Das Philadelphia-Komplott
informiert.”
“Ich bin ja nicht wirklich neu in der Stadt. Ich bin hier in Philadelphia geboren und aufgewachsen. Und immer, wenn ich zurückkomme, versuche ich, mich schnellstmöglich auf den aktuellsten Stand zu bringen.”
Syd fiel ein, dass sie ihre Post immer noch nicht angeschaut hatte, und so hob sie gedankenverloren den Stapel auf und blätterte ihn durch. Er enthielt die üblichen Strom- und Wasserrechnungen und eine von Lord & Taylor, ihrem Vermieter. “Und was hat Sie diesmal nach Philadelphia zurückverschlagen?”
“Mein Vater. Ihm geht es nicht so gut, und ich nutze meinen zweiwöchigen Urlaub, um in seiner Nähe zu sein.”
“Wäre es dann nicht einfacher gewesen, in einem Hotel zu übernachten, als eine Wohnung zu mieten?”
“Es kann sein, dass mein Aufenthalt länger dauert als geplant.”
“Ich verstehe.” Sie verstand es zwar nicht, aber jetzt war sicher nicht die richtige Zeit für ein Verhör. Während sie weiter ihre Post durchsah, fiel ihr Blick auf eine Karte. Das Bild zeigte eine überdachte Brücke inmitten herbstlich gefärbter Bäume. Auf der anderen Seite stand eine kurze Mitteilung in Lillys Handschrift.
Ohne auf Jake zu achten, der sie neugierig betrachtete, las sie ungeduldig die Zeilen:
Hallo Syd,
während meiner Reise durch Bucks County muss ich gerade an die vielen Sommer denken, die wir beide im Farmhaus meiner Eltern in Erwinna verbracht haben. Ich werde richtig wehmütig. Bis bald!
Alles Liebe, Lilly
Syd starrte verwundert auf die Karte. Es war äußerst untypisch für Lilly, Andenken aus den Orten mitzubringen oder zu schicken, die sie während ihrer Aufträge besuchte. Wenn sie darüber nachdachte, konnte sie sich nicht daran erinnern, überhaupt
jemals
eine Karte von Lilly bekommen zu haben. Und wovon sprach sie da? Als Mädchen hatten sie ihre Ferien
nie
bei den Branzinis verbracht. Sie waren immer auf Long Beach Island in South Jersey gewesen, wo Syds Eltern ein Sommerhaus besaßen.
Ein Schauer durchlief sie, als die Anwältin in ihr durchkam, und sie erkannte, dass Lilly sehr wohl wusste, wo sie ihre Sommerferien jedes Jahr verbracht hatten. Das konnte nur eines bedeuten – es handelte sich um einen absichtlichen Fehler. Sie schaute auf den Poststempel: 6. März. Zwei Tage, bevor sie entführt wurde.
“Sydney? Ist alles in Ordnung?”
Syd sah auf. Jake. Sie hatte ihn vollkommen vergessen. “Ja.” Sie nickte leicht mit dem Kopf. “Ja, alles in Ordnung.” Sie legte die Post zurück auf den kleinen Tisch und steckte die Postkarte in die Hosentasche. “Ich würde Sie ja gerne auf einen Kaffee einladen, aber …”
“Eigentlich wollte ich Sie einladen. So eine Art Kennenlern-Dinner.” Er rieb seine Hände voller Vorfreude. “Worauf haben Sie Lust? Chinesisch? Italienisch? Thai?”
“Es tut mir Leid, aber ich muss noch mal weg.”
“Jetzt?” Er schaute auf seine Uhr.
“Ja, es ist etwas passiert …”
“Warum darf ich Sie nicht hinbringen, wo auch immer Sie hin müssen? Wir können doch danach noch einen Happen essen.”
Das Angebot war nicht nur deshalb verlockend, weil sie langsam ihre Meinung über diesen hartnäckigen Mann änderte, sondern vor allem, weil die Aussicht auf etwas Richtiges zu essen ihr weit besser gefiel, als der Gedanke an die Cornflakes, die sie als ihre heutiges Abendessen eingeplant hatte. Wie auch immer, diese Nachricht von Lilly könnte die Spur sein, nach der sie den ganzen Tag gesucht hatte. Sie musste ihr einfach nachgehen.
“Danke, aber das muss ich alleine erledigen.” Sie nahm ihren Burberry-Mantel von der Garderobe und schlüpfte hinein.
“Falls Sie in Schwierigkeiten stecken …manchmal sehen vier Augen mehr als zwei.”
“Schauen Sie, Mr. Sloan …”
“Jake.”
“Okay, Jake. Ich bin sehr dankbar für das, was Sie getan haben. Ohne Ihr Einschreiten wäre ich Mike Gilmore sehr wahrscheinlich nicht so schnell losgeworden. Aber um ehrlich zu sein – und bitte nehmen Sie das nicht persönlich – bin ich es gewohnt, meine Schlachten allein zu schlagen.” Sie klimperte mit dem Schlüsselbund, um zu verdeutlichen, dass sie gehen wollte.
“Kein Problem. Aber wenn Sie doch einmal meine Hilfe benötigen …” Er lächelte ihr aufmunternd zu und ging hinaus. Sie folgte ihm und schloss die Tür hinter sich ab.
13. KAPITEL
I n ihrem Ford Focus hielt Syd Ausschau nach der Ausfahrt zur Cafferty Road. Sie war froh, dass sich der angekündigte Schneesturm unerwartet der Atlantik Küste zugewandt und
Weitere Kostenlose Bücher