Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
Vom Netzwerk:
sich besorgt über sein Kinn. Was wollte Galus bei dem Mann, dessen Familie die Arbeiten der Doktores, Schlachter, Abdecker und Seifensieder im Dorf ausführte?
    »Habt ihr etwas dagegen, wenn ich mich bei den Seilern umsehe?« fragte Jan. Er kam mit einem Weidenstecken aus den Büschen. Im Gehen schnitzte er am grünen Holz herum. Wie zufällig schlenderte in diesem Augenblick Lello mit drei Schander -Mädchen am Buch-Heim über die Dorfstraße. Sie trugen Decken, Wollzeug und Kästchen, die an den Seiten Rauchspuren aufwiesen.
    »Hallo, Patrick«, rief Lello munter. »Ist König Corvay schon auf?«
    »Was soll diese Frage?«
    »Wir wollen ihm Geschenke bringen ...«
    Patrick spürte, wie sich ganz langsam sein Magen zusammenzog. Die Pfeife schmeckte ihm nicht mehr. Er klopfte sie am Holz der Rundbank aus.
    Die Mädchen kicherten. Sie warteten, bis Lello die Schultern hob und eine Grimasse schnitt. Patrick starrte ihnen mit zusammengekniffenen Augen nach.
    »Du machst ein Gesicht, als ob du einen doppelten Schulterwurf verpatzt hättest«, lachte Hector gutmütig. Patrick nickte kaum merklich.
    »Sag mal ... ist dir irgend etwas aufgefallen? Ich meine, seit heute morgen?«
    Hector schob die Unterlippe vor.
    »Die Schander «, sagte er dann.
    »Was ist mit ihnen?«
    »Sie sind ... nun ja, sie sind nicht mehr so verschlossen wie in den letzten Tagen. Mann, Patrick, mach nicht so ein Gesicht! Die waren doch vollkommen fertig nach dem Aufstieg. Hast du vergessen, daß sie schon in den Kellern halbverhungert ausgesehen haben? Kräftige Suppe, Heilkräuter, ausreichend Schlaf und das Gefühl, wieder zu Hause zu sein - das war es, was sie wieder aufgerichtet hat!«
    Patrick starrte Hector fassungslos an. So hatte der ehemalige Ringer noch nie geredet!
    »Ist dir nicht gut?« fragte Hector besorgt. Patrick stand auf. Er mußte sich am Stamm der Linde festhalten.
    »Ich muß zu Corvay!« keuchte er. »Nein ... zuerst zu Lello ...«
    Hector zog den Gürtel um seinen aus bunten Decken grob zusammengenähten Kittel strammer. Er sah ziemlich verwegen aus in seiner Kombination aus abgenutzten, hellbraunen Theaterstiefeln, ausgefransten Pluderhosen und den grobgewebten Decken. Die meisten Bankerts hatten noch am Vorabend im See gebadet und sich dann mit dem eingekleidet, was sie in den Häusern fanden. Dabei waren sie nicht gerade modebewußt gewesen.
    Als Patrick an Hector vorbeigehen wollte, streckte der einen Arm aus.
    »Laß Corvay in Ruhe!« sagte der ehemalige Ringer. »Der hat jetzt eine Menge mit sich selbst abzumachen!«
    »Woher willst du das wissen?«
    »Er war heute nacht hier draußen. Als alle schliefen, bin ich plötzlich durch ein Geräusch aufgewacht. Corvay muß auch etwas gehört haben!«
    »Und?«
    »Die Clan-Chefs haben sich heimlich im alten Haus getroffen, aber sie waren nicht allein. Ich habe gesehen, wie Corvay einen von ihnen in den Graben zog und in seinen Mantel schlüpfte.«
    »Unmöglich! Corvay ist doch viel größer als ...«
    »Er war mal Schauspieler!«
    Patrick preßte die Lippen zusammen.
    »Dieser verdammte Fuchs! Jetzt weiß er wieder mehr als wir!«
    »Du bist ein kluger Bursche, Patrick! Aber einer ist noch pfiffiger ...«
    »Wen meinst du?«
    »Lello«, sagte Hector. »Der war nämlich auch dabei ...«

26. KAPITEL
    Goetz folgte den Ausschlägen des Geigerzählers. Er hatte den Strahlendetektor direkt an die Buchsen seiner Helm-Kopfhörer angeschlossen.
    Er fand es makaber, daß er mit zunehmendem Abstand von der Katastrophennacht immer vorsichtiger wurde. Am zweiundvierzigsten Tag danach war er noch fast ohne jeden Schutz mit dem Gabelstapler bis zur Kathedrale gerumpelt. Jetzt - acht Tage später - saß er in einem vorsintflutlich wirkenden, glänzenden Schutzanzug mit dicken Gelenkwülsten auf einem Motor-Kultivator.
    Die kleine Maschine stammte aus dem vorigen Jahrhundert. Sie besaß einen Benzinmotor und rasselte auf Kettengliedern über Schutt und Straßenaufbrüche. Er hatte sie eingefettet und in Folie verschweißt im Vorratskeller entdeckt.
    In der vergangenen Nacht waren die letzten automatischen Systeme der zerstörten Zivilisation endgültig ausgefallen. Nicht einmal die Reservestromkreise für die Archiv-Monitoren funktionierten noch. Damit war ein weiteres Kapitel beendet.
    Während er den Kultivator aus der Altstadt in die viel stärker zerstörten neuen Stadtgebiete steuerte, fragte sich Goetz, was wohl geschehen würde, wenn erst die Tanks mit Säuren, Giften und Gasen

Weitere Kostenlose Bücher