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Das Prinzip Uli Hoeneß

Das Prinzip Uli Hoeneß

Titel: Das Prinzip Uli Hoeneß Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christoph Bausenwein
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Ordnung, wenn man »mit Mühe und Not« einen UEFA-Cup-Platz erreiche, Hauptsache, man komme nicht in Abstiegsgefahr. Dass die Saison derart katastrophal verlief und selbst das ironisch gemeinte Saisonziel »Nichtabstieg« vorübergehend gefährdet schien, hatte sich Hoeneß wohl selbst in seinen schlimmsten Alpträumen nicht vorstellen können. Im DFB-Pokal zu Hause am Zweitligisten FC Homburg gescheitert, im UEFA-Cup mit 2:6 in Kopenhagen untergegangen und in der Bundesliga nur Zehnter und um ganze fünf Punkte dem Abstieg entkommen, lautete am Ende die Schreckensbilanz. Zwischenzeitlich hatten die Folgen der Bayern-Havarie bis in Hoeneß’ Familienleben ausgestrahlt. Sein Vater könne nix, hätten die Mitschüler seines Sohnes Florian gehöhnt, oft sei er weinend aus der Schule heimgekommen. Dem Team fehlte es nicht nur an Klasse und erfahrenen Leistungsträgern, sondern vor allem auch an einer klaren Hierarchie. Statt einem unumstrittenen Chef, wie Klaus Augenthaler einer war, zu folgen, hatten viele Häuptlinge eine Krise nach der anderen heraufbeschworen. Auch zwei Trainerwechsel – von Heynckes zu Lerby und von Lerby zu Ribbeck – hatten nicht viel bewirkt. Uli Hoeneß war schwer angeschlagen und spielte mit dem Gedanken an den Rücktritt. »Mich hat allein die Angst vor dem Abstieg bewegt, weiterzumachen. Ein Hoeneß hört nicht auf, wenn das Schiff sinkt, der hört erst dann auf, wenn es ganz oben auf der Welle ist.«
    Während der ganzen Saison habe man keine »ruhige Linie« gehabt, rekapitulierte er; man müsse nun wieder zu Gelassenheit kommen, »mehr Distanz entwickeln, mehr Wurschteligkeit«. Die Dänen, die überraschend die Europameisterschaft gewonnen hatten, hätten gezeigt, »dass es notwendig ist, sich einerseits gewissenhaft vorzubereiten, sich darüber hinaus aber auch eine gewisse Lockerheit zu bewahren«. Dieser Appell an die Lässigkeit wirkte beinahe so, als wollte er sich selbst Mut machen. Denn inzwischen ging es nicht mehr nur um seine Bayern, sondern auch um ihn selbst: Erstmals war seine Position im Verein nicht mehr unangefochten.
    Für die nächste Saison musste sich Hoeneß die Transferpolitik von den gleichsam als Krisenmanager neu eingesetzten Vizepräsidenten Beckenbauer und Rummenigge weitgehend diktieren lassen. Deren Devise hieß: nicht länger kleckern, sondern klotzen. Die 23,5 Mio. DM, die in neue Spieler wie Thomas Helmer, Jorginho, Mehmet Scholl und den Mailand-Rückkehrer Matthäus investiert wurden, bedeuteten zwar einen neuen Bundesligarekord, der Status der Bayern an der internationalen Fußballbörse war indes nach wie vor nicht der eines Big Players. Der Sparmeister Hoeneß fand es beruhigend, dass ein großer Teil der Ausgaben durch neuerliche Verkäufe an die mit Millionen gestopften Italiener abgedeckt werden konnte – für Stefan Effenberg und Brian Laudrup legte der AC Florenz insgesamt 17,5 Mio. DM auf den Tisch –, doch ansonsten verfolgte er die Entwicklung mit gemischten Gefühlen. Je mehr er von dem investitionsfreudigen Duo Beckenbauer/Rummenigge ins Abseits gestellt zu werden drohte, desto schwerer fiel es ihm, wie sonst immer vom Spaß zu sprechen, den er beim Meistern schwieriger Situationen empfinde. Der sonst stets vor Energie strotzende Macher wirkte auf einmal gar nicht mehr frisch und tatkräftig. Er wurde krank.
    »Uli Hoeneß in Lebensgefahr«, schlagzeilte die »AZ«, als der angeschlagene Manager am 24. August 1992 zur Notoperation ins Krankenhaus musste. Die Zeitungen spekulierten über Magen- und Zwölffingerdarmgeschwür, gar über Krebs. Es war aber der Dickdarm. »Ich hatte über Nacht wahnsinnige Schmerzen bekommen«, berichtete er. »Ein Divertikel, eine Ausbuchtung im Dickdarm, ist aufgebrochen. Am Abend hatte ich 40,5 Grad Fieber. Weil die Schmerzen dann unerträglich wurden und eine Bauchfellentzündung hinzukam, musste um Mitternacht operiert werden. Der Eingriff war gefährlich, dauerte eine Stunde. Es war wohl allerhöchste Eisenbahn.« Die »Bild«-Zeitung spekulierte: »Die schlimme Saison machte ihn krank«, und die »AZ« sprach davon, dass der Körper sich »gerächt« habe: »Der Ärger, die Hektik, der Stress der vergangenen Monate, die Arbeit mit den Millionentransfers waren wohl zu viel.« Der Bayern-Manager nahm acht Kilo ab und musste im November, diesmal wegen eines als Folge der ersten OP aufgetretenen Dünndarmverschlusses, nochmals in den Operationssaal. Wie 1982, als er den Absturz der Piper überlebt

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