Das Philadelphia-Komplott
heraus. “Hast du deinen Wachhund gar nicht mitgebracht? In dem Fall bitte ich dich, zu gehen, bevor ich die Geduld verliere.”
“Und was tust du, wenn du die Geduld verlierst, Mike? Mich schlagen?” Sie sah ihn herausfordernd an, wollte ihn provozieren, wollte ihn dazu verleiten, etwas Unüberlegtes zu tun. “Vielleicht hat dich Lilly deswegen verlassen? Weil du sie geschlagen hast?”
Sie sah, wie er seine Kiefer aufeinander presste, und bereitet sich auf den Schlag vor. Es wäre vor Gericht hilfreich, wenn sie bezeugen könnte, dass er gewalttätig war und aus diesem Grunde nicht in der Lage, sich um seine Tochter zu kümmern.
Unglücklicherweise hatte er sich besser unter Kontrolle, als sie vermutet hatte. “Du bist klug, Sydney, das muss ich zugeben.” Er lehnte sich so weit vor, dass sie das hinterhältige Blitzen in seinen Augen sehen und seinen Atem auf ihrem Gesicht spüren konnte. “Aber ich bin klüger.”
Violets Mann, der zur gleichen Zeit bei der Polizei von Philadelphia war, als Syd ihr Versagen und ihren demütigenden Abstieg erleben musste, war der einzige ihrer ehemaligen Kollegen, der noch mit ihr sprach. Nicht nur das – er verstand auch, wie ein Anfänger sich durch die Polizeiakademie quälen, beste Ergebnisse im Unterricht und auf dem Schießstand zeigen, und doch in der entscheidenden Situation nicht in der Lage sein konnte, den Abzug zu drücken. Ihm war etwas Ähnliches passiert, wenn auch nicht mit so tragischen Konsequenzen.
Aber auch wenn sie ihn als Freund ansah, war sie sich nicht sicher, ob er sich an einer Verschwörung gegen einen ehemaligen Kollegen beteiligen würde. Ob pensioniert oder im aktiven Dienst, Polizisten hielten immer zusammen. Das war ein ungeschriebenes Gesetz, und wer es brach, hatte schlechte Karten. Die einzige Sache neben Georges Freundschaft zu ihr, die ihr vielleicht helfen konnte, war seine tiefe Abneigung gegen Mike Gilmore.
Er war glücklicherweise zu Hause und wie immer erfreut, sie zu sehen. Schlank, fit und mehr als zehn Jahre älter als Violet sah man George Sorrensen seine über sechzig Jahre jedoch nicht an. Seitdem er im Ruhestand war, kümmerte er sich um seine Modelleisenbahn und den Garten und kochte die köstlichsten Gerichte aus seiner Heimat Schweden.
“Syd. Wie geht es dir, Kind?” Er deutete auf seinen Oberkörper. “Was macht die Verletzung?”
“Viel besser, danke. Kann ich hereinkommen?”
“Sicher, aber Violet ist noch nicht zu Hause.”
“Ich weiß. Ich bin auch deinetwegen gekommen.”
Er führte sie in das großzügige Wohnzimmer mit den zeitgemäßen Teakmöbeln und dem dicken weißen Teppich. Aus der Küche strömte ein herrlicher Duft, den sie nicht identifizieren konnte. “Was kann ich für dich tun, Syd?”, fragte er, nachdem sie sich gesetzt hatten.
Sie fischte den Zettel aus ihrer Tasche, auf den sie das Kennzeichen des blauen Audis notiert hatte, und schob ihn über den Tisch. “Ich benötige einige Informationen über den Besitzer dieses Autos – Name, Adresse, Beruf und alles, was du sonst noch herausfinden kannst.”
“Hat es was mit Lillys Entführung zu tun?”
“Könnte sein, aber ich bin mir nicht sicher. Ich sah ihn vor nicht allzu langer Zeit aus Mike Gilmores Haus stürmen.”
“Was hattest du vor Mikes Haus zu suchen?”
Sie erzählte es ihm.
Er schwieg eine ganze Weile. Es schien wie eine Ewigkeit, bis er endlich nickte. “Bis morgen früh sollte ich etwas herausbekommen haben. Kann ich dich im Büro anrufen?”
“Ja. Oder auf dem Handy.” Sie schrieb die Nummer auf, bedankte sich bei ihm und ging, um nicht noch mehr seiner Zeit in Anspruch zu nehmen.
29. KAPITEL
“I ch glaube, dein Assistent mag mich nicht”, sagte Jake, als er später am Abend mit Victor zurück in die Stadt fuhr.
“Sei nicht enttäuscht. Jenkins mag niemanden. Er ist ein Bär von einem Mann, aber er behütet mich wie eine Glucke.”
“Wie lange ist er schon bei dir?”
“Fünf Jahre. Er war gerade mit dem Gesetz in Konflikt geraten, als ich ihn kennen lernte. Ich lud ihn zu einem Treffen ein, und eh ich mich versah, wollte er uns beitreten.”
“Er scheint sehr loyal zu sein.”
“Und das schätze ich so an ihm.”
“Nur die Pressearbeit solltest du ihm nicht überlassen.”
Victor lachte. “Er taut schon noch auf, gib ihm ein bisschen Zeit.”
Sie erreichten die Ampel an der Seventh Street. “Du kannst mich hier rauslassen”, sagte Jake.
Victor wartete, bis Jake ausgestiegen war,
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