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Das Reich der Elben 01

Das Reich der Elben 01

Titel: Das Reich der Elben 01 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alfred Bekker
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bestätigte Andir und nickte, »und es fällt mir schwer, darüber zu sprechen, denn in gewisser Weise verrate ich damit meinen Bruder. Wir haben uns nämlich geschworen, über gewisse Dinge nie mit anderen zu reden. Aber das Band zwischen uns ist zerrissen, und ich kann nun nicht mehr schweigen.«
»Du kannst mir alles sagen, Andir.«
Und so berichtete Andir erstmals von den Geschehnissen während der Bootsfahrt – davon, wie sie beinahe nach Naranduin gelangt waren, und dass Andir die vollkommen schwarzen Augen seines Bruders gesehen hatte.
Keandir versetzten die Worte seines Sohnes einen Stich. Alles Verschweigen und Verdrängen half nun nichts mehr. Auch wenn Andir noch sehr jung war, Keandir musste ihm die Wahrheit sagen. Der König hatte das Gefühl, dass sein Sohn sie ohnehin bereits instinktiv erahnte.
»Damals, als ihr in der Halle des Gedenkens miteinander gekämpft habt…«, begann Keandir mit belegter Stimme zu sprechen, sprach den Satz aber nicht zu Ende.
»… da habe ich dasselbe in Magolas’ Augen gesehen«, vollendete Andir für ihn. »Er sagte mir damals, er könne die Magie in den Zauberstäben wecken, wenn ich ihm dabei helfen würde.«
»Und das hast du verweigert?«
»Ja. Darum ging es bei dem Streit.«
»Magolas war damals ein Kind und ist es immer noch«, sagte Keandir. »Genau wie du. Und selbst würdet ihr beide über eine außergewöhnlich große magische Begabung verfügen, ihr wärt mit Sicherheit zu schwach gewesen, Magolas’ Plan in die Tat umzusetzen.« Der König sagte dies zwar an Andir gerichtet, aber er ahnte, dass er in Wirklichkeit sich selbst damit etwas einreden wollte.
»Es ist nicht zum Versuch gekommen«, sagte Andir. »Daher weiß ich nicht, ob es tatsächlich möglich gewesen wäre. Nur eines ist gewiss: In Magolas ist sehr viel von einer dunklen Kraft.«
Der König sah seinen Sohn offen an. »Diese Kraft ist auch in mir«, bekannte er. »Und es ist durchaus möglich, dass diese dunklen Schatten in Wahrheit nichts Fremdes sind, was von
außen unsere reinen Seelen befleckte. Ich glaube viel eher, dass diese Dunkelheit in Wahrheit in der Seele jedes Elben schlummert und nur wachgerufen werden muss.«
Andir wich einen Schritt vor seinem Vater zurück. Er schluckte schwer und sagte schließlich: »Ich bin mir sicher, dass diese Theorie auf mich nicht zutrifft!«
»Wirklich? Hast du dich in den wenigen Sommern, die du schon lebst, bereits so genau erforschen können, dass du dies mit Sicherheit zu sagen vermagst? Ich hätte das in deinem Alter nicht gekonnt.«
»In mir ist nichts von jener Dunkelheit, die ich in Magolas’ Augen sah!«, wehrte Andir heftig ab.
»Ich wünsche dir von Herzen, dass es so ist, mein Sohn. Aber vielleicht wirst du diesen dunklen Kern eines Tages doch entdecken, und dann wirst du dich ihm stellen und die Schatten in dir beherrschen müssen.«
»Ist es wahr, dass der Schlüssel zu all diesen Dingen auf Naranduin zu finden ist?«, fragte Andir nach kurzem Schweigen. »Müssen Magolas und ich vielleicht tatsächlich eines Tages zu dieser Insel segeln, um die Schatten in uns zu besiegen?«
»Nein«, sagte Keandir mit Bestimmtheit. »Dort würdet ihr nichts finden als ein paar primitive Ouroungour und die Überreste eines Schicksals und eine Magie, für die in der neuen Zeit kein Platz mehr ist.«
Andir dachte nach. Er blickte aus einem der Fenster hinaus auf das Meer. »So seid Ihr sicher, dass Magolas nicht dem Bösen verfallen ist, Vater?«
»Ich bin mir so sicher, wie ich mir bei mir selbst sicher sein kann«, erwiderte er.
Noch am selben Tag ordnete Keandir an, dass die beiden Zauberstäbe des Augenlosen Sehers aus der Halle des Gedenkens entfernt und in ein tiefes Verlies unter dem Burgfried von Elbenhaven gebracht wurden, dass ursprünglich als geheime Schatzkammer geplant worden war. Dort ließ er die Stäbe einschließen.
Als Magolas dies bemerkte, suchte er sofort seinen Vater auf.
»Was ist der Grund dafür, dass Ihr die Symbole unseren neuen Reiches einschließt, sodass niemand sie sehen kann?«, rief er aufgebracht.
Keandir suchte nach einer geeigneten Antwort, die den Zorn des Jungen vielleicht zu dämpfen vermochte. »Vielleicht ist es die Anziehungskraft, die diese Gegenstände auf dich ausüben, mein Sohn. Vielleicht auch die Sorge, dass die Zauberstäbe nicht nur das Symbol unseres neuen Reiches sein könnten, sondern genauso das Zeichen deines Fluchs, der seit den Geschehnissen auf Naranduin auf uns lastet.«
Magolas sah seinen Vater

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