Das Roemische Imperium
es ihr, indem er sie 59 seinerseits aus Angst vor ihren Machtgelüsten umbringen ließ und auch sonst vor politischem Mord nicht zurückschreckte. Trotz einiger außenpolitischer Erfolge eskalierte der Konflikt mit dem Senat, der Neros Prunksucht und Schuldenwirtschaft missbilligte. Obwohl der Kaiser beim Ausbruch des großen Brandes von Rom im Jahr 64 in Antium kurte, wurde dem Möchtegern-Dichter und -Sänger die Brandstiftung und der Tod zahlloser Bürger angelastet. Doch erst als selbst die Prätorianer den Despoten fallen ließen, war Nero 68 am Ende und gab sich selbst den Tod.
Ganzfigur des unreifen Jünglings Nero (um 50 n. Chr.). Diese Unreife verließ ihn auch als Kaiser nicht. Er gierte nach Beifall, war bar allen Mitleids, verlor unter den Schmeicheleien der Höflinge jede Selbstkritik und litt in seiner scheinbaren Allmacht unter wachsendem Realitätsverlust
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(c) Interfoto, München
Zeitgemäß brutal
Der Brand, die Christen und der kaiserliche Prunk
Dass Nero beim Ausbruch des verheerenden Brandes in Rom 64 sozusagen ein Alibi hatte, konnte die Gerüchtmaschine nicht stoppen. Er hatte ja seine Leute, allen voran Gaius Ofonius Tigellinus, den seit 62 amtierenden skrupellosen Prätorianerpräfekten. Der würde schon dafür gesorgt haben, dass die kaiserliche Weisung zur Brandstiftung unauffällig ausgeführt wurde. Dass ein Herrscher sofort an den Ort einer derartigen Katastrophe eilt, ist eigentlich selbstverständlich, doch Nero wurde auch dies als Schuldeingeständnis ausgelegt, zumal er das Geschehen vom Maecenas-Turm aus fasziniert beobachtet und dabei begeistert Verse vom Untergang Trojas rezitiert haben soll. Man traute ihm zu, dass er die Hauptstadt abfackeln ließ, damit er sich als Erbauer einer neuen profilieren und sie womöglich auch noch nach sich benennen lassen konnte. Dass er sich ein großes Areal für seinen gigantischen neuen Palast (siehe Kasten) reservierte, nährte den Verdacht weiter.
Menschliche Fackeln
Und dass er sogleich Schuldige für den Brand präsentierte, machte ebenfalls stutzig: Die „Christen“ sollten die Feuerteufel gewesen sein, eine kleine Sekte aus dem Osten, aufgebaut von zwei wortgewaltigen jüdischen Männern namens Paulus und Petrus und inzwischen mehrere Tausend Mitglieder stark. Nun gibt es Berichte, dass viele Christen Geständnisse abgelegt hätten, keineswegs nur solche, die unter der Folter erpresst worden waren. Manche dieser religiösen Eiferer sahen augenscheinlich im Feuer ein Flammzeichen dafür, dass ihr Gott Christus nun bald zum Jüngsten Gericht erscheinen werde und dass alles Irdische mithin ohnedies eitel sei und der Verdammnis anheimfallen werde. Insofern ist es zumindest problematisch von einer auf Rom beschränkten Christenverfolgung unter Nero zu sprechen, auch wenn viele Menschen zeitgemäß brutal hingerichtet wurden; einige ließ man als Pech-Fackeln in den öffentlichen Gärten verbrennen, andere im Circus von Hunden zerreißen, wieder andere kreuzigen. Nach christlicher Überlieferung sollen auch die beiden genannten Gemeindeführer oder Apostel (= Sendboten Gottes) Opfer der kaiserlichen Justiz geworden sein.
Goldenes Haus
Der Name
„domus aurea“
für Neros Palast-Neubau war nicht übertrieben: Im „Goldenen Haus“ wurde an nichts gespart. Die Anlage bedeckte eine Fläche von fünfzig Hektar. Die Vorderseite des eigentlichen Palastes bildete ein rund 300 Meter langer Säulengang bis zu der Stelle, wo heute die Ruine des Kolosseums steht. Hier ließ Nero einen künstlichen See anlegen. Dahinter betrat man ein weitläufiges Garten- und Parkgelände. Die Innenräume des 210 mal 50 Meter großen Palastgebäudes prunkten mit Gold, edlen Steinen und Muschel-Schmuck. Die Wände schmückten Gemälde des Stuckmalers Famulus, im Volksmund wegen seiner fantastischen Motive
„Fabulus“
genannt. Ein achteckiger Speisesaal soll ein drehbares Gewölbe mit Tag- und Nachthimmel gehabt haben, die Decken anderer Speiseräume waren mit Elfenbeinplatten getäfelt. Sie ließen sich zum Einwurf von Blumenregen oder zum Verströmen von Duftwolken öffnen. Frischwasser ließ Nero durch einen Abzweig von der Aqua Claudia seiner Residenz zuleiten. Eine Besonderheit im Palast waren Becken mit Meerwasser oder mit Wasser der Albulaquellen zwanzig Kilometer östlich von Rom. Nero nämlich litt an einer Hautkrankheit: „Sein Körper war mit Flecken bedeckt und übelriechend“, heißt es bei Sueton. Meerwasser wirkte da lindernd, und die
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