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Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale.

Titel: Das Sakriversum. Der Roman einer Kathedrale. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas R. P. Mielke
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Weltlichen erstanden hatte. Im Grunde verstand er die wütende Menge. Seit es Bankerts gab, hatten sie immer nur gehungert und gelitten, während sie wußten, daß auf der anderen Seite ein unerreichbares Paradies lag ...
    Drei finstere Kerle drangen auf Ekkehard ein. Corvay hob sein Krummschwert und schlug zu. Im gleichen Augenblick duckten sie sich. Die scharfe Klinge trennte Ekkehards Kopf vom Rumpf.
    *
    Corvay wischte sich über die Augen. Er hatte das Gefühl, daß alles erst gestern geschehen war. Zusammen mit Hector hatte er den Leichnam von Ekkehard bis zur Teufelsmauer gebracht. Uta, das Mädchen, das nicht weinen konnte vor Entsetzen, hatte ihnen den Weg gezeigt. Zusammen mit ihren eigenen Kindern war sie vorausgegangen durch das Gewirr von Gängen, Höhlen und Kavernen.
    Corvay hatte später lange darüber nachgedacht, warum er freiwillig zurückgegangen war. Als wieder Ruhe im Nordteil des Sakriversums herrschte, hatte er zusammen mit Menennery Luck, Hector und Galus versucht, den Weg wiederzufinden - vergeblich ...
    Einige Tage darauf hatten sie das Sakriversum für immer verlassen. Nur der Gedanke an die andere Hälfte des Großen Testaments hatte sie weiterhin miteinander verbunden, ganz gleich in welchem Winkel der Welt sie sich in den zwölf Jahren herumgetrieben hatten.
    Und jetzt, nach so langer Zeit, standen die beiden wieder vor ihm: die Kinder Ekkehards und Utas!
    Corvay schüttelte die schweren Gedanken ab. Die Zeiten hatten sich geändert. Er konnte nicht mehr aufgeben, woran er mehr als zwölf Jahre gearbeitet und geplant hatte. Jetzt, wo es keine Menschen außerhalb der Kathedrale mehr gab, war er mehr denn je entschlossen, den Weg nach oben zu gehen. Einmal nach siebenhundert Jahren sollte es auch den Bankerts möglich werden, eine Heimat zu finden, in der sie ohne Angst und Hunger leben durften!
    Doch Corvay spürte instinktiv, wie die alte Scheu wieder wach wurde. Die Schander waren schwach, friedfertig und angreifbar. Aber sie hatten etwas, das mehr bedeutete als körperliche Überlegenheit. Corvay konnte nur ahnen, was es war ...
    *
    Guntram hielt dem starren Blick von Meister Wolfram stand. Schritt für Schritt ging er auf ihn zu. Agnes wußte nicht, was geschah. Sie folgte ihrem Bruder in kurzem Abstand.
    »Flieht durch das Taubenloch!«
    Schon vor Jahrhunderten hatten die Schander zahme Vögel ausgeschickt, die draußen erkunden sollten, ob noch die Pest herrschte. Die Tauben brachten Körner mit, Haare von Ziegen und anderen Haustieren der Weltlichen. Aus ihrem destillierten Sud konnten die Clan-Chefs der Alchimisten-Familie erkennen, wann die Zeit für eine Rückkehr ins Sakriversum günstig war ...
    Die letzten Vögel waren nicht mehr zurückgekehrt.
    Guntram blickte verstohlen auf das dunkle Loch schräg über Meister Wolfram. Es kam ihm plötzlich sehr weit entfernt vor. Im gleichen Augenblick steckte ihm Meister Wolfram ein blinkendes Amulett zu. Es wog sehr schwer in seinen Händen. Guntram schlang sich die beiden Kettenenden des Amuletts um den Leib.
    »Der zweite Teil von Rolands Testament! Nur er enthält den Hinweis auf den Inneren Altar ...«
    Auf einen Wink von Meister Wolfram hin drängten sich mehrere Familienangehörige zwischen Guntram, Agnes und König Corvay. Zwei Männer aus der Familie von Meister Wirnt stürzten sich auf Jan und Nancy. Ehe die verdutzten Artisten begriffen, was plötzlich in die friedfertigen Schander gefahren war, hatten andere ihnen bereits einige Seilschlingen entrissen.
    »Verdammt noch mal, was soll das!« rief Corvay wütend. Hanns warf Ulf einen Maueranker zu, wie sie ihn bei ihrer Flucht mehrfach benutzt hatten. Meister Eilhart und Meister Bieterolf riefen sich etwas in ihrer alten ersten Sprache zu.
    Corvay wirbelte herum. Er stieß gegen Meister Lamprecht.
    »Aus dem Weg!« brüllte Corvay, doch Lamprecht hängte sich wie ein junger Hund an den schweren, massigen Körper des Bankert- Königs. Einige andere Schander folgten seinem Beispiel. Verbissen ringend zwangen sie die ersten Bankerts bis an den Rand des Bohlentischs zurück.
    Ulf schleuderte den Maueranker. Schon beim ersten Versuch traf der Eisenhaken eine Mauerfuge direkt über dem Taubenloch. Er zog das Seil straff. Eine Gruppe von jungen Männern und Mädchen aus den anderen Familien half ihm, das Seil zu befestigen.
    »Jetzt, Guntram!« rief Meister Wolfram laut. Möge der Allmächtige im Himmel und auf Erden euch begleiten!«
    Unterhalb der Schander verstärkte sich der

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