Das Rätsel der Templer - Roman
mir hier angekommen ist, mein Leben verdanke, weil
sie mich in bewusstlosem Zustand aufgenommen und dafür gesorgt hat, dass ich ins Diesseits zurückkehren konnte, so solltet
Ihr mir Glauben schenken.«
»Ach!«, schnaubte Richard. »Und warum konnte man keinen Boten senden, der uns die Angst und die Unsicherheit genommen hätte.
Immerhin |551| trägt dein Schwert das Wappen unserer Familie. Und es gibt wohl niemanden im Umkreis von zehn Meilen, der uns nicht kennt?
Oder warst du weiter entfernt?«
»Nein«, sagte Gero ehrlich.
Seinem Vater stieg Zornesröte ins Gesicht. »Du verweigerst mir also den Respekt, indem du mich hier vor deinen Kameraden zum
Narren halten willst?«
»Habe ich Euch je die Unwahrheit gesagt?«
Richard zögerte einen Augenblick. »Nein«, sagte er knapp, während sich seine Lider verengten. »Und doch solltest du etwas
zu deiner Rechtfertigung vorbringen! Wer ist denn Anselmo de Caillou? Wieso kenne ich weder diesen Kerl noch seine Schwester?«
»Er ist erst vor kurzem in diese Gegend gekommen«, antwortete Gero wahrheitsgemäß. »Er ist ein freier Händler aus dem Süden
der deutschen Lande.«
Geros Vater ließ nicht nach. »Und wie erklärst du mir, was im Hemmenroder Wald vor sich gegangen ist?«
»Ich kann Euch nicht sagen, was mir genau widerfahren ist«, erklärte Gero mit einer leichten Ungeduld in der Stimme. »Es war
wie ein böser Traum. Wir sind überfallen worden. Von Lombarden.« Er sah abwechselnd von Struan zu Johan, die ihn nicht weniger
erwartungsvoll anschauten als sein Vater. »Meine beiden Kameraden hier können es Euch bezeugen. Und nachdem wir uns zur Wehr
gesetzt hatten, habe ich versucht, Matthäus in Sicherheit zu bringen, doch dann kam ein Sturm auf, und etwas traf meinen Kopf.«
Wie zum Beweis neigte er sein Haupt und zeigte seinem Vater die verschorfte Wunde, die mit wenigen Stichen genäht worden war
und bereits zu heilen begann. »Wenn ich erklären sollte, was danach geschehen ist, würde es meine Glaubwürdigkeit nur noch
mehr in Frage stellen.«
»Ich war dort, im Saalholz«, erwiderte Richard tonlos. »Und deine Kameraden haben mit angesehen, wie du mitsamt deinem Knappen
und einer riesigen Lichtung verschwunden bist. Also erzähl uns keine Ammengeschichten!«
Gero riss überrascht die Augen auf. Wusste sein Vater etwas Näheres über sein Verschwinden? Rasch gewann er die Überzeugung,
dass ein solcher Gedanke ziemlich abwegig war. Aber er kannte die Geschichte |552| des Mönchs von Heisterbach. Was wäre, wenn er versuchen würde, seinen Vater von deren Wahrheitsgehalt zu überzeugen? Vielleicht
glaubte er ihm dann, und er konnte das Haupt von Heisterbach getrost unerwähnt lassen.
»Und?«
Aufgebracht schritt Richard an Gero vorbei zum offenen Fenster und sog die kühle Herbstluft ein. Dann wandte er sich erneut
seinem Sohn zu. »Wenn du es nicht selbst gesehen hast, solltest du einmal hin reiten und es dir anschauen! Die ganze Lichtung
ist fort. Jeder Baum, jeder Strauch. Bis auf drei Fuß hinab in den Grund ist das Erdreich verschwunden, und das auf einer
Fläche von einem Morgen Land. Kannst du mir erklären, wie so etwas möglich ist?«
»Nein«, antwortete Gero ehrlich. »Aber heißt es nicht, dass dort der Teufel sein Unwesen treibt?«
»Ja, gewiss«, sagte Richard und verfiel in ein leises, sarkastisches Lachen, bevor er sich in einen der umstehenden Scherenstühle
setzte. »Das heißt es.« Mit seiner verbliebenen Hand nahm er einen Rosenkranz auf, der auf einem Beistelltischchen lag, und
ließ schweigend die schwarzen Perlen durch seine Finger gleiten. »Hat er dich entsandt?«
»Der Teufel?«
»Du Narr«, zischte Richard. »Henri d’Our.«
»Wie kommt Ihr darauf?« Gero spürte wie sein Mund trocken wurde.
Richards Blick fiel auf Struan MacDoughaill, und dann wechselte er ins Franzische, damit der Schotte auch verstand, was er
sagte. »Dein schottischer Kamerad hier hat mir erzählt, ihr wolltet nach Heisterbach, um dort einen Auftrag zu erfüllen. Habe
ich recht?«
Geros entsetzter Blick fiel auf Struan. »Verdammt, Struan, ich hab dir vertraut!«, stieß er verärgert hervor.
»Es ist anders, als du denkst«, rechtfertigte sich Struan und sah hilfesuchend Geros Vater an.
Richard von Breydenbach fixierte seinen Sohn mit schmalen Lidern. »Ihn trifft keine Schuld. In Wahrheit bin ich es, der sich
schuldig fühlen müsste. Ich wusste seit langen darum, dass das Haupt der
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