Das Prinzip Uli Hoeneß
die anderen Bayern-Granden an sie stellten.
Hoeneß wäre nicht Hoeneß, wenn er einer solch deprimierenden Analyse zustimmen würde. An der Tatsache, dass man seit dem Champions-League-Gewinn 2001 auf europäischer Ebene an Boden verloren hatte, kam freilich auch er nicht vorbei. Mittlerweile, gab er zu, fehle dem FC Bayern ein »Quäntchen an internationaler Reputation«.
Aufbruchstimmung und böses Erwachen
Am Ende der Ära Magath zeigte sich einmal mehr die enorme Schnelllebigkeit des Fußballgeschäfts. Als die zweite souveräne Meisterschaft in Folge feststand, beschied Uli Hoeneß die Kritiker, die von drohender Bundesliga-Langeweile sprachen, mit der rotzigen Replik: »Unser Ziel ist es nicht, die Liga spannend zu gestalten.« Wenig später, nachdem die Bayern in der neuen Saison 2006/07 blamabel in die Rückrunde gestartet und auf Rang vier zurückgefallen waren, war sie schon wieder spannend und die Zeit von Trainer Magath abgelaufen. Die »SZ« rechnete die Panik-Kalkulation der Bayern vor, die den Trainerwechsel provoziert hatte: »Drohender Champions-League-K.o. gegen Real Madrid + drohender Verlust des Champions-League-Platzes für 2007/2008 + daran gekoppelter Wertverlust des Spielerkaders + reduzierte Werbeeinnahmen = plusminus 50 Millionen Euro.«
Magaths Vorgänger und nun auch Nachfolger Ottmar Hitzfeld startete mit einem katastrophalen 0:3 beim 1. FC Nürnberg, was Uli Hoeneß nun aber nicht mehr frustrierte, sondern zum Trotz provozierte. »Ich habe am Samstag zu meiner Frau in der Sauna gesagt: ›Ich spüre so eine Wut in mir‹«, berichtete er über das häusliche Geschehen nach der Blamage. »Wenn man mal so Dritter oder Vierter ist, merkt man, wo die Freunde sind. Wir werden in den nächsten zwölf Monaten richtig Gas geben. Ich spüre so eine Aufbruchstimmung – das wird interessant.«
Der große Aufbruch ließ jedoch auf sich warten. Hitzfeld schaffte zwar im Champions-League-Achtelfinale das Weiterkommen gegen Real Madrid, konnte aber das Ausscheiden gegen den AC Mailand im Viertelfinale nicht verhindern. Hoeneß’ Äußerungen wurden nun spärlicher. Ende April, nach einem 0:2 beim späteren Meister in Stuttgart, stapfte er einmal mehr wortlos aus dem Stadion. Ihm war die Lust darauf vergangen, eine verkorkste Saison schönzureden oder Fragen zu beantworten wie die, warum er keinen adäquaten Nachfolger für Michael Ballack verpflichtet habe. Am Ende reichte es in der Bundesliga lediglich zu einem vierten Platz – der bedeutete, dass die Bayern erstmals seit 1995 nur im UEFA-Cup antreten durften statt in der Champions League. Die Konkurrenz lächelte mitleidig, und Hoeneß grollte. »Wenn Werder Bremen im Halbfinale (des UEFA-Cups, d.V.) steht, dann flippen in Deutschland alle mit grün-weißer Unterwäsche total aus. Und wenn der FC Bayern da spielt, ist es der Verlierer-Cup.« Offensichtlich hatte er verdrängt, dass es einst der »Kaiser« gewesen war, der anlässlich des letzten Aufenthaltes der Bayern in der »2. Liga Europas« das seitdem geflügelte Wort erfunden hatte. Die neue Wortschöpfung, die nun der Bayern-Spieler Mark von Bommel zu dem Thema beisteuerte, war ebenso respektlos, klang aber immerhin etwas verspielter: »Fiat-Punto-Clio-Cup«.
Hoeneß ertrug die Zurückstufung nur schwer und schwor sich, dass das nicht lange so bleiben würde. Die in der Sauna verspürte Aufbruchstimmung materialisierte sich nun im Vorfeld der neuen Saison 2007/08 in einer völlig neuen Bayern-Strategie: Hoeneß, der sich erst vor Kurzem ein neues, großes Anwesen am Tegernsee zugelegt hatte, zeigte nun auch als Manager Freude am Geldausgeben und plünderte das dicke Festgeldkonto der Bayern. »Wir waren vielleicht an der einen oder anderen Stelle zu vorsichtig und nicht bereit, ein bisschen mehr zu riskieren und auch das nötige Geld zu investieren«, räumte er voll ungewohnter Selbstkritik ein. Die Einkäufer von der Säbener Straße gingen auf große Auslandstour und holten mit dem italienischen Weltmeister Luca Toni sowie dem französischen Dribbler Franck Ribéry zwei Spieler von erwiesenem Weltklasse-niveau. Der Druck im Wettstreit mit Europas Besten, zeigte sich Hoeneß nun überzeugt, hatte keine andere Möglichkeit mehr zugelassen. Auf den Weg all der anderen Zocker und Schuldenmacher sei man aber trotz der Rieseninvestition von über 82 Mio. Euro nicht geraten, betonte er, der FC Bayern spiele das Spiel der Maßlosigkeit nach wie vor nicht mit. »Wir sind nicht
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