Das Pest-Gewölbe
Frühlingsfieber, John. Sie ist unheimlich eifrig. Sie wirbelt im Haus und im Garten. Sie putzt, sie wischt, sie tut alles mögliche, aber sie hat keine Lust, sich die Stunden in der miesen Hallenluft um die Ohren zu schlagen.«
»Recht hat sie.«
»He, John! Bedeutet das, daß du kneifen willst?«
»Nein, nein, auf keinen Fall. Versprochen ist versprochen. Wir sind pünktlich da.«
»Okay, bis dann.«
Und wir waren pünktlich da, auch wenn Suko ein Gesicht zog, als wäre ihm soeben sein liebstes Spielzeug weggenommen worden. Wir hatten Eintrittskarten lösen müssen und hielten nach Bill Conolly Ausschau.
Leider sahen wir ihn nicht. Ich stellte fest, daß wir fünf Minuten zu früh waren und schielte dabei auf eine kleine Cafeteria am Eingang der Halle.
Die meisten Tische waren noch leer. Ich verspürte Durst und schlug meinem Freund vor, noch einen Schluck zu trinken und uns die Wartezeit angenehmer zu machen.
»Warum das?«
»In der Halle ist die Luft trocken genug.«
»Okay, wenn du willst.«
Wir nahmen an einem freien Tisch Platz. Es tat gut, die Beine auszustrecken und sich den Trubel als unbeteiligte Person anzuschauen. Ich hätte nicht gedacht, daß sich so viele Menschen bereits zu einer so frühen Zeit für Bücher interessieren, aber der Strom der Neugierigen riß einfach nicht ab. Die meisten Stände waren längst von den Verlagsangestellten besetzt, jetzt strömten die Buchhändler, aber auch Besucher aus dem Ausland, die sich um Lizenzen bemühten, denn oft genug umschwirrten uns fremde Sprachfetzen. Erfreulich war die Anzahl der jungen Menschen, die der Buchmesse einen Besuch abstatteten. Sogar aus Germany kamen sie, denn am Nebentisch nahm eine Gruppe junger Leute Platz, die deutsch sprachen. Drei Frauen und drei Männer, alle zwischen zwanzig und fünfundzwanzig. Locker gekleidet, mit Taschen oder Rucksäcken als Gepäck, das sie neben die Stühle stellten.
Sie sprachen durcheinander, und es war schwer für mich, die Worte zu verstehen.
Zudem kam die Bedienung und fragte nach unseren Wünsche. Ich bestellte für uns beide Kaffee, auch Suko hatte nichts dagegen, aber sein Gesichtsausdruck war nicht freundlicher geworden. Er tat noch immer so, als ginge ihn der Trubel nichts an.
»Lange werde ich nicht bleiben, John.«
»Keine Sorge, ich auch nicht.«
»Was machen wir überhaupt hier?«
»Uns das Buch über die Schönheit ansehen, das Freund Nostradamus geschrieben hat.«
»Glaubst du das wirklich?«
»Ja, ich war auch skeptisch und habe nachgeforscht. Er hat es tatsächlich geschrieben, auch von seinen Offenbarungen. Nur wissen die meisten nichts davon.«
»Woher hatte er das Wissen?«
»Er war Arzt.«
»Aber kein Kosmetiker.«
»Das darfst du nicht so eng sehen. Da liefen mehrere Berufe ineinander. Der eine schloß den anderen nicht aus. Ich denke, wir werden damit schon zurechtkommen.«
»Hoffentlich.«
Unser Kaffee wurde gebracht.
Dann nahm die Bedienung die Bestellung am Nebentisch auf. Die jüngeren Besucher verlangten alle Cola oder Limo.
Bill kam noch immer nicht. Ich glaubte nicht daran, daß er uns versetzt hatte. Wahrscheinlich war ihm etwas dazwischengekommen, was nichts Schlimmes sein mußte.
Ein helles Lachen vom Nebentisch her ließ mich aufmerksam werden.
»He, Janina, lies das mal.« Eine blonde Frau hielt eine Zeitung hoch und tippte mit dem Zeigefinger genau auf die Anzeige, die uns auch Bill Conolly gezeigt hatte.
Janina reckte sich. Sie war dunkelhaarig, hatte ein schmales Gesicht, und auf ihrem Mund lag ein feines Lächeln. Über die Köpfe der anderen hinweg schaute sie sich den Text an und hob die Schultern. »Was soll ich damit, Wilma?«
»Kosmetik von Nostradamus«, antwortete Wilma und schaute sich um.
»Könnt ihr euch das vorstellen?«
»Spinnerei«, sagte ein junger Mann, der seine Brille abgenommen hatte und die Gläser putzte.
»Das kannst du so auch nicht sagen, Jochen.«
»Sollen wir uns das Buch denn anschauen?« fragte die dritte Frau in der Runde.
Sie trug eine rote Windjacke und ein weißes T-Shirt darunter.
»Klar, Monika. Da schlagen wir sogar zu.«
»Ihr habt es nötig«, stöhnte ein junger Mann, der bisher grinsend zugehört hatte.
»Wieder der Stefan Krüger. Der bringst doch nicht!« beschwerte sich Wilma.
»Woher willst du das wissen?«
»Wolltest du nicht immer ein Buch schreiben?«
»Klar.«
»Der kann nicht mal lesen!« rief der Besucher, der seine Brille geputzt hatte.
»Wenn ich Jochen Köcher hieße und nur
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