Das Pete Buch 37 - Kaum zu glauben
Somerset? Wieso war er mit Watson befreundet?
„Hallo, Mr. Dodge", sprach der Kleine harmlos den Keeper an, der auf seinem Vorbau stand und den Hals reckte, „John Watson hat wohl Besuch bekommen, was? Vielleicht ein Verwandter von ihm?"
„Naseweis", knurrte der Storehalter ungehalten, „was geht dich das an?"
„Eigentlich nichts, aber man kann ja wohl mal fragen, nicht? Ich dachte, Sie wüßten es zufällig."
„Weiß gar nichts, Boy." Mr. Dodge schien verärgert. Er war von Natur aus neugierig und hätte es selbst gern gewußt. Als er dann sah, wie Watson und der Fremde im „Weidereiter" verschwanden, trat er nervös von einem Bein aufs andere.
„Hallo, Dodge", rief Mr. Tinfad, dessen Metzgerladen sich schräg gegenüber befand, über die Straße, „hast du eine Ahnung, wer das ist?"
„No, keine Ahnung. Weiß nur, daß der Mann mit dem Morgenzug ankam. Später führte Watson ihn ab. Habe genau gesehen, daß der Hilfssheriff die Hand am Colt hatte, als sie ins Office gingen. Na, jetzt hat sich wohl herausgestellt, daß der Mann harmlos ist."
Joe Jemmery hatte genug gehört. Er ließ Mr. Dodge stehen und eilte die Hauptstraße entlang. Sogleich stieß er auf Jimmy Watson, der auf dem abgewetzten Holm des „Weidereiters" saß und an einem Stock schnitzte. Der Schlaks beachtete Joe überhaupt nicht; er hatte ein schlechtes Gewissen, weil er sein Wort nicht gehalten hatte.
„Na, Stinktier", griente Joe, „was gibt es für Neuigkeiten? Sitzt da wie bestellt und nicht abgeholt."
„Verschwinde, Regenwurm" maulte der Schlaks, „mach, daß du nach Hause kommst. Deine Mutter wartet mit der Suppe auf dich."
„Stimmt zufällig, bei uns gibt es heute Linsensuppe. Bei euch gibt es sicher feinen Braten, was?"
„Braten? Nö, bei uns gibt es . . . geht dich einen Dreck an, was es bei uns gibt."
„Dachte nur, weil ihr doch hohen Besuch habt. Wohl ein reicher Verwandter, was?" Joe hatte seine eigene Art, die Menschen auf die Probe zu stellen.
„Verschwinde, Regenwurm! Von mir erfährst du nichts. Deine Masche kenne ich. Willst mich nur ausnehmen!"
„Wie kann man etwas ausnehmen, was nicht da ist? Du hast ja selbst keine Ahnung. Würdest hier nicht so herum sitzen, wenn du was wüßtest."
„Natürlich weiß ich was. Aber dir sage ich es noch lange nicht." Jimmy Watson blähte sich mächtig auf. Er hatte einen ganz roten Kopf bekommen und kämpfte mit Tränen.
Joe wußte genug. Er kannte seinen „Freund." Der wußte wirklich nichts. Der Schlaks hätte ihm nämlich jede Neuigkeit gegen einen Kaugummi verkauft.
„So long, Stinktier, bist 'ne trübe Tasse. Ich hätte an deiner Stelle längst raus, mit wem mein Onkel säuft."
Joe kratzte schnell die Kurve. Jimmy ärgerte sich mächtig, daß er kein Geschäft hatte machen können. Aber dafür wollte er jetzt alles nachholen.
Er schob seinen hageren Körper durch die Schwingtür des „Weidereiter." Sein Onkel saß mit dem fremden Gent in einer Ecke und unterhielt sich lebhaft. Jimmy schob sich neugierig an den Tisch heran, blieb hinter ihm stehen. Mr. Colfax zog ungehalten die Augenbrauen zusammen und rief.
„Verdufte, Kleiner. Was wir besprechen, geht nur Männer etwas an.
John Watson fuhr blitzschnell herum, wobei er rasch zu einer Ohrfeige ausholte. Jimmy kassierte ein ganz schönes Ding. Onkel John sah blöde drein, als er seinen Irrtum merkte. Er hatte nämlich angenommen, Joe Jemmery zu erwischen.
„Aaaa —! O-O-Onkel, warum schlägst du mich? Ich wollte doch nur guten Tag sagen."
„So ein Pech", brummte der Hilfssheriff, „wie konnten Sie auch .Kleiner' sagen, Mr. Colfax? Ich glaubte, der Schneiderbengel stünde hinter mir. Mein Jimmy ist doch kein Kleiner mehr, sondern schon fast ein Großer. Er wird meine rechte Hand, wenn erst mal die Tauben fliegen."
„Gebratene Tauben?" wollte Jimmy wissen.
„Kann man wohl sagen, mein Sohn." John Watson lachte behäbig und fuhr sich bei dem Gedanken daran
schon jetzt mit dem Ärmel über den Mund. „Das Schlaraffenland ist nicht mehr fern! Guter Witz, was?" Er wandte sich anerkennend an Mr. Colfax. „Ja, mein Jimmy ist für seine Geistesblitze bekannt. Gebratene Tauben ... hähä ... ein kluges Kind!"
„Trotzdem wäre es mir lieber, wenn die Sache unter uns bliebe, Ihr Jimmy mag ja ein guter Junge sein, aber ein unbedachtes Wort kann leicht alles zunichte machen."
„Mein Jimmy spricht kein unbedachtes Wort", verwahrte sich Watson. „Sie kennen eben den Jungen noch nicht. Er hat
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