Das Salz der Mörder
bei meinen
Eltern auf. Keiner war währenddessen in München, ganz zu schweigen davon, dass
wir jemanden ermordet haben sollen, Sie Wahnsinniger“, schrie sie den
Kripobeamten an und wollte mit ihren Fäusten auf den Mann einschlagen. Opa kam
gerade rechtzeitig, um sie von hinten zu umklammern. Daraufhin traten
unvermittelt drei weitere Zivilfahnder in den Flur, die sich zuvor unbemerkt im
Treppenhaus aufhielten.
„Bitte,
Frau Wegner, werden sie nicht hysterisch. Wir tun nur unsere Pflicht und haben
Sie zu informieren. Soviel ich weiß, ist Ihr Sohn siebzehn Jahre alt und somit
strafmündig. Also, bitte, machen Sie uns keine Schwierigkeiten.“
Nun
schaltete sich Opa ein: „Hören Sie, junger Mann, wenn Sie und Ihre Kollegen
nicht sofort meine Wohnung verlassen, werde ich Strafanzeige wegen
Hausfriedensbruch stellen.“
„Das
ist selbstverständlich Ihr gutes Recht, Herr Buchwald.“
Daniel
stand bewegungslos zwischen zwei der Kriminalbeamten, die ihn an den Armen
festhielten. Mit kreidebleichem Gesicht verfolgte er schweigend das Geschehen.
Veronika konnte sich aus Opas Umklammerung befreien und stürzte abermals auf
den Oberkommissar zu. Unversehens kam auch Oma in den Korridor gelaufen. Es
entstand ein kleines Handgemenge. Beide versuchten nun gemeinsam Veronika von
dem Mann loszureißen, der sich jedoch seinerseits mit einer geübten
Abwehrbewegung befreite, unglücklicherweise zu viel Kraft dafür aufwandte.
Veronika brach zusammen und blieb bewusstlos im Flur liegen.
„Was
haben Sie getan, Sie Mensch! Sie richten ja meine Tochter ganz und gar zu
Grunde. Ich werde Strafanzeige gegen Sie einleiten!“ brüllte Opa mit zitternder
Stimme, und zur Oma gewandt, „Rufe sofort Frau Doktor Mittmann an. Unsere
Hausärztin wird den Sachverhalt bezeugen.“
„Mutti,
bitte steh doch auf! Mutti!“ flehte Daniel mit Tränen in den Augen. Er riss
sich von den Männern los und warf sich zu seiner Mutter auf den Boden. „Es ist
alles meine Schuld, Mutti. Du weißt es nicht - ich war bei Franz und habe ein
mächtiges Theater gemacht. Mutti, steh doch auf. Ich werde dir alles erklären.“
Die
Beamten zogen ihn ohne lange zu zögern hoch und legten ihm Handschellen an.
Danach verschwand ein Ermittler mit Daniel im Treppenhaus. Die anderen brachten
die bewusstlose Veronika ins Wohnzimmer und legten sie vorsichtig auf das Sofa.
Opa riss die Balkontür auf. Er beugte sich über die Brüstung und mussten
entsetzt mitansehen, wie sein Enkel unten auf der Straße abgeführt und in ein
Polizeiauto gestoßen wurde, während die Tochter regungslos auf der
Wohnzimmercouch lag. Unterdessen begannen die Männer mit ihrer Durchsuchung.
Veronika
kam erst wieder zu sich, als alles vorüber war und Frau Dr. Mittmann mit einer
Beruhigungsspritze vor ihr saß. Mit leiser, gebrochener Stimme und halb
geöffneten Augen flüsterte sie: „Ihr müsst die Bentheim anrufen. Sofort!
Unbedingt! Hört ihr? Sie soll kommen. Ihre Nummer steht in meinem Adressbuch.
Meine Handtasche . . .“ Vroni verstummte. Ihr Kopf neigte sich zur Seite und
sie fiel in einen traumlosen Schlaf. Opa rief zuerst Rechtsanwalt Dr. Koch an,
der herausfinden sollte in welches Polizeirevier man ihren Enkel gebracht
hatte. Frau Dr. von Bentheim in München wurde ebenfalls über die Vorgänge in
Berlin informiert. Sie versprach im Laufe des morgigen Tages zu kommen, um mit
dem zuständigen Haftrichter zu sprechen.
Oma
vergrub ihr Gesicht in ihre Hände und weinte leise vor sich hin. Opa strich
sich seine spärlichen Haare glatt und murmelte, bevor er die Balkontür schloss,
Unverständliches über Polizeistaat und Polizistenterror. Der Zigarrendunst war
mittlerweile verflogen. Nach der Durchsuchung sah die Wohnung wie ein
Schlachtfeld aus, nur der Teller mit Daniels Pflaumenkuchen stand noch
unberührt auf dem Kaffeetisch, und Mozart dirigierte seinen Don Giovanni im
Fernsehen.
62. Keine Diagnose
„Bitte,
meine Herren, nehmen Sie Platz. Bevor wir beginnen, darf ich mir Ihre Namen
notieren?“
„Aber
Sie kennen mich doch. Das ist Mister Manfred Wegner. Mister Wegner und Mister
Smiley kamen gestern Abend mit British Airways nach Ghana. Mein Name ist David
Sharrock, Vice Consular of the British High Commission in Ghana. Wir sind
Freunde von Mister Smiley.“
„Ich
danke Ihnen, Mister Sharrock. Ich bin Doktor Webster, leitender Direktor dieser
Einrichtung. Also, was ist passiert?“
„Ja,
was ist passiert? Manfred, was ist passiert? Wir waren im Gespräch.
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