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Das rote Band

Das rote Band

Titel: Das rote Band Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dana Graham
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und ein Teil von ihm hatte bei jedem Wort mehr jubiliert. Wenn Ian sich mit Joanna überwarf und die Burg verließ, bevor der König zurückkam, dann bestände die kleine, hauchfeine Chance, dass er – entgegen aller Wahrscheinlichkeit – doch noch …
    „Jake!“
    Jake zuckte zusammen. Er musste unbewusst gelächelt haben, und Galad hatte sofort erraten, was er dachte. Augenblicklich schämte er sich, denn es war nur ein Teil von ihm, der sich freute, der andere war wie immer voll Schuldgefühle.
    „Was hat es mit dieser Sache zwischen dir und Ronen auf sich?“, fragte Galad in einem Tonfall, der deutlich machte, er würde keine Ausflüchte dulden.
    Jake sah auf den Boden. „Ronen weiß, dass Joanna nicht mehr unberührt ist, und er hat mir angeboten, sie im Zweifelsfall zu heiraten.“
    „Mein Gott, Jake!“ Galad erblasste. „Und du hast zugestimmt?“
    „Ich hatte nur Joannas Wohl und Ehre im Blick.“
    „Du meinst deine eigenen Vorteile? Streite es nicht ab, ich habe eben deinen Gesichtsausdruck gesehen!“
    Jake wand sich in seinem Stuhl. „Vielleicht auch das“, gab er zu.
    „Und dieser Dummkopf von Ronen hatte nichts Besseres zu tun, als prompt zu Ian zu laufen und es ihm zu erzählen?“ Galad fegte ein Buch von seinem Schreibtisch. „Ich wundere mich, wie Ian das alles aushält, ohne verrückt zu werden! Er arbeitet Tag und Nacht für dich – mehr als Adamo es jemals tat, er lässt sich von allen Seiten erniedrigen, und er hütet unser Geheimnis. Und zum Dank erfährt er, dass du, ohne mit der Wimper zu zucken, eingewilligt hast, Joanna seinem Bruder zur Frau zu geben, obwohl du sie ihm versprochen hast!“ Angewidert schüttelte Galad den Kopf. „Mir reicht es. Gute Nacht, Jake.“
    Jake sprang auf. „Galad?“
    „Keine Sorge, ich bleibe in Greystone, denn ich halte meine Versprechen – im Gegensatz zu manch anderem hier.“
    „Ich … ich entschuldige mich bei Ian“, versuchte Jake einzulenken.
    „Eine Entschuldigung ist nicht ausreichend, darüber haben wir lange genug gesprochen!“ Galad schnaubte. „Bekomm deine eigenen Gefühle in den Griff und kläre die Sache! Das wäre zur Abwechslung weniger enttäuschend.“
    Galad ging aus dem Zimmer, und Jake ließ sich stöhnend in den Sessel fallen. Sein Freund hatte mit seinen Vorwürfen recht, aber es gelang ihm einfach nicht, über seinen Schatten zu springen. Galad konnte das nicht nachvollziehen, vielleicht, weil er kein erstgeborener Sohn war. Jake rieb sich die Stirn. Er musste endlich offen und vernünftig mit Ian reden. Doch daran scheiterte er, wie Ian richtig bemerkt hatte, seit eineinhalb Jahren.
     
    Am nächsten Morgen betrat Jake als einer der Ersten die große Halle und hielt unauffällig nach Ian Ausschau. Er hatte schlecht geschlafen und noch schlimmer – alleine. Wenn er Galads Wohlwollen zurückgewinnen wollte, musste er schnellstens das Gespräch mit Ian suchen. Gähnend setzte er sich an einen leeren Tisch in der Ecke des Saales und nahm sich eine Scheibe Brot. Er hatte sich ein, zwei Dinge überlegt, wie er Ian zukünftig behandeln wollte, um eine solche Auseinandersetzung wie gestern zu vermeiden. Appetitlos biss er in sein Brot und beobachtete die Eingangstür. Aber Ian erschien nicht, genauso wenig wie Joanna oder Galad. Was für ein grandioser Start in den Tag !
    Kurz darauf stieg Jake den Treppenturm hinauf zu Ians Zimmer. Ian hatte heute Morgen keinen Unterricht und schlief vermutlich einfach länger. Es war ihm sowieso lieber, ihre Unterhaltung ohne Zuschauer zu führen. Er klopfte an und wartete. Da keine Antwort kam, öffnete er die Tür. „Ian? Bist du da?“ Er sah sich um, doch das Zimmer war leer. Jake seufzte und schlug den Weg Richtung Waffenhalle ein. Dort angekommen, spähte er durch die offen stehende Tür und musste unwillkürlich lächeln: Ian saß schreibend am Tisch. Ein Schreibtisch in einer Waffenhalle, so etwas konnte auch nur Ian einfallen! Jake wollte gerade hineingehen, als sich jemand hinter ihm räusperte. Er drehte sich um und sah zu seiner Überraschung Malcolm, den jungen Schmied aus dem Dorf, der auch die anfallenden Arbeiten auf Greystone übernahm.
    „Guten Morgen, Mylord.“ Der rothaarige Mann verbeugte sich.
    „Sei gegrüßt, Malcolm. Was führt dich auf die Burg?“
    „Nun, der neue Fechtmeister bat mich her, um mit mir die Waffen in der Waffenkammer durchzusehen. Viele sind alt, und er wollte mit mir besprechen, bei welchen sich eine Reparatur lohne, bevor ich neue

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