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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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denke, wir haben uns verstanden, Lady Joanna.“
     
    „Diese blöde Kuh!“ Zum zweiten Mal an diesem Tag lief Eloïse aufgeregt auf und ab und sah zu Joanna, die in einem Sessel saß und ins Feuer starrte. „Wie kannst du so ruhig bleiben, Joanna?“, fragte sie ihre Freundin. „Amira will dich erpressen.“
    Joanna wandte den Kopf zu ihr. „Es gefällt mir auch nicht. Allerdings wissen wir jetzt, dass mein Verdacht richtig ist: Amira hat etwas zu verbergen!“
    Eloïse nickte und ließ sich in den Sessel neben ihr fallen. „Aber was ist ihr Plan? Victorian zu vergiften, würde sich doch erst lohnen, wenn sie seine Ehefrau ist, oder besser noch, wenn er den Titel geerbt hat.“
    „Tja, darauf habe ich auch noch keine Antwort“, gab Joanna zu. „Auch wenn sie ihn nicht liebt, er bringt ihr nur Vorteile: Reichtum, Macht, Titel. Es gibt im gesamten Königreich keine bessere Partie als Victorian!“ Sie schüttelte den Kopf und stand auf. „Eines hingegen weiß ich leider vollkommen sicher: Auf die Männer können wir uns dieses Mal nicht verlassen, nicht einmal auf Galad.“ Joanna fasste Eloïse, die sich ebenfalls erhoben hatte, an den Händen. „Wir beide müssen sehr vorsichtig sein und Amira in Sicherheit wiegen. Vielleicht findest du heraus, was sie im Schilde führt, wenn du nächste Woche mir ihr und Victorian nach Coldhill fährst.“
     

27
     
    Coldhill, Februar
     
    Die Sonnenstrahlen brachten die weiße Winterlandschaft zum Glitzern, und Eloïse legte schützend die Hand vor ihre Augen. Sie hatten vor wenigen Stunden in einem Dorf ihre Kutsche gegen zwei Pferdeschlitten getauscht, da hier oben im Parnea-Gebirge immer noch Schnee lag. In der Ferne erkannte Eloïse die Gipfel der Gebirgskette und konnte das Gefühl von Heimat nicht unterdrücken. Erst jetzt wurde ihr klar, wie sehr sie die Berge und vor allem ihre Familie vermisst hatte. Schnaubend zogen die Pferde die beiden Schlitten weiter die Passstraße hinauf. Spätestens am Nachmittag würden sie Coldhill erreichen. Eloïse kuschelte sich in die Felle und Decken. Es war gut, wenn sie bald ankamen, denn die Reise mit Amira war kein Vergnügen gewesen. Sie hatten sich beide mit ausgesuchter Höflichkeit behandelt, doch Eloïse wusste, dass Victorians Verlobte ihr genauso viel Sympathie entgegenbrachte wie sie ihr. Nur Victorian schien von den unterschwelligen Feindseligkeiten nichts zu bemerken. Er war überglücklich, dass sie sich scheinbar so gut verstanden.
    Und so atmete Eloïse erleichtert auf, als sie am frühen Nachmittag Coldhill erreichten. Ihre Familie stand bereits vor dem Haus und erwartete sie: ihr Vater, ein Mann mit braunem Vollbart und ebenso schlank und hochgewachsen wie sie und ihr Bruder, ihre Mutter, blond und rundlich, und Korin, der die gleichen grauen Augen besaß wie sie selbst und dessen hellbraunes Haar offen um seinen Kopf wehte. Kaum hatte ihr der Kutscher aus dem Schlitten geholfen, rannte Eloïse auf ihre Eltern und ihren Bruder zu. Sie flog ihrer Mutter in die Arme, dann begrüßte sie ihren Vater und Korin ebenfalls mit einer innigen Umarmung. Sie war glücklich, alle wiederzusehen, und froh, dass ihre Eltern ihr den Verkleidungstrick nicht weiter übel nahmen.
    „Eloïse“, sagte ihre Mutter schließlich, „möchtest du uns deine Begleitung nicht vorstellen?“
    Eloïse wandte sich um. Vor lauter Willkommensfreude hatte sie Amira und Victorian vergessen. Die beiden standen ein wenig abseits, während der Kutscher die Reisekisten und die Säcke mit dem Saatgut vom Gepäckschlitten ablud und ins Haus trug. Victorian lächelte sie freundlich an, während Amira unverhohlen das Haus musterte.
    Schlagartig verflog Eloïses gute Stimmung. Coldhill war keine Burg, nicht mal eine kleine Festung. Es war ein schlichtes, zweigeschossiges Wohngebäude aus Stein. Keine Türme, keine mit Zinnen besetzte Mauer und keine prunkvolle Fassade. Hinter dem Herrenhaus befanden sich Stallungen, Lager- und Wirtschaftshäuser sowie drei Gästehäuser, die nun mangels Reisenden alle leer standen. Und auch das Dorf, das sich direkt daran anschloss, war mehr oder weniger verwaist. Zwar war einer ihrer Vorfahren vor knapp hundert Jahren geadelt worden und durfte seitdem den Titel des Barons führen, doch letztendlich waren sie nur Zöllner im Dienste des Königs. Seufzend besann sich Eloïse auf ihre Aufgabe. „Das sind Victorian, der Erbe des Dukes of Walraven, und Lady Amira, seine Verlobte.“
    Ihre Eltern und ihr Bruder

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