Das Pest-Gewölbe
ihrer Veränderung.
Er hätte das Rezept doch nicht an seiner eigenen Frau ausprobieren sollen, das war falsch gewesen, aber sie war auch begierig darauf gewesen, denn sie jagte der Schönheit und der Jugend nach wie kaum eine zweite.
Ronald lag allein im Bett. Natürlich fand er keinen Schlaf. Er sah die Dunkelheit als bedrückend an und schaltete das Licht ein. Die Leselampe befand sich über seinem Bett. Oft genug lag er noch nachts wach und las. Bücher türmten sich neben dem Bett. Zusammen mit den Manuskripten bildeten sie einen regelrechten Berg. Er wollte sie alle noch lesen, aber in den letzten Wochen hatte er nicht den Nerv dazu gehabt.
Das Zimmer war sowieso eine Mischung aus Schlafraum und Bibliothek.
Denn auch in den dunklen Regalen standen die Bücher dicht an dicht, und sogar einen kleinen Schreibtisch hatte er sich in den großen Raum gestellt. Er schmeckte noch den Whisky auf der Zunge, als er sich zur Seite wälzte und aufstand.
Automatisch griff der Mann nach dem seidenen Morgenmantel und streifte ihn über. Das sonst so sorgfältig gekämmte Haar war zerzaust.
Er wühlte es mit einer Hand weiter auf und dachte darüber nach, wie sich die Zukunft entwickeln würde.
Sie sah nicht gut aus, überhaupt nicht gut. Ronald Greyson gehörte zu den Menschen, die sich bei seiner Arbeit auch von den Gefühlen leiten ließen. Er war eben ein Mensch, der Trends erschnuppern konnte, und er versuchte, dieses Feeling auch in dieser Nacht einzusetzen, weil er wissen wollte, ob sie gut oder schlecht wurde. Deshalb horchte er in sich hinein.
Es war keine gute Zeit, beileibe nicht. Er spürte den Druck in seinem Innern, ein schlechtes Omen für die Zukunft, die so dicht vor ihm lag.
Auch auf seinem Rücken lag ein kalter Schauer, ebenfalls ein Beweis dafür, daß etwas nicht stimmte.
Angst um Vivian!
Angst um seine Frau. Auch Angst deshalb, weil sie sich möglicherweise etwas antat. Dieses Brennen im Gesicht war nicht normal. Es war einfach grauenhaft. Bei ihr mußte etwas in die Höhe gestiegen sein, über das er sich zwar Gedanken machte, aber nicht damit zurechtkam. Vivian sah kaum verändert aus, aber sie lebte in einem Zustand, den sie nicht lange durchhalten würde.
Er wollte sie sprechen. Es war ihm egal, ob sie allein bleiben wollte oder nicht. In dieser Nacht kam es darauf an, daß sie als Paar auftraten und zusammenhielten. Seinem Gefühl nach stand er an einem Scheideweg.
Jemand hatte in sein Schicksal hineingeschnitten, und er spürte, daß die Veränderungen bereits zum Greifen nahe bei ihm waren.
Gefahr für Vivian?
Bestimmt, denn dieses Brennen konnte sich in der Nacht durchaus verstärken. Wenn das geschah, wollte er zumindest in ihrer Nähe sein und sie trösten können.
Auf leisen Sohlen verließ er sein Zimmer. Beide Schlafräume lagen ziemlich weit voneinander entfernt. Der Verleger ging durch einen Flur, der nur schwach erhellt war. Die Lichter an den Wänden wirkten wie schwebende Inseln. Die Stille kam ihm anders vor als sonst. Sie wirkte bedrückend, beklemmend. Er hätte Geld gegeben, um ein Lachen oder eine Stimme zu hören, statt dessen war er einzig und allein mit sich selbst beschäftigt.
Vor der Schlafzimmertür seiner Frau blieb er stehen. Er brauchte sich nicht mal zu bücken, um erkennen zu können, daß hinter der Tür das Licht brannte.
Es floß als matter Schein aus dem Schlüsselloch. Ronald Greyson hoffte nur, daß seine Frau die Tür nicht von innen abgeschlossen hatte. Dafür gab es zwar keinen vernünftigen Grund, aber in ihrem Zustand traute er ihr einfach alles zu.
Er drückte die Klinke herunter. Die Tür ließ sich öffnen, und er tat es vorsichtig. Ebenso vorsichtig betrat er das Zimmer seiner Frau.
Das Bett war leer.
Greyson schloß die Tür, ging zwei Schritte und blieb zwischen der Tür und dem Bett stehen. Er schaute sich um, doch Vivian war nicht da.
Kein Grund zur Panik, denn er wußte, daß sie des öfteren ihr Schlafzimmer verließ. Manchmal stand sie mitten in der Nacht auf, um ein Bad zu nehmen.
Der Verleger drehte sich um. Er hatte es nicht weit bis zum Badezimmer.
Vor der Tür blieb er für einen Moment stehen. Er wunderte sich, daß er keine Geräusche hörte. Er rief noch nach seiner Frau, erhielt aber keine Antwort.
Nun machte er sich Sorgen.
War denn in dieser verdammten Nacht alles anders geworden?
Er wußte nicht, was er tun sollte. In seinem Innern kochten die Gefühle hoch. Hinter der Stirn tobten die Gedanken. Vorwürfe,
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