Das Prinzip Uli Hoeneß
personifizierte.
Die FC Bayern München AG
Gegenüber australischen Forschungsstudenten betonte Uli Hoeneß im Jahr 2001, dass es bei den Bayern keinerlei schriftliche Unterlagen zur sportlichen oder wirtschaftlichen Planung und Strategie, ja nicht einmal Arbeitsplatzbeschreibungen gebe: »We have no plans. I only know that we will make a profit every year.« Trotz solcher Planlosigkeit erwies er sich stets als revolutionärer und für moderne Trends enorm sensibler Quer- und Vordenker, die Neugier bezeichnete er als eine seiner herausragenden Eigenschaften. »Ich bin einfach mit offenen Augen durchs Leben gegangen, sauge alles auf.« Aus dem »Aufgesaugten« entwickelte er unentwegt neue Marketingvisionen, um sich sogleich mit zupackendem Eifer an ihre Umsetzung zu machen. »Ich bin ein Macher, ich bin ein Aufreißer, vielleicht ein Ideengeber«, gab er einmal eine Selbsteinschätzung ohne falsche Bescheidenheit, bemerkte aber zugleich durchaus ohne Koketterie: »Ich bin bereit, zu lernen und zu fragen.« Gefragt und gelernt hatte er auch in Sachen Aktiengesellschaft, die er lange Zeit als ein für seinen FC Bayern untaugliches Wirtschaftsmodell abgelehnt hatte, schließlich aber, als es im Zuge des Stadionneubaus unumgänglich geworden war, als notwendiges Instrument akzeptierte.
Am 14. Februar 2002 wurde ein Teil der Fußballabteilung des Stammvereins FC Bayern München e. V. in die FC Bayern München AG ausgegliedert, um professionellere Strukturen zu schaffen und den Neubau der Allianz Arena finanzieren zu können. Unter Verantwortung der AG stehen seit dem 14. Februar 2002 der Lizenzfußballbereich mit der Profimannschaft sowie die ersten Amateur- und Juniorenmannschaften und die Frauenfußball-Abteilung samt dem für die Organisation dieser Mannschaften notwendigen Geschäftsbetrieb. Seit April 2006 ist die AG auch alleiniger Anteilseigner der ursprünglich gemeinsam mit dem TSV 1860 München betriebenen Allianz Arena München Stadion GmbH. Das Grundkapital der AG wird zu 90 Prozent vom FC Bayern München e. V. gehalten und zu zehn Prozent von der Adidas AG. Adidas bezahlte im Jahre 2002 für den Zehn-Prozent-Anteil an der Aktiengesellschaft knapp 77 Mio. Euro. Die Aktien der AG kamen – anders als z. B. die Aktien von Borussia Dortmund – nicht an die Börse. Ein strategischer Partner wie Adidas – zu dem vielleicht auch noch weitere kommen könnten –, sei ihm lieber als ein Börsengang, meinte Hoeneß, denn der sei ihm zu riskant. Die bisher einzige erfolgreiche Verbindung von Fußball und Börse bildete Manchester United – allerdings nur so lange, bis sich der amerikanische Investor Malcolm Glazer den Klub unter den Nagel riss. Die Dortmunder Borussen, die mit dem Gang zur Börse ihr Schuldenproblem bewältigen wollten, erreichten damit das Gegenteil: Sie verpulverten das Geld und machten noch mehr Schulden.
Hoeneß verließ sich statt auf Abenteuer an den Finanzmärkten lieber auf bewährte Strategien und ein gutes Einvernehmen mit den Sponsoren; und tatsächlich halfen die ab und an mal aus oder waren zu Nachverhandlungen bereit, wenn bei einem unglücklichen Saisonverlauf die eine oder andere Million fehlte. Die operative Leitung der Geschäfte, so wurde bereits erwähnt, lag fortan bei den Vorständen Karl-Heinz Rummenigge, Uli Hoeneß und Karl Hopfner. Der polyglotte Rummenigge, der am 21. Januar 2008 auch erster Vorsitzender der European Club Association (ECA) wurde, erhielt die Zuständigkeit für die Vertretung des Klubs nach außen bei nationalen und internationalen Verbänden, bei den TV-Verhandlungen und im Bereich Öffentlichkeitsarbeit, Hoeneß blieb als stellvertretender Vorstandsvorsitzender im Aufgabenbereich seiner gewohnten Managertätigkeit (Lizenzspieler, Junior Team, Sponsoring, Lizenzen, Vertretung der AG in der Stadion GmbH), der Verwaltungsexperte Karl Hopfner wurde durch seine Berufung in den Vorstand als meist im Verborgenen wirkender Herrscher über die Finanzen bestätigt. Die Bürgschaft für wirtschaftliche Kompetenz übernahmen Mitglieder des Aufsichtsrates, allesamt leitende Funktionäre in den Vorständen großer Unternehmen, unter anderem Herbert Hainer (Adidas), Martin Winterkorn (Volkswagen) und Karl-Gerhard Eick (Deutsche Telekom). Komplettiert wurde die illustre Runde durch den ehemaligen Chef von McKinsey Deutschland, Herbert Henzler, durch Focus-Chefredakteur Helmut Markwort sowie den Bayern-Ex-Präsidenten Fritz Scherer, und über allen thronte als
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