Das Prometheus Mosaik - Thriller
konnte ihm antworten.
»Nein, ich kannte sie nicht. Ich habe lediglich ihren Namen gehört, zweimal in den vergangenen Tagen, und …« Sie räusperte sich, spürte, wie ihr Gesicht sich ganz kurz zu einer Grimasse verzog, woraufhin sie zum Seitenfenster hinaus in den Nieselregen sah.
»Was ich Ihnen jetzt erzählen werde, klingt völlig verrückt«, setzte sie noch einmal an.
»An verrückte Dinge gewöhne ich mich allmählich«, sagte er. »Nur zu.«
Sara räusperte sich. Dann setzte sie mit Worten zusammen, was sie bislang wusste oder zumindest zu wissen glaubte. Die Vorgeschichte, wie sie Paul kennengelernt hatte, ließ sie weg. Sie begann mit dem Abend, an dem sie mit ihm geschlafen hatte – allerdings verriet sie auch das nicht. Sie hatte Pauls Wohnung eben verlassen, basta. Und dann …
»… wollte ich gerade die Tür hinter mir zumachen, als drinnen das Telefon klingelte. Paul ging nicht ran, er hat einen festen Schlaf, der Glückliche …« Sie biss sich auf die Zunge. Du dumme Kuh!
Lassing reagierte nicht, weder mit einer Frage noch mit einem anzüglichen Blick. Entweder hatte er das kleine Geheimnis hinter diesen Worten nicht entdeckt, oder er war einfach taktvoll.
»Und dann?«, wollte er wissen.
»Dann schaltete sich der Anrufbeantworter ein, und ich konnte hören, wer da aufs Band sprach. Eine Frau, die sich als Katharina Lassing vorstellte.«
Diese Eröffnung veranlasste Theo immerhin zu einem erstaunten Blick.
»Meine Mutter hat diesen … Paul Finn angerufen? Warum? Was wollte sie von ihm?«
»Das weiß ich nicht.«
»Das wissen Sie nicht?« Seine Hände krampften sich ums Lenkrad. »Sie müssen doch gehört haben, was sie gesagt hat!«
»Das habe ich eben nicht. Ich bin gegangen. Ich kannte keine Katharina Lassing. Ich dachte, dass sei nur wieder jemand, der Paul, den ›Hellseher‹, um Hilfe bitten wollte. Sie können sich gar nicht vorstellen, wie viele Leute seine Nummer herausgefunden und angerufen haben, weil sie ihn für …«, sie hob die Hände, »… weiß Gott wen oder was halten.«
»Wann war das?«, hakte Lassing ein.
»Vor knapp vier Tagen. Am Abend des siebten«, antwortete sie, ein bisschen kleinlaut. Diese Rechnung hatte sie eben schon angestellt.
»Und meine Mutter starb am Morgen des achten Aprils.« Er schluckte, sah sie an. »Dann hat sie Paul also in der Nacht ihres … Todes angerufen.«
Sara registrierte sein kurzes Zögern, ging aber erst einmal darüber hinweg.
»Ja«, sagte sie.
Als er sie mit einem Blick und einer Geste zum Weiterreden auffordern wollte, hob sie die Hand; er verstand und schaute wieder nach vorn, während sie fortfuhr.
»Paul meldete sich bei mir, nachdem eine andere Frau Kontakt zu ihm aufgenommen hatte. Eine gewisse Roxane Fortier – die Frau, die uns auf dem Friedhof …« Sie formte Zeigefinger und Daumen zu einer ›Pistole‹. Wieder wollte Lassing einhaken, doch sie kam ihm zuvor: »Dazu komme ich gleich. Lassen Sie mich der Reihe nach erzählen – sonst blicke ich selbst nicht mehr durch.«
Als ob sie überhaupt durchblicken würde …
»Diese Roxane Fortier behauptete, sie sei Pauls leibliche Mutter. Und eine Frau namens Katharina Lassing hätte ihn entführt, als er noch ein kleines Kind war.«
Jetzt konnte Theo nicht mehr an sich halten. »Was?«, schrie er. »Aber … das ist doch völliger Unsinn!« Er klappte den Mund zu, atmete tief durch. »Na schön. Der Reihe nach … ja, gut. Also … spätestens da musste Paul Ihnen gegenüber doch den Namen meiner Mutter erwähnt und Ihnen von ihrem Anruf erzählt haben. Oder?«
»Nein, der Name Katharina Lassing fiel erst, als wir uns mit der fremden Frau trafen. Und die Verbindungen werden auch mir erst langsam klar.«
Das war gelogen, zumindest aber übertrieben. Klar war nämlich gar nichts. Im Gegenteil, mit jedem Stückchen Information, das hinzukam, trübte sich das Ganze noch mehr ein.
»Sie haben sich also mit dieser … Fortier getroffen. Was ist dann passiert?«
»Ja, das war heute Mittag. Wir setzten uns vor ein Café und …« Sara musste sich zwingen, nicht hilflos die Hände zu heben. Sie wollte sich keine Blöße geben, wollte sich selbst nicht eingestehen, wie sehr dies alles sie überforderte oder wenigstens ihr Begriffsvermögen überstieg. Sie sortierte ihre Gedanken, versuchte, so etwas wie Ordnung in die Fakten zu bringen – ob sie nun stimmten oder nicht, stand auf einem anderen Blatt und tat derzeit nichts zur Sache.
Tief durchatmen, so wie er
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