Das Pete Buch 14 - Pass auf Pete
Reverend Thomas hatte genug von diesem Theater. „Wünsche eine baldige Genesung, Mr. Watson", murmelte er, „sollten Sie seelischen Beistand nötig haben, stehe ich gern zur Verfügung."
Watson nickte und verdrehte mitleiderregend die Augen — wie ein Mondkalb.
Im selben Augenblick kamen drei Reiter die Straße herunter. Es waren Pete und seine Freunde. Jimmy, der als Leibwächter hinter dem Rollstuhl seines Onkels stand, entdeckte die Jungen vom „Bund der Gerechten" zuerst.
„Da kommt ja Pete Simmers, dieser Verbrecher!" krähte er, so laut er konnte. Sofort kam Bewegung in die Menge. Die Leute reckten die Hälse, und in Sekundenschnelle war der Obergerechte so eingekeilt, daß Black King weder vorwärts noch rückwärts konnte. Pete wollte die Menschen freundlich grüßen; denn die meisten kannte er ja. Er sah aber nur finstere Mienen. Mr. Zeigefinger hatte gute Vorarbeit geleistet. Ehe er sich's versah, war er von seinen Freunden getrennt und wurde nun auf den Vorbau des Office abgedrängt. Aber er verlor nicht den Mut! Er kannte ja seine Somerseter. Sie gerieten immer leicht aus dem Häuschen und glaubten stets die unwahrscheinlichsten Geschichten. Pete winkte mit der Hand, zum Zeichen, daß er zu sprechen wünsche. Nach und nach trat Ruhe ein. Jeder war neugierig, wie der Häuptling des „Bundes" sich verteidigen würde.
„Ich habe gehört", begann er, „hier wurde die Story aufgebracht, ich hätte heute nacht den Hilfssheriff Watson überfallen. Aus diesem Grunde bin ich gekommen, diesen persönlich zu fragen, wie er darauf kommt, mich so zu verdächtigen!"
John Watson schüttelte wieder den Kopf und nickte dann heftig. Das sollte wohl so viel heißen wie: Was ich sagte, stimmt genau.
Jetzt nahm Mr. Zeigefinger das Wort. „Du bist dieser Pete Simmers?" fragte er streng.
„Ja. Und wer sind Sie, wenn ich fragen darf?" Pete sah dem Ziegenbart offen ins Gesicht.
„Was? Gar nichts darfst du fragen", dröhnte dieser, „solch eine Frechheit von dem Bengel . . . will uns auch noch zur Rede stellen! Hier stehst du vor Gericht, und nicht wir, und du hast nur auf unsere Fragen zu antworten!"
„Vor Gericht?" staunte Pete. „Seit wann tagt das Gericht in Somerset unter freiem Himmel? Seit wann ist es in Somerset üblich, ehrliche Menschen zu verdächtigen und auf diese Art zu behandeln?"
„Seit wann? Seit hier ein neuer Wind weht, Bürschchen! Aus ist es mit der Bandenbildung Jugendlicher,
die die Bevölkerung terrorisieren. Aus ist es mit all dem Schabernack und Blödsinn, der doch immer nur auf Kosten der Erwachsenen geht! Hier stehe ich, Eusebius Zeigefinger, Privatgelehrter aus Berufung, und kehre mit dem eisernen Besen der Gerechtigkeit!"
„Wir sind ein ,Bund der Gerechten'", wagte Pete einzuwerfen. Mr. Zeigefinger aber fuhr mit der Hand durch die Luft und schrie: „Für diese Frechheit verdienst du Hiebe! Bund der Gerechten? Ein feiner Deckname! Unter dem Deckmantel der Gerechtigkeit werden wehrlose Geschöpfe zusammengeschlagen, daß sie nicht mehr laufen können! Bürschlein, dein Stündlein hat geschlagen!"
Pete wußte nicht, ob er lachen oder weinen sollte. Was hatte dieser Mr. Zeigefinger da gesagt? Bevor er aber Zeit für eine Entgegnung fand, fuhr der „Privatgelehrte" fort:
„Pete Simmers, ich frage dich bei allem, was dir heilig ist: Gibst du zu, die abscheuliche Tat begangen zu haben?"
„Was für eine Tat denn?" Pete sah den Mann mit dem Ziegenbart ungläubig an. Der aber bekam jetzt einen Anfall. Wild hüpfte er auf dem Vorbau herum und schrie dabei immer wieder:
„Nein, dieser Schlingel! So ein Lügner! So ein Rowdy! So ein Taugenichts! So ein Bandit!"
Jetzt wußte Pete überhaupt nicht mehr, was eigentlich los war. Waren denn in Somerset alle Leute verrückt geworden? Wo blieben denn Mr. Tatcher, Reverend Thomas und all die anderen Freunde? Wollte ihm denn keiner helfen, diesem Männchen das Maul zu stopfen?
Endlich hatte sich Mr. Zeigefinger einigermaßen beruhigt. Mit grimmiger Miene sah er den Jungen an. „Pete Simmers", begann er wieder, „wo warst du heute nacht?"
„Ich? Ich war im Walde an der Grenze zur Osborne-Ranch."
„Aha! Was tatest du dort?" Der Ziegenbart sprach diese Worte mit großem Pathos.
„Wir hörten von dort Schüsse. Sam und ich ritten los, um nachzusehen, was da los sei, ob sich ein Mensch in Not befand."
„Also, ganz zufällig hörtet ihr Schüsse! Nun, was habt ihr dann im Walde entdeckt?" Lauernd sah Mr. Zeigefinger auf
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