Das Puppenzimmer - Roman
Garten?«
Ich nickte. Dass ich ins Labyrinth gehen wollte, musste ich ihr ja nicht verraten.
»Und mit wem möchtest du picknicken? Etwa mit deiner kleinen Freundin aus der Küche?« Ihr Lachen war so silbrig wie abscheulich. »Sie hat euer nächtliches Abenteuer vergessen, und dich dazu. Du wirst nicht viel Freude an ihr haben.«
Ich biss mir nur auf die Zunge und nicht auf die Lippe, wo Violet es hätte sehen können, und verzog keine Miene, als ich sagte: »Ich werde den zweiten Platz für Blanche decken. Ich hatte sie sehr gerne, und wenn sie noch da wäre, würde sie mich selbstverständlich bis zum Schluss begleiten. Ich will es ihr zu Ehren besonders schön machen, und dann will ich da sitzen und so tun, als wäre sie bei mir.«
Einen Moment lang hatte ich Angst, Violet würde mich als kindisch schelten, doch das tat sie nicht. Ihr Gesicht war ernst, als sie sagte: »Du bist eine Träumerin, Florence.« Aus dem Mund einer Fee klang das nicht wie eine Beleidigung – es war ein Lob. »Selbst wenn du dich entschieden hättest, ein Mensch zu bleiben, wärst du immer ein Freund der Feen gewesen, weil deine Träume kostbar sind und vielfarbig. Wenn du es auf deine Weise machen möchtest, dann mach es auf deine Weise. Ich werde dir nicht im Weg stehen.«
»Und die Sachen?«, fragte ich. »Was ich für das Picknick brauche – kann ich einfach mit einer Liste zu Mrs. Arden gehen und sie fragen, ob ich das alles haben darf, oder hört die nur auf Sie und Mr. Molyneux?«
Ich hoffte, dass Violet selbst die Sache in die Hand nehmen würde. Mrs. Arden war von den Feen verzaubert, seit ich sie kannte, und sie wiederzutreffen war nicht ganz so ein schmerzhaftes Erlebnis, wie in Lucys stumpfe Augen zu blicken, aber ich machte lieber einen Bogen um das ganze Personal, seit ich Bescheid wusste. Doch Violet schüttelte den Kopf und sagte: »Du kannst dich darauf berufen, dass ich es dir erlaubt habe. Aber um die Sachen kümmern musst du dich schon selbst. Ob du am Ende Mrs. Arden oder der Köchin erklärst, was du zu essen und trinken gedenkst, musst du selbst entscheiden. Nur den Feenwein, den bekommst du von mir.«
»Danke«, sagte ich und knickste so selbstverständlich, als ob mir gerade die Königin persönlich ihre Gunst erwiesen hätte – und ich wusste, dass die Zeit der Masken bald vorbei sein würde. Diesmal würde ich mich von Mrs. Arden nicht einschüchtern lassen. Als sie mich das letzte Mal gescholten und mich herumkommandiert hatte wie ein dummes kleines Ding, war ich noch kaum mehr als ein Zimmermädchen oder jedes andere Mitglied des Personals. Jetzt konnte ich ihr Anweisungen geben – ob ich nun morgen zur Fee wurde oder heute, konnte sie nicht erkennen, so oder so gehörte ich zu den Herrschaften.
Ich wusste genau, was ich wollte: kleine Pasteten, die nicht alles vollkrümelten, sondern die man mit zwei, drei Bissen – zwei für Alan, drei für mich – essen konnte. Süße Törtchen, die aussehen sollten wie von der Herzkönigin persönlich gebacken. Und Sandwiches. Ich wollte Sandwiches. Von allem nicht zu viel – es sollte nach einem symbolischen Picknick aussehen, bei dem der zweite Gast nur im Geiste anwesend war, und nicht wie ein Festmahl, an dem sich zwei Personen satt essen sollten. Es war ein doppeltes Spiel, das ich spielte, aber ich wusste, es war besser, wenn ich es direkt unter Violets Augen organisierte, als mir die Sachen heimlich zusammenzuklauben, nur um dann am Ende in den Irrgarten verfolgt und zusammen mit Alan ertappt zu werden.
Aber wenn ich eines gelernt hatte in meiner Zeit unter Feen, dann, eine Rolle zu spielen, den Schein zu wahren und die Wahrheit zu verschleiern. So schöpfte auch niemand Verdacht, was meine Vorbereitungen anging – bis mich Violet zu sich rufen ließ. Mrs. Arden hatte gepetzt.
»Mir ist etwas zu Ohren gekommen, das mir zu denken gibt«, sagte die Herrin des Hauses mit strenger Stimme. »Ich weiß, dass du der einzige Gast deines Picknicks sein wirst – aber ich höre, du möchtest zwei Flaschen Wein mitnehmen?«
Ich starrte auf meine Füße. »Sie sagten, ich kann haben, was ich will. Ich habe Mrs. Arden erklärt, dass alles mit Ihnen abgesprochen ist. Wieso ist sie dann noch einmal zu Ihnen gekommen?« Ich fühlte mich verraten, nicht ernst genommen, ausspioniert.
»Sie hat mir die Liste vorgelegt, um sicherzugehen, dass ich wirklich mein Einverständnis dazu gegeben habe«, erwiderte Violet ruhig. »Aber Florence, zwei Flaschen Wein? Ich
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