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Das Rätsel Sigma

Das Rätsel Sigma

Titel: Das Rätsel Sigma Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karl-Heinz Tuschel
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Bank gesessen und gegrübelt und dann den Einfall gehabt hatte und daraufhin rein gewohnheitsmäßig in das statistische Amt gegangen war? Das hätte doch wohl zu lächerlich geklungen!
    „Warum also?“ fragte der Leutnant.
    Herbert sagte es nun doch. Sollte der doch damit anfangen, was er wollte.
    „Gut“, sagte der Leutnant. „Dann halte ich Ihnen jetzt folgendes vor. Erstens: Sie sind Leiter des mathematischen Büros, aber in einer medizinischen Angelegenheit eingesetzt. Zweitens: Sie kommen vom Kreiskrankenhaus hierher, um etwas zu erledigen, was Sie dort hätten auch tun können. Drittens: Sie formulieren Ihren Text in einer gar nicht IVN-gerechten Weise, aber Ihrem Ausweis nach haben Sie dieses Jahr schon fünfzig Millisekunden verbraucht, sind also ein erfahrener Benutzer. Viertens: Sie versuchen die Operatorin auszufragen. Ist das alles zusammen nicht ein wenig merkwürdig?“
    Jetzt wurde Herbert wirklich ärgerlich. „Darf ich auch mal etwas fragen?“
    „Bitte“, sagte der Leutnant großzügig.
    „Wann bekomme ich nun die Antwort auf meine Anfrage? Ich bin ja nicht zum Spaß hier.“
    Der Leutnant zog die Augenbrauen zusammen, beherrschte sich aber. „Können Sie sich nicht denken, daß wir auch nicht zu unserem Spaß hier sind?“ fragte er.
    „Das schon“, sagte Herbert, „aber Sie fragen mich jetzt zum erstenmal, was ich denke. Und ich denke zum Beispiel, wenn Sie Zweifel haben über meine Identität oder diese Krankheit, dann könnten Sie zum Beispiel im Kreiskrankenhaus anrufen und Frau Doktor Baatz verlangen.“
    „Wer ist das? Die behandelnde Ärztin?“
    „Die Beauftragte des Ministeriums für Gesundheitswesen, die seit heute mittag in Neuenwalde ist.“
    Der Leutnant blickte den Meister an, der nickte und ging hinaus. Ist das nun ein besonders gerissener Bursche, der sich naiv stellt, dachte der Leutnant, oder stimmt die Sache wirklich, und er ist tatsächlich so ein zerstreuter Wissenschaftler, der sich auf eine Parkbank setzt, um nachzudenken, und dann spontan losläuft, einfach einer Gewohnheit folgend? Der Leutnant neigte zu der zweiten Möglichkeit, weil er sich sagte, daß ein Agent sich wohl etwas besser vorbereitet hätte.
    Der Meister kam wieder und berichtete triumphierend: „Eine Frau Doktor Baatz gibt es im Kreiskrankenhaus nicht!“
    Der Leutnant runzelte die Stirn. Das paßte ja nun in keine der beiden Varianten. Oder…
    „Wen haben Sie denn gefragt, Genosse Meister?“
    „Die Zentrale.“
    „Dann lassen Sie sich das Vorzimmer des Chefarztes geben und fragen Sie nicht nach Frau Doktor Baatz, sondern nach der Beauftragten des Ministeriums!“ sagte der Leutnant.
    Der Meister wurde puterrot und ging ohne ein Wort hinaus. Während sie warteten, wurden zweimal Zettel hereingereicht, die der Leutnant mit ausdruckslosem Gesicht las und dann beiseite legte. Endlich kam der Meister wieder und sagte kurz: „Angaben bestätigt.“
    „Gut“, sagte der Leutnant, „dann veranlassen Sie gleich, daß die Kollegin ins Kreiskrankenhaus gebracht wird.“ Und zu Herbert gewandt, fuhr er fort: „Ich muß mich wohl bei Ihnen entschuldigen, Genosse Inspektor, aber die Bedeutung des IVN und die Notwendigkeit der Absicherung kennen Sie ja selbst. Und nun stellen Sie sich vor, da wird eine Kollegin in ihrer Koje im tiefen, festen Schlaf gefunden, und gleich nebenan, in der Nachbarkoje, stellt jemand eine Anfrage, die den Eindruck erwecken soll, als gäbe es eine solche Krankheit, und dieser jemand fragt seine Operatorin aus und gibt Antworten, die voller Widersprüche stecken, worauf hätten Sie da getippt?“
    „Fälle dieser Art haben Sie wohl nicht allzu oft?“ fragte Herbert erleichtert lachend. „Und was hat Sie nun von meiner Unschuld überzeugt. Die Auskunft vom Kreiskrankenhaus?“
    „Nein, schon vorher“, antwortete der Leutnant und reichte ihm einen Zettel. „Die Antwort auf Ihre Anfrage, die inzwischen gekommen ist!“
    Die Antwort elektrisierte Herbert: In einem Krankenhaus im Bezirk Karl-Marx-Stadt lag seit gestern abend ein schwedischer Tourist mit den gleichen Symptomen.
    „Ist das wichtig?“ fragte der Leutnant, der jetzt alles Dienstliche abgelegt hatte und wie ein neugieriger Junge wirkte.
    „Sehr!“ sagte Herbert kurz. Aber dann merkte er plötzlich, daß sie anscheinend jetzt die Rollen vertauscht hatten. Das belustigte ihn und stimmte ihn versöhnlich, und er setzte hinzu: „So wichtig, daß ich gleich dahinterhaken muß. Der Laden hier läuft doch nun

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