Das Rätsel der Templer - Roman
Notwehr«, brüllte Anselm außer sich vor Empörung.« Er hatte genug verstanden, um zu wissen, was ihm bevorstand.
»Erteilt ihm eine Lektion!«, herrschte Gislingham einen der umstehenden Soldaten an.
Im Nu wurde Anselm gepackt und auf den Boden geworfen, wo ihn zwei der Soldaten niederhielten, während ihn zwei andere mit
Fußtritten und Peitschenhieben traktierten. Sein ersticktes Röcheln wurde von einem Aufschrei der Frauen begleitet.
»Also was ist?« Guy de Gislingham sah ungerührt auf Gero herab.
Gero erfasste blitzschnell, dass es für den Mann aus der Zukunft |726| kaum noch eine Rettung gab. Die Satteltaschen an Anselms Wallach waren jedoch unberührt.
»Wenn Ihr mir schwört, Sire, bei allem, was Euch heilig ist, den Frauen und dem Jungen die Freiheit zu schenken und sie mit
ihren Pferden ziehen zu lassen, werden wir uns ergeben.« Er hatte Gislingham bewusst mit der geforderten Anrede angesprochen,
weil er ihn nicht weiter provozieren wollte.
»Ich schwöre«, erwiderte Gislingham mit einem hässlichen Grinsen.
Eigentlich hätte Gero gewarnt sein sollen. Es gab nichts, was ein noch so spärliches Vertrauen in den falschen Bruder gerechtfertigt
hätte.
Doch was blieb ihm übrig?
Mit einer gewissen Beruhigung registrierte er, dass Gislingham dem Jungen die Fesseln abnehmen ließ und ihn auf Anselms Wallach
in Richtung Wäldchen schickte.
Bald darauf erschien d’Our in Begleitung des Boten. Diese Prozedur wiederholte sich noch zweimal mit Hannah und Freya, die
gegen Stefano und Arnaud ausgetauscht wurden. Als letzter kam Johan hinzu.
Wie die Frauen und der Junge mit ihrer neu gewonnen Freiheit umgingen, konnten Gero und seine verbliebenen Kameraden nicht
mehr sehen. Zusammen mit Anselm, dem man so heftig zugesetzt hatte, dass er fortwährend leise stöhnte, wurden sie auf die
Festung gebracht, wo man sie in den Donjon des Fort du Coudrey warf.
Völlig erstarrt ließ Anselm es geschehen, dass ihm ein grobschlächtiger Schmied an Hand und Fußgelenke eiserne Armbänder anlegte.
Durch deren zusammengeführten Ösen zog der Mann jeweils eine passende Kette hindurch. Dann schmiedete er die glühenden Enden
mit Hilfe eines Hammers und eines Meißels unter kräftigen Schlägen mit einem weiteren Ring zusammen, der in die Wand eingelassen
war. So angekettet, war es kaum möglich, sich mehr als einen halben Meter weit von den kalten Mauern wegzubewegen. Das bedeutete
auch, dass man seine Notdurft vor Ort verrichten musste, weil wiederum nur ein Schmied diese Verbindung zu lösen vermochte.
Sprachlos wanderte Anselms Blick über die dicken Mauern, an denen die weltberühmten Graffiti der Templer noch fehlten.
|727| Es dämmerte bereits, als die beschlagene Eingangstür des Donjons sich von neuem unter einem gotterbärmlichen Quietschen auftat.
Gero stöhnte vor Entsetzen, als zwei fleischige Hände Hannah, Freya und auch die schmächtige Gestalt von Matthäus in den kahlen
Kerker stießen. Man hatte ihnen also doch nicht die Freiheit gewährt. Wenigstens verzichtete man bei den harmlos erscheinenden
Gefangenen auf eine eiserne Fesselung. Schwach wie sie waren, konnten sie ohnehin nichts anrichten, was zu einer Befreiung
der Männer geführt hätte.
Mit einem erstickten Schrei stürzte Freya auf Johan zu, der mit angezogenen Beinen und einem verwirrten Blick in einer Ecke
hockte, nachdem er aus einem kurzen, gnadenvollen Schlaf erwacht war. Doch bevor sich einer der Brüder über das unehrenhafte
Verhalten Guy de Gislinghams aufregen konnte, wurden sie unversehens mit einem weiteren Unglück konfrontiert.
Die Tür ging zum zweiten Mal auf, und drei kräftige Soldaten schleiften einen athletisch anmutenden Mann herbei. Wie einen
erlegten Tierkadaver warfen sie seinen blutüberströmten, halbnackten Körper auf die Steine.
Mit lautem Krachen flog die Tür zurück ins Schloss und wurde von außen verriegelt. Es dauerte einen Moment, bis die Gefangenen
erkannten, dass es sich bei dem reglosen Mann um Struan handelte.
»Beim Allmächtigen, diese Teufel!«, schrie Gero dumpf. Vergeblich legte er sich in die massiven Ketten.
Noch bevor Hannah sich um Gero kümmern konnte, fiel sie vor dem Schotten auf die Knie. Freya kam ihr zur Hilfe. Vorsichtig
drehten sie den Schwerverletzten auf den Rücken. Seine Schulter war von einem Armbrustpfeil durchbohrt worden, wie Freya bemerkte,
während sie die schartenartige Wunde betastete. Zudem hatte man ihn offenbar
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