Das Salz der Mörder
herzustellen.
Nach Zahlung des gesamten Betrages hat die Deutsche Bundesregierung offiziell
den Schweizer Bundesrat und alle Schweizer Banken über diesen Erpressungsfall
informiert und um Auskunft und Unterstützung gebeten. Leider ohne Erfolg. Warum
das so ist, müssen Sie die Schweizer selbst fragen. Die haben schon ganz andere
Sachen gemacht. Die waschen ungestraft Drogengelder und arbeiten seit dem
Zweiten Weltkrieg mit verschwundenem Gold aus dem Dritten Reich. Dagegen ist
für die Schweizer unser Wegner nur ein kleiner Fisch.
THE
WASHINGTON POST (Washington, D.C.): Mister Oberstaatsanwalt, gibt es denn
bereits eine Spur von Mister Wegner, wenn ja, - ich setze voraus, er hält sich
nicht in Deutschland auf -, bestehen Rechtshilfeabkommen mit diesen Ländern, in
denen er und seine Familie sich vermutlich vor Ihren Behörden verstecken?
Dr.
SCHMID-MERTENS: Selbst wenn ich wüsste, um welches Land es sich dabei handelt,
dürfte ich mich dazu nicht äußern. Sie werden sich gewiss vorstellen können,
dass es uns der Wegner nicht leicht macht, ihn und seine Frau hinter Gitter zu
bringen. Nach all unseren Erkenntnissen schätzen wir diesen Mann als hochgradig
intelligent ein.
CORRIERE
DELLA SER (Mailand): Seniore Oberstaatsanwalt, es verwundert mich, dass kein
österreichischer Pressevertreter anwesend ist. Sie hatten doch anfänglich Ihre
Ermittlungstätigkeit im Fall Wegner auf Ihr Nachbarland ausgedehnt. Liegt es im
Bereich des Möglichen, dass wegen immenser Verfahrensfehler Ihrer Behörde,
zwischen Deutschland und Österreich nach wie vor eine unterkühlte Beziehung
besteht?
Dr.
SCHMID-MERTENS: Davon ist mir nichts bekannt. Ich bin Oberstaatsanwalt und kein
Politiker. Reicht Ihnen diese Antwort? Übrigens kann ich aus der Schweiz
ebenfalls keinen Journalisten in unserem Auditorium entdecken.
LE
MONDE (Paris): Monsieur, ich werde keine Frage an Sie richten. Ich möchte bloß
etwas feststellen. Und ich stelle fest, dass Ihr deutsches Reich seit 1870
mehrere verheerende Kriege gegen unser Land geführt hat. Die Folgen sind ja
hinreichend bekannt. Wir Franzosen verstehen nicht, wie eine einzelne Familie
imstande sein konnte, Ihr großdeutsches Imperium, dass Sie erwiesenermaßen nach
jener deutsch-deutschen Vereinigung im Jahre 1990 versuchen wieder aufzubauen,
ins Wanken zu bringen. Von hieraus wünscht die Redaktion „Le Monde“ der Familie
Wegner auf ihrem Weg weiterhin viel Glück und Erfolg.
Dr.
SCHMID-MERTENS: Es tut mir leid. Ich weiß wirklich nicht, was ich auf diese so
genannte Feststellung entgegnen soll. Offensichtlich leben immer noch einige
unserer Zeitgenossen im neunzehnten Jahrhundert. Zu jener Zeit, wenn ich mich
recht erinnere, hat auch ein gewisser Napoleon Bonaparte schrecklich in
deutschen Landen gewütet. Mir ist nicht klar, wer hier wem etwas vorzuwerfen
hat. Wir Juristen reden in solchen diffizilen Fällen von Verjährung. Wie
gesagt, ich bin kein Politiker, doch ich glaube vor dem Hintergrund unserer
deutschen Geschichte des neunzehnten und zwanzigsten Jahrhunderts stellt unsere
heutige Bundesrepublik die Europäisierung und die Europäische Union in den
Mittelpunkt ihrer Auslandspolitik. Das beweist eindeutig, dass wir nach der
Wiedervereinigung ein verlässlicher Kooperationspartner nicht nur für
Westeuropa, sondern für ganz Europa geworden sind.
DIE
ITZEOER NACHRICHTEN: Mein Name ist Dieter Bredel. Ich hatte die zweifelhafte
Ehre infolge meines Berufes als Journalist fünf Wochen in Untersuchungshaft
einzusitzen. Es wurde richterlich angeordnet, dass unser Blatt keine journalistischen
Recherchen im Fall Wegner mehr durchführen durfte. Das kam einem Berufsverbot
und einen Angriff auf die Pressefreiheit gleich. Vielleicht ist Ihnen bekannt,
dass unsere Zeitung dagegen prozessiert hat, wie man weiß ohne Erfolg. Nun zu
meiner Frage: Werden Sie und Ihre bundesweit ansässigen Kollegen auch künftig
deutsche Zeitungsredaktionen durchsuchen und deren Mitarbeiter verhaften
lassen, nur weil sie ihren Auftrag der Informationspflicht im Rahmen des
Grundgesetzes der Bundesrepublik Deutschland nachkommen?
Dr.
SCHMID-MERTENS: Herr Bredel, wir leben in einem demokratischen Staat, der sich
auf sein Grundgesetz stützt. Und die Einhaltung und Anwendung unserer
Grundrechte, auch das Recht auf freie Meinungsäußerung, wird von sehr
verantwortungsvollen Persönlichkeiten, zu unser aller Wohl und Sicherheit, wie
ein Augapfel gehütet. Sie, Herr Bredel, sollten all denjenigen danken, die
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