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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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Mann, dass vor dem besagten Umleitungsschild ein
silberfarbener Opel Kadett gehalten haben soll. Es dämmerte schon. Er fuhr
langsam an dem Auto vorbei. Innen brannte Licht, und wie er behauptet, lief der
Motor. Da er aber niemand im Fahrzeug bemerkte und auch sonst keinen Menschen
erblickte, bekam er es mit der Angst zu tun und preschte mit doppeltem Tempo
davon. Auf das Nummernschild habe er nicht geachtet. Obendrein könne er sich
leider nicht mehr eindeutig daran erinnern, wo exakt dieses Umleitungsschild
aufgestellt war. Wir werden ebenso diesen Hinweis ernst nehmen, Frau Wegner.“
    „Also,
ich verstehe Sie nicht, Herr Oberinspektor, nun haben Sie endlich einen
halbwegs brauchbaren Hinweis aus diesem Gebiet um Sankt Peter-Ording, und das
erstbeste was Sie tun, Sie verhaften Leute in Österreich. So glauben Sie mir
doch: Mein Mann und meine Tochter sind hier irgendwo. Irgendwo in dieser
Gegend.“
     
    Das Meer ist
salzig wie die Träne, die Träne ist salzig wie das Meer. Das Meer und die Träne
sind durch die Einsamkeit verwandt. Das Meer hat sie schon, die Träne sucht
sie. (Karl Ferdinand Gustow)

27. Eine kurze Unterhaltung
     
    Noch
während dieser Lutze sprach und mir eine Antwort auf den erwähnten Brunnen
geben wollte, spürte ich, wie mich Maria beobachtete, wobei sie gleichzeitig
das demolierte Geschirr auf den Servierwagen abstellte. Wahrscheinlich
versuchte sie meine Gedanken zu ergründen, was natürlich gar nicht möglich war,
weil ich selbst nicht wusste, was meine Gedanken denken sollten.
    Nachdem
das Wort „Brunnen“ erneut fiel, ging die Schleusentür selbsttätig auf und Maria
führte den Gefesselten hinaus. Er folgte ihr schweigend, ohne Gegenwehr zu
leisten. In der Tür drehte er sich hilfesuchend nach mir um und erklärte
verbittert: „Ich weiß nicht, wer Sie sind, aber wenn Sie mir helfen können,
bitte, so helfen Sie mir doch.“
    Dann
war ich wieder allein. Ich sah auf meine Uhr, die auf dem Nachtschrank lag: Die
Zeiger standen auf zweiundzwanzig Uhr fünfzehn. Ohne mich auszuziehen, warf ich
mich aufs Bett und starrte die Zimmerdecke an.
    Jemand
erhoffte Hilfe von mir, dabei brauchte ich doch selbst Hilfe. Würden sie Maria
nach diesem Zwischenfall nochmals zu mir lassen? Dieser Zeitungsartikel hatte
mich vollends aus dem Gleichgewicht geworfen. Unvorstellbar, dass Vroni diesen
Artikel hat drucken lassen. Ich müsste mich in meiner armseligen Situation
besser beherrschen können. Die Hansen wusste genau, wie ich darauf reagieren
würde, darum stießen sie sofort diesen Lutze in mein Zimmer. Oder war der einer
von ihnen? Seine Angst vor den angeblichen Verstümmlungen sollte mich von
weiteren Ausschreitungen abschrecken. Und jetzt geben sie mir Zeit zum
Überlegen. Raffiniert gemacht. Diese Hansen ist selbst in ihrem Wahnsinn noch
außerordentlich kreativ, und das ist das Gefährliche.
    Maria
kam Punkt dreiundzwanzig Uhr noch einmal in mein Zimmer. Sie setzte sich auf
ihren Stuhl. Die Tür schloss sich kaum hörbar.
    „Leider
ist bei Ihrem temperamentvollen Wutanfall die Weinflasche zerbrochen,
demzufolge habe ich ihnen eine Flasche Bier mitgebracht.“ „Du hattest mir schon
mal eine Flasche Bier mitgebracht, damit fing alles an, damit begann unsere
Gefangenschaft. Ihr habt uns entführt. Warum meine Tochter?“ Ich lag nach wie
vor auf dem Bett, die Arme hinter dem Kopf verschränkt und starrte teilnahmslos
die Zimmerdecke an.
    „Als
wir Sie im Wald blitzten, waren nur Sie auf dem Monitor zu erkennen. Wir
dachten, Sie wären allein im Auto. Von Gabriele haben wir nichts gesehen.
Selbstverständlich freuen wir uns über die Kleine. Unsere Dienerinnen versuchen
sie umzuerziehen. Das ist eine sehr schwierige Angelegenheit, weil sie an und
für sich schon zu alt für unsere Pläne ist, schon zu selbständig denken kann.“
    Sie
sagte das in ihrem üblichen Tonfall, als sei das alles völlig normal:
umerziehen . . . unsere Pläne . . . selbständig denken. Ich musste mich schon
wieder aufs Äußerste zusammenreißen, um nicht zu explodieren. Die zerstören
bedenkenlos das Leben meiner Tochter und ich konnte nichts unternehmen. Sollten
wir hier tatsächlich nicht mehr lebend herauskommen?
    Ich
entgegnete überaus zynisch: „Das ist aber eigenartig. Ich nahm bisher an, es
wäre möglich jeden Menschen, ganz gleich welchen Alters, umzuerziehen - mit
welchen Mitteln auch immer. Ich verstehe, allmählich wird mir Einiges klar: das
Umleitungsschild, der Blitz im Wald, die zerplatzten

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