, ein Foto von ihm gemacht. Mendieta schwieg, dann sagte er: Sicher, er könnte das Mädchen durchaus ermordet haben. Das Mädchen, dich und alle anderen, die in diesem Club waren. Und Simak? Könnte sein, ist aber nicht sehr wahrscheinlich, weißt du was über einen Waffenschmuggler namens Leo McGiver? Erzähl. Simak hat ebenfalls Waffenhandel betrieben und wollte sich mit McGiver treffen, der hier eine Art Monopol dafür hat; bevor er tot aufgefunden wurde, hatte er noch ein Abkommen mit der mexikanischen Armee getroffen, das jetzt nichtig geworden ist, wovon wiederum McGiver und seine Gruppe profitieren; ich weiß, dass ermit den Valdés zusammenarbeitet, deshalb will ich dringend mit Samantha sprechen, die, soweit ich informiert bin, der neue Kopf des Kartells ist. Wir sind in einer halben Stunde mit ihr verabredet. Ah, das Foto in deinem Büro, das kannst du wegschmeißen, die Frau wurde identifiziert. Um wen handelt es sich? Ich bin nicht befugt, dir das zu sagen. Diese Wichser.
Er drehte die Stereoanlage leiser, gerade lief Reach Out, I̓ll Be There von den Four Tops. Kannst du mir einen Gefallen tun. Einen großen? Ein Freund meines Chefs hat seine Frau ermordet und hält sich gerade in Kanada auf, er holte eine Serviette aus dem Handschuhfach, hier ist die Adresse seines Sohnes in Toronto, ich will wissen, welche Waffe er benutzt hat und ob er auch Mayra Cabral de Melo auf dem Gewissen hat. Sie würden sich heute das Haus in Los Álamos vorknöpfen, aber es konnte nicht schaden, vorher schon was rauszukriegen. Win sah ihn an. Du willst das FBI für dich einspannen? Er stellte den Song lauter. Hit aus dem Jahr 1966. Win sah zum Tamazula, den sie gerade überquerten, holte ihr Handy hervor und wählte eine Nummer.
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Als sie das Restaurant betraten, saßen an einigen Tischen Bodyguards vor ihren Softdrinks. Der Diablo Urquídez begrüßte sie. Wie geht’s, mein Zurdo, alles okay? Bestens, mein Diablo, und selbst? Immer weiter so; haben Sie schon gehört, dass es Richie erwischt hat? Was war nur los mit ihm? In letzter Zeit bekam er rein gar nichts mit. Soll ich jetzt mein Beileid bekunden? Das wäre geheuchelt, aber vielleicht freut es Sie
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