Das Pete Buch 17 - Teufelskerle diese Jungen
sollen nämlich selbst im Galopp herausfinden, wann wir dem Vogel am nächsten sind — und diese nächste Entfernung ist eben achtzig Schritt, so daß die Aufgabe dadurch ein bißchen schwerer wird. Denn so haben wir viererlei zu beachten: Wir müssen ohne Zügel galoppieren, weil wir die Hände zum Schießen brauchen; das Pferd genau von einem Pfahl zum anderen lenken und außerdem die Entfernung schätzen und den Vogel umlegen. Das Ganze geht über drei Runden, und wir losen jedesmal die Reihenfolge neu aus; wenn einer dabei die Gewalt über sein Pferd verliert und dem Ziel zu nahe kommt — wir können das an den Spuren im Sandboden genau feststellen — so zählt sein Treffer nicht."
„Hm. Na ja. So wie du's verstehst, Pete", brummte Sam ärgerlich. „Aber nun los: anfangen! Wird ja langweilig. Die meisten Treffer entscheiden also? Schön. Aber geschummelt wird nicht. Ich habe Luchsaugen und passe auf; merkt euch das!"
Pete nahm seinen Stetson ab, warf sieben Zettel mit Nummern hinein, schüttelte sie durcheinander, und dann zog jeder eine heraus: Sitka, der kleine Indianer, zog die Nummer eins, Carlos zwei, Pete drei und Sam — Nummer sieben!
Das hätte an sich schon genügt, die Sommersprosse erneut schwer zu verärgern: es entsprach nicht seinem Ehrgeiz, der letzte zu sein, auch wenn es, wie hier, ganz belanglos war. Doch dieser Wettbewerb sollte ihm sowieso keine Lorbeeren bringen.
Sitka schwang sich auf sein feuriges Pony, ritt lächelnd und selbstbewußt, den großen Bogen in der Hand, den Pfeil aufgelegt und das Pferd mit den Knien lenkend, zu dem ersten Pfahl, wo auch die übrigen Jungen sich einfanden, und blickte fragend Pete an.
„Wer gibt das Kommando?"
„Sam", bestimmte Pete. „Ehre, wem Ehre gebührt; seine Stimme hört man am weitesten. Und wenn Sam selbst reitet, du, Carlos!"
Das Rothaar war sichtlich getröstet und brummelte einige anerkennende Worte. Dann richtete es sich zu seiner ganzen Höhe auf und sprach, Würde von Kopf bis Fuß: „Mein Kommando lautet: Los! Auf ,Los' müßt ihr reiten!"
„Ja, ja, das ist doch selbstverständlich", rief Andy schon ungeduldig.
Sam maß ihn mit einem abgründigen Blick, reckte sich abermals und rief:
„Los!"
Sofort setzte sich Sitka in Galopp, jagte auf den zweiten Pfahl zu, so daß er die Fenz zur Linken hatte, hob sich in den Steigbügeln, spannte den Bogen und —
„Bravo! Hurra! Bravo!"
Die Rufe hallten so laut wie der Beifall in Turners Saloon, in dem der „Admiral" gerade die vier Hobos zu Boden schlug. Selbst Sam fand sich bereit mitzubrüllen.
Es war wirklich ein Meisterschuß. Der ausgestopfte Vogel flog getroffen hinter die Fenz, Sitka sprengte im Bogen zu seiner Ausgangsstellung zurück, der Vogel
wurde erneut auf dem Zaun befestigt, und jetzt war Carlos an der Reihe.
Auch er traf, und wieder dröhnte die Luft von den Jubelrufen der anderen. Und bald darauf nochmals, als Pete auf seinem Rappen Black King losgaloppiert war und den Vogel herunterschoß. Dann allerdings herrschte für einige Zeit eisiges Schweigen; denn Andy, Conny und Bill schössen daneben. Aber Sam, auf seinem „Wind" dahin brausend, erzielte den vierten Volltreffer des Tages und blickte sich nach allen Seiten um wie ein König, der den Huldigungen seiner Untertanen gern entgegensieht.
Sofort folgte die zweite Runde. Treffer für Sitka und Carlos, Fehlschüsse für Pete — Sam konnte trotz aller Würde ein Grinsen nicht verkneifen — und die übrigen, mit Ausnahme von diesem selbst. Der traf natürlich; aber wohin? Das stand auf einem anderen Blatt.
„Los!" kommandierte Carlos.
Ein leichter Schenkeldruck, Wind schnellte mit einem Satz dahin, der Black King hätte neidisch machen können — da ertönte in der Ferne das Geknatter eines Automobils.
Was war denn das? Schon wieder Besuch?
Sam blickte für den Bruchteil einer Sekunde nach rechts, wo die Landstraße zur Ranch führte, sah einen Ford heranbrausen, wandte den Kopf sofort wieder nach links, hob den Bogen, ließ den Pfeil von der Sehne schwirren, und —
„Au!" gellte ein gräßlicher Schmerzensschrei.
Sam war wie betäubt und zugleich maßlos entsetzt.
So entsetzt, daß er über den zweiten Pfahl hinaus jagte und auch dann vergaß, Wind zu zügeln.
„Blattschuß!" kreischte Andy mit überschnappender Stimme und vollführte eine Kreuzung zwischen Schuhplattler und Indianertanz. „Blattschuß! Blattschuß!" jauchzten nun auch Pete und die anderen; nur Sitka bewahrte nach alter
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