Das Reich der Traeume
ihn, aber er ist ein Feigling und hat mich im Stich gelassen. Deswegen habe ich geweint. Weil ich mich an ihn erinnert habe.«
»Das tut mir leid. Wenn ich das gewusst hätte, hätte ich dich nicht danach gefragt.«
»Ich hoffe, dass dein Vater nicht so feige ist. Wenn er meine Mutter verlässt oder ihr wehtut, bringe ich ihn um, das schwöre ich dir! Sie hat sehr gelitten, als mein Vater fortgegangen ist. Sie bekam eine schwere Depression deswegen â doch meinetwegen hat sie es geschafft, sie zu überwinden, sie wollte mich nicht allein zurücklassen.«
»Weià dein Vater, dass du wieder gesund geworden bist? Hast du ihn danach noch mal gesehen?«
»Er glaubt wahrscheinlich, ich sei tot. Nein, ich habe ihn nicht wiedergesehen. Und ich will es auch nicht. Ich werde ihm nie verzeihen, dass er einfach so abgehauen ist. Als mein Vater hätte er bis zum Schluss bei mir bleiben müssen. Ein Vater darf sein Kind nicht alleine lassen, wenn es im Sterben liegt. Wer so etwas tut, ist ein Feigling! Ich hoffe, du bist anders.«
»So etwas würde ich niemals fertigbringen!«
Ich sehe, dass Metáfora wieder Tränen in die Augen treten. Ich würde gerne etwas Tröstliches sagen, aber ich spüre, dass es besser ist, den Mund zu halten. Stattdessen nehme ich sie in die Arme und drücke sie fest an mich, während sie haltlos schluchzt.
Ich glaube, jetzt verstehe ich langsam, warum sie mich immer so kühl behandelt hat, fast von oben herab. Ich hoffe sie wird irgendwann lernen, dass sie mir vertrauen kann und ich sie niemals fallen lassen würde. Und ich werde mich mehr darum bemühen, dass sie sich bei mir sicher fühlt.
V
Eine Hexe wird gerettet
N achdem Arturo und CrispÃn tagelang ziellos umhergewandert waren, lichtete sich der dichte Nebel, der sie in den letzten Stunden eingehüllt hatte, und sie fanden sich nahe einem groÃen Marktflecken wieder.
Während sie durch die StraÃen gingen, bemerkten sie, dass die Menschen, die ihnen entgegenkamen, ihre besten Kleider angelegt hatten und sehr ausgelassen waren.
»Sieht so aus, als würde hier gerade ein Fest gefeiert«, bemerkte CrispÃn. »Besser für uns. So können wir wieder zu Kräften kommen. Bestimmt werden wir jemanden treffen, der bereit ist, zwei müden Reisenden zu helfen.«
»Ich hoffe, dass uns hier jemand sagen kann, was Onirax ist und wie man dahinkommt.«
»Zerbrich dir darüber nicht den Kopf. Vielleicht hatte die Botschaft gar keinen Sinn.«
»Das kann nicht sein! Die Buchstaben bewegen sich nicht grundlos. Ich muss diesen Ort finden.«
»Oder die Person â¦Â«
»Oder was auch immer.«
Je näher sie der Ortsmitte kamen, desto gröÃer wurde der Lärm. Menschen lachten und tanzten und alle schienen unterwegs zu einem fröhlichen Fest zu sein.
»Gute Frau, könnt Ihr uns sagen, wohin all diese Leute gehen?«, fragte CrispÃn eine junge Frau mit einem Kind auf dem Arm.
»Auf den Marktplatz, heute gibt es ein Schauspiel«, war die Antwort.
»Wahrscheinlich sind Komödianten in der Stadt. Lass uns auch hingehen«, schlug CrispÃn vor. »Etwas Zerstreuung wird uns guttun.«
Aus irgendeinem Grund teilte Arturo seine Freude nicht. Er vermutete, dass so viel Fröhlichkeit nicht nur auf die Anwesenheit einer Schauspieltruppe zurückzuführen war. Es musste noch irgendeinen anderen Grund geben.
Sie lieÃen sich mit der Menge zum Marktplatz treiben, der schon voller Menschen war. Arturos ungutes Gefühl blieb. Mehrmals fragte er nach einem Ort namens Onirax, doch niemand konnte ihm genauere Auskunft geben.
Plötzlich schmetterten die Trompeten und sofort kehrte Stille ein. Aller Augen waren auf die Mitte des Platzes gerichtet, wo ein Scheiterhaufen errichtet worden war.
»Eine Hexe soll verbrannt werden«, erklärte ihnen ein alter Mann. »Sie ist beim Hexen erwischt worden. Angeblich hat sie den Gemeindevorsteher in ein Huhn verwandelt!«
»Eine Hexe? Wird man sie bei lebendigem Leibe verbrennen?«, fragte Arturo, die Hand gegen seine Brust gepresst. Er verspürte einen leichten Druck. »Ist sie wirklich eine Hexe?«
»Klar! Man hat sie auf frischer Tat ertappt und in den Kerker geworfen. Und jetzt muss sie für ihre Hexereien büÃen«, antwortete der Alte. »Es heiÃt, sie hat schreckliche Dinge getan.«
»Hat das jemand gesehen?«, fragte
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