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Das Salz der Mörder

Das Salz der Mörder

Titel: Das Salz der Mörder Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gerhard Otto Stock
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ich in der Bar des
Hotels „Al Kuwayt“ in Kuwait-City.
    Eigentlich
lernten wir uns im oberbayerischen Freilassing kennen. Ich arbeitete zu jener
Zeit in der Autowerkstatt von Johann Prächtl, als man einen Mister Steven
Smiley mit einem Reparaturauftrag für seinen heruntergekommenen Ford Escort zu
mir schickte. Wir kamen ins Gespräch miteinander, fachsimpelten und irgendwann
später entwickelte sich daraus eine so genannte Männerfreundschaft.
    Mister
Smiley war Engländer von enormen körperlichen Ausmaßen: breit, muskulös,
athletisch. Ein Sportsmann, und für jeden Spaß zu haben. Einer interessanten
Unterhaltung war er ebenso zugänglich, wie für den Besuch eines Auftrittes von
Chick Corea bei den Internationalen Jazzwochen in Burghausen. Seit mehr als
drei Jahren lebte er zusammen mit seiner deutschen Freundin in Bayern.
Obendrein war er Mitglied des englischen Rugby-National-Teams. Training und
Spiele in England, Freizeit und Freundin in Deutschland. Ein Pendler zwischen
Kontinent und Insel, Insel und Kontinent. Durch seine Größe, seine Breite,
seine Wucht wehrte er alles ab, was für ihn von Nachteil gewesen wäre. Es
machte ihm deswegen nichts aus auch zu jedem seiner Widersacher freundlich zu
sein.
    „Wie
heißen Sie?“ fragte ich grinsend und reichte ihm meine ölverschmierte Hand.
„Smiley? Da lächeln Sie wohl den ganzen Tag?“ Und er lächelte tatsächlich.
    Ich
lud ihn zu mir nach Hause ein, stellte ihm meine Familie vor und er tat das
Gleiche. Smiley sprach sehr gut deutsch, ich dagegen hatte mir meine
unnachahmlichen Englischkenntnisse von alten zerkratzten Beatlesplatten
angeeignet. Logischerweise verstand er mich nicht. Demzufolge beschlossen wir -
der besseren Verständigung wegen - auf die englische Sprache zu verzichten.
    Im
Sommer 1990 wurde Steven, dieser sportbegeisterte, fröhliche Junge mit dem
Igelschnitt und seine Mannschaft zu einem Freundschaftsspiel gegen die Kuwaiter
eingeladen. Traditionsgemäß durfte jedes Mitglied der Rugbymannschaft seinen
Partner mit auf die Reise nehmen. Da Smileys Freundin eben erst das Weite
gesucht hatte, fragte er mich, ob ich nicht Lust hätte für ein paar Tage Kuwait
kennen zu lernen. Ich, dessen Ehe ebenfalls seit kurzem wieder zu kriseln
begann, bat meinen Chef um Kurzurlaub. Ohne Vroni auch nur ein einziges Wort zu
sagen, packte ich ein paar Sachen in meine Reisetasche und meinte lapidar:
„Tschüss Liebling, ich komme nächste Woche zurück.“
    Wir
saßen also am 2. August 1990 in der Bar des „Al Kuwayt“ und tranken uns den
Durst weg, was in moslemischen Ländern bekanntlich bloß in internationalen
Hotels möglich ist. Dieses feucht-heiße Klima machte uns beiden zu schaffen.
Wir hatten Urlaub und wollten einfach ausspannen, von Stevens dreistündigem
Training täglich einmal abgesehen. Das Rugbyspiel wurde auf den kommenden
Donnerstag festgelegt, weil freitags für Moslems Feiertag ist.
    Es
war gegen Mittag. Ab und zu ertönten Gebetsrufe. Vom Minarett gegenüber unseres
Hotels begann ein Muezzin zu singen, dann übernahm ein anderer von der nächsten
Moschee das Gebet, dann noch einer und noch einer. Ihre Stimmen vereinigten
sich über den Kuppeln und Dächern der Stadt.
    Wir
waren allein. Außer dem Personal und uns befand sich niemand im Hotel. Stevens
Teamkameraden schlenderten mit ihren Frauen oder Freundinnen, ausgerüstet mit
Fotoapparaten und Videokameras in der City umher. Plötzlich fielen drüben in
der Hotelhalle Schüsse. Im nächsten Augenblick standen an die zwanzig Soldaten,
bewaffnet mit AK 47 Schnellfeuergewehren, in unserer Bar. Alle Waffen starrten
auf Steven und mich.
    Mit
einem Mal hörte man nur Stille. Die Mittagssonne schien durch die Fenster und
Gardinen und strahlte gelbe Streifen auf die dicken, rot gemusterten
Perserteppiche. Erst jetzt bemerkte ich, von der Sonne sichtbar gemacht, den feinen
Staub, der unter der harten Wucht der schweren Soldatenstiefel geräuschlos aus
dem Teppich empor schwebte.
    Im
gebrochenem Englisch erklärte man uns, dass wir Imperialisten und Ungläubige
seien und nun verhaftet wären. Steven und mir wurden die Arme auf den Rücken
gefesselt und die Augen verbunden. Mit Fußtritten trieb man uns lautstark aus
dem Hotel. Unter Gejohle warfen sie uns auf einen bereitstehenden Lastwagen.
Wir bemerkten erst später, dass unser arabischer Barkeeper auf demselben LKW
war wie wir. Was mochten das für Soldaten sein, die mit Sicherheit nicht
hierher gehörten? Ein Putschversuch? Der

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