Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
Vom Netzwerk:
Schwester?«
    »Ich bin seine Frau.«
    »Aha«, sagte Hector grinsend und leckte sich die Lippen.
    »Laßt sie sprechen!« meinte Patrick.
    »Kommst du im Auftrag der Clan-Chefs?« fragte Galus.
    Agnes schüttelte den Kopf. Sie sah scheu auf Corvay. Er hing mit starrem Blick in seinem Korbsessel. Die Schander verließen das tiefer liegende Gelände. Die meisten waren bereits im Wald auf dem Eichberg verschwunden.
    »Wer schickt dich dann?« wollte Hector wissen.
    »Niemand. Ich wollte nur sagen, daß mein Mann mit dem großen Fremden gesprochen hat. Mit dem Weltlichen, der neulich hier war.«
    »Und?«
    »Er ist nicht böse. Und er könnte uns helfen.«
    »Moment mal!« sagte Patrick und hob die Hände. »Schlägst du uns etwa vor, daß wir die Mauer dort wieder einreißen und den Überlebenden von unten hier ins Sakriversum lassen sollen?«
    Agnes sah Patrick in die Augen.
    »Ja«, sagte sie fest.
    Corvays Berater sahen sich an - zuerst kopfschüttelnd, dann immer nachdenklicher.
    »Und wie sollen wir ihn finden?« fragte Galus vorsichtig.
    »Lello ist bereits unterwegs zu ihm.«
    »Lello? Wer hat dir das gesagt?«
    Sie schlug die Augen nieder.
    »Ich habe ihn geschickt!«
    Corvays Berater hielten den Atem an.
    »Er war völlig verzweifelt, weil er etwas Gutes gewollt und etwas Furchtbares getan hat. Er war es, der die Schleusen an den Zisternen öffnete, um die trockenen Felder zu bewässern. Er konnte nicht wissen, wie stark der Wasserdruck ist, wenn die Schieber erst einmal oben sind.«
    Patrick, Hector, Galus und Jan kamen nach kurzer Beratung zu dem Entschluß, den Vorschlag von Agnes anzunehmen. Nur Menennery Luck war dagegen.
    »Verräter!« keifte er. »Ihr werdet alle hängen, wenn König Corvay sich erholt hat.«
    »Laßt ihn herein!« sagte Corvay mit unbewegtem Gesichtsausdruck. »Das Mädchen hat recht. Wenn uns noch irgend jemand helfen kann, dann er!«
    Patrick steckte zwei Finger in den Mund und stieß einen gellenden Pfiff aus. Die Bankerts fuhren zusammen.
    »Befehl von König Corvay!« rief Patrick laut. »Besondere Umstände führen zu besonderer Einsicht. Die Mauer am Fenster wird sofort wieder eingerissen! Beeilt euch, Männer! Es geht um Leben und Tod!«
    »Na los, was gafft ihr noch?« brüllte Hector. Er rannte an den verwirrten Leuten vorbei zur Mauer. Mit einem gewaltigen Schmiedehammer kletterte er auf die Gerüste.
    Selbst Corvay raffte sich auf. Er taumelte. Patrick und Jan mußten ihn stützen. Er schüttelte sie ab.
    »Gebt mir den schwersten Hammer, den ihr findet!« befahl er heiser.

25. KAPITEL
    Der goldene Vogel jagte in doppelter Kirchturmhöhe über das weite, leere Land. Er folgte dem Lauf bleigrauer Flußbänder, an deren Ufern nichts mehr wuchs. Die Hügel an den Seiten wirkten wie die Stellen im Osten des Sakriversums, an denen Bleichlaugen, scharfe Säuren und giftige Abgase die Gewölbebögen unfruchtbar gemacht hatten.
    Aasberge!
    Die Häuser der Weltlichen waren nicht mehr in Städte und Dörfer abgegrenzt. Sie hatten sich wie steinerne Schuppenflechten immer weiter über die Hügel und durch die Wälder gefressen.
    Guntram entdeckte schlierig schillernde Seen, armselige Baumgruppen mit gerupften Zweigen und rostbraun verkarstete Landstriche, wo einmal grüne Wiesen und blühende Felder gewesen sein mußten.
    Immer wieder strichen Gruppen von gigantischen Bauwerken unter ihm entlang. Sie wirkten wie häßliche, schmucklose Zerrbilder der Kathedrale.
    Dem toten Land folgten hohe Berge. Auf ihrer Südseite sah es nicht anders aus. Und dann erblickte er zum erstenmal einen Ozean. Weiter südlich begann eine endlose, unbelebte Wüste. Nur hin und wieder leuchteten grüne Flecken aus der gelbbraunen Einöde. Guntram verlangsamte mehrmals den Flug und ging tiefer. Er segelte in Wipfelhöhe über unbekannte Bäume, aber auch hier entdeckte er kein Leben.
    Stunde um Stunde überflog er den riesigen Kontinent von Norden nach Süden. Noch zweimal ging er tiefer - einmal in einem weiten, menschenleer wirkenden Urwaldgebiet. Er hatte Hütten entdeckt, doch auch in dieser Abgeschiedenheit konnte er kein Gedankenraunen von Menschen spüren. Beim zweitenmal suchte er über einer Küstenstadt nach Überlebenden. Hier mußten auch noch andere Waffen eingesetzt worden sein.
    Die Stadt war eine einzige Ruinenlandschaft.
    Über dem offenen Meer zog Guntram die Flugmaschine höher. Er stieg so hoch, daß der Himmel über ihm dunkelblau und dann schwarz wurde. Jetzt konnte er deutlich die

Weitere Kostenlose Bücher