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Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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wenigsten seiner Leute wußten, was damals wirklich geschehen war ...
    *
    Seit Stunden rauschte Regen auf das hohe Dach der Kathedrale. Er saugte auch den letzten Rest von Wärme aus den Mauern, spülte ihn nach unten. Die klamme, feuchte Dunkelheit unter der Nordseite des Daches wurde nur an einigen Stellen durch spärliche Feuer in den Hügeln aufgehellt.
    Dort, wo die aus Steinbrocken aufgeschichteten Terrassenmauern an die immer wieder vergeblichen Versuche der Bankerts erinnerten, sich wie die Bevorzugten auf der anderen Seite eine eigene Siedlung zu bauen, loderte das größte Feuer.
    Karge, verkümmerte Pflanzen, die auch ohne viel Licht existieren konnten, bedeckten in unregelmäßigen Flecken den steinigen Boden. An mehreren Stellen unterhalb der Teufelsmauer wurden roh errichtete und niemals fertiggestellte Steinhütten sichtbar. Sie waren nicht viel mehr als Vorbauten an den Eingängen dunkler Höhlen.
    Vier Männer hockten schweigend und in löchrige Decken gehüllt um das große Feuer. Sie starrten wortlos in die knisternden Flammen. Der Regen rauschte und manchmal sprühte es feucht über ihre Köpfe.
    Neben dem Feuer stapelten sich Abfälle und Müll, der nicht aus der Kathedrale stammte. Kleine Konservendosen, ausgequetschte Tuben, Tierknochen und verbogene Metallreste undefinierbarer Herkunft lagen überall verstreut herum.
    »Clochard müßte man sein!« seufzte schließlich einer der Männer am Feuer. »Die dürfen wenigstens noch betteln ...«
    »Hast du bisher etwas anderes getan?« fragte einer, auf dessen kahlem Wasserkopf sich die Flammen spiegelten.
    »Du hast gut reden, Galus«, antwortete der erste. »Du sitzt hier oben und läßt dich von uns aushalten! Warst du denn jemals unten? Kannst du dir überhaupt vorstellen, wie hart und seelenlos die Weltlichen geworden sind? Ja, früher einmal ...«
    »Früher waren wir auch schon Mißgeburten«, sagte der dritte mit einem Kopfnicken. »Aber da fiel immer eine Münze, ein Stück Brot oder ein Becher Wein für Menschen unserer Art ab!«
    »Du mußt es wissen, Hector«, sagte der Wasserköpfige sarkastisch. »Du hast doch jahrelang ganz gut gelebt mit deinen Auftritten als Catcher, Ringer und zwergenhafter Kraftprotz!«
    »Was soll das heißen?« fauchte der Mann mit dem Dschingis-Khan-Bart. Er hatte ebenfalls einen kahlen Schädel, doch sein Kopf wirkte eckig und nicht so nach oben breiter werdend wie der von Galus.
    »Hört auf!« befahl der Mann, der sich die ganze Zeit zurückgehalten hatte. Er war größer und massiver gebaut als die anderen am Feuer. Außerdem war er besser gekleidet, sein Vollbart war gestutzt und seine Fingernägel sauber.
    »Hört, hört, jetzt spricht der König!« kicherte Menennery Luck, der sich bisher als Dieb, Possenreißer, Filmkomparse und gewiefter Rechtsverdreher betätigt hatte.
    »Eines Tages werde ich König sein!« schnaubte Llewellyn Corvay. »Aber nicht für die Gestalten, die hier hausen, sondern auf der anderen Seite, wo Milch und Honig fließen! Dort gibt es Gold, sage ich euch! Und ein Geheimnis, mit dem wir diese ganze verdammte Welt aus den Angeln heben können ... «
    »Du bist verrückt!« sagte Galus.
    »Nein, nicht verrückt! Vielleicht besessen, denn ich habe etwas, das mir ein Zufall in die Hand gespielt hat!«
    Er nestelte eine große, schwere Münze unter seinem Samtwams hervor. Als er auf einen verborgenen Mechanismus drückte, teilte sich die Münze in zwei Hälften.
    »Antiquarisch!« keuchte er heiser. »Ihr wißt, ich war schon immer scharf auf alte Taschenuhren. Als ich das hier in Paris entdeckte, fiel mir zuerst nichts auf. Doch dann erkannte ich hier an der Kante ein paar alte Symbole ...«
    Er hielt die geöffnete Münze ins Licht des Lagerfeuers.
    »Was ist das?« fragte Menennery Luck interessiert.
    Corvay ließ die Münze wieder zuschnappen. Er ballte seine Hand zur Faust und sah die anderen mit glänzenden Augen an.
    »Die Hälfte eines uralten Geheimplans ... «
    Für einen Augenblick war nur noch das Rauschen des Regens und das Knistern des Feuers zu hören.
    »Damit werde ich König im Sakriversum und Herr der Welt!«
    »Wieso?« fragte Hector. Galus schürzte die Lippen. Er war der einzige, der sofort verstanden hatte, was Llewellyn Corvay meinte.
    »Wenn das stimmt ...«, murmelte er mit mühsam unterdrückter Erregung. »Wenn das stimmt, Corvay ...«
    Die beiden ungleichen Männer sahen sich abschätzend an.
    »Ich werde einige Jahre brauchen, bis ich alles entschlüsselt

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