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Das Regenmaedchen

Das Regenmaedchen

Titel: Das Regenmaedchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabi Kreslehner
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Bisschen
merkwürdig, wenn du mich fragst. Mehr kann ich dir aber nicht sagen.«
    »Sind sie noch da?«
    » Wer?«
    »Na, diese Familie.« Nur mühsam verbarg Herz seine
Ungeduld.
    »Nein«, sagte der Sanitäter. »Die haben sich vom Acker
gemacht, sobald wir übernommen hatten. Warum?«
    »Und du hast dir nicht zufällig die Autonummer gemerkt,
dass wir sie noch irgendwo erwischen?«
    Kurz war es still in der Leitung, Herz konnte das
Erstaunen des Sanitäters durchs Telefon spüren. »Nein«, kam es dann
langgezogen. »Hätte ich sollen? Warum?«
    »Egal«, sagte Herz leichthin, seufzte aber innerlich.
»Nicht so wichtig. Ich hatte nur gerne eine Beschreibung dieses Mannes gehabt.
Denkst du, meine Kollegin wird ihn beschreiben können?«
    Kurzes Zögern in der Leitung. »Also, so wie die mit Kotzen
und Kollabieren beschäftigt gewesen sein wird, glaube ich kaum, dass sie ihn
richtig wahrgenommen hat. Tut mir leid.«
    »Okay«, sagte Herz. »Das habe ich befürchtet. Kann man
nichts machen. Aber danke. Bis gleich. Hast was gut bei mir, lass ich dich
nächstes Mal gewinnen.« Der Sanitäter lachte, Felix war nicht nach Lachen
zumute. Ein Mann, der unerkannt bleiben wollte? Ausgerechnet auf diesem
Rastplatz? Er würde Arthur nach Zigarettenstummeln Ausschau halten lassen.
     
    Er war gefahren. Sie würde in guten Händen sein. Alles war
getan. Er konnte nicht länger bleiben.
     
    Sie sah nicht so schlimm aus, wie er erwartet hatte,
lächelte tapfer. »Tut mir leid, Felix«, sagte sie. »Ich kann es dir jetzt nicht
erklären. Morgen.«
    Er brachte sie nach Hause.
    Max war im Garten, hatte wieder einmal den Grill
angeworfen, sofort verspürte Felix Hunger und blickte auf die Uhr. Es war spät,
Abendbrotzeit vorbei, und er hatte nicht einmal zu Mittag gegessen.
    Die Männer begrüßten sich freundschaftlich. »Hast du
Hunger?«, fragte Max. »Es ist genug da. Hier, fang!«
    Er warf ihm eine Flasche Bier zu, die Felix geschickt
auffing und an der Kante des eisernen Abstelltischchens öffnete.
    »Ich geh ins Bett«, sagte Franza und wunderte sich in
einem weit entfernten Teil ihres Gehirns darüber, dass Max gar nicht
eifersüchtig auf Felix zu sein schien, vergaß es aber gleich wieder. »Ich muss
schlafen.«
    Sie ging zum Haus, spürte, wie die Erschöpfung ihre
Glieder zu Plastilin werden ließ, fühlte sich wie eine gelenklose Puppe, spürte
Max' und Felix' Augen in ihrem Rücken.
    »Dieser Fall«, hörte sie Max murmeln, »nimmt euch ganz
schön mit, was?«
    »Ja«, antwortete Felix. »Das kann man so sagen.«
    Sie rastete ein bisschen auf der Bank an der Terrassentür.
Der Duft des Grillguts war betörend, sie spürte, wie wenig sie im Magen hatte
und dass sie trotzdem nichts essen konnte. »Hast du was von Ben gehört?«
    Max schüttelte den Kopf. »Sie macht sich Sorgen um ihren
erwachsenen Sohn«, sagte er und schaute Felix an. »Weil er Urlaub macht und
sein Leben genießt und vergessen hat, sie anzurufen.«
    Er lachte. »Pass bloß auf, wenn deine Kinder erwachsen
sind!« Ach, Max, dachte Franza und schaute hoch, du weißt nichts, gar nichts.
Der Himmel spannte sich immer noch blau, aber die Sonne war milde geworden.
»Bis morgen«, sagte sie leise vor sich hin und streichelte mit der Hand über
Winnie the Pooh, der in ihrer Tasche steckte. Wie weit entfernt, dachte sie,
bin ich noch vom Abgrund? In der Dusche spürte sie der Lücke nach, die in ihrem
Gedächtnis klaffte, sie wusste nicht genau, über welchen Zeitraum sie sich
spannte, sie trug nur noch den Nachhall einer großen Angst in sich, eines
eisigen Hauchs, der plötzlich ihren Nacken gestreift hatte. Dann eine Stimme,
die ihr bekannt vorkam, ein Geruch, der Schatten eines Mannes, ein Gesicht an
ihrem, doch nicht erkennbar aus der Tiefe, in die sie gesunken war. Tatsächlich
war sie nicht gestorben. Tatsächlich fand sie sich daheim in ihrem Wohnzimmer
wieder, mitten in all diesen vertrauten Dingen, die ihr Leben ausmachten. Nicht einmal jetzt waren sie ihr fremd,
wo doch alles sonst in Frage stand. Das gab ihr ein bisschen Hoffnung, offenbar
konnte man immer auf so etwas wie Beständigkeit hoffen, auf Symbole und
Rituale, die selbst dann nicht verschwanden, wenn alles auseinanderbrach, alles
zerfloss. Die Männer im Garten redeten über Fußball, darüber, dass das Länderspiel
am Sonntag in die Hosen gehen würde. Felix erzählte von seinen Zahnschmerzen
und dass Angelika ihn des Ehebettes verweisen würde, wenn er zu viel Knoblauch
in den Schlund

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