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Das Schloss Im Moor

Titel: Das Schloss Im Moor Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Arthur Achleitner
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»Nummer 1379a. Der Unterzeichnete bescheinigt hiermit dem Herrn Beda Wurm von Hohensteinberg, daß dieser durch
sechs Jahre als Staatssekretär angestellt war, sich in Vollführung hoher Aufträge geschickt und taktvoll
erwiesen hat und darob mehrfach belobt wurde. Die Erledigung von Geschäften wirtschaftlicher Natur ist stets zur
vollsten Zufriedenheit erfolgt. Die Entlassung erfolgt auf Wunsch des Herrn Wurm von Hohensteinberg, welcher um rascherer
Karriere willen einen Verwalterposten anstrebt. Seine Qualifikation hierzu erscheint zweifellos. Es wird hiermit dem Herrn
Wurm von Hohensteinberg die Anerkennung für treu geleistete Dienste ausgesprochen und dies mit dem Amtssiegel
bekundet.
    Graf Dietrichstein, Oberhofmarschall, Berlin.«
     
    Im Familienkreise entwickelte sich eine regelrechte Debatte über diese Bewerbung für und gegen. Hodenberg gab
den Ausschlag dadurch, daß er Frau Tristner empfahl, den Mann zu einer persönlichen Vorstellung zu veranlassen und
ihm das Geld für die Rückreise zu garantieren.
    Wehmütig sprach Frau Helene: »Was kann mir sein persönliches Erscheinen nützen? Ich werde ihn ja doch
nicht sehen, sein Äußeres nicht beurteilen können!«
    »Wenn gnädige Frau gestatten, werde ich als Ihr Stellvertreter dem Manne auf den Zahn fühlen, den Bewerber
prüfen und Ihnen nach bestem Wissen und Gewissen mein Urteil unterbreiten!« erwiderte Hodenberg.
    Als Eugenie ins Zimmer trat, um Frau Helene zur Nachtruhe zu geleiten, fragte Theo, wie in Sachen einer
Verwalteranstellung die barmherzige Schwester und Krankenpflegerin stimmen werde. Eugenie erwiderte: »Unbedingt mit
›nein‹!«
    Überrascht fragten Tristners nach dem Grunde dieses ablehnenden Votums.
    »Weil ein Verwalter ganz und gar überflüssig auf Schloß Ried ist und Zwietracht in das Haus bringen
muß!«
    »Ich will es mir doch noch überlegen!« flüsterte Frau Helene und stützte sich auf Eugenie.
    Fast beleidigt erwiderte Hodenberg: »Ich werde zu prüfen wissen!«
    »Davon bin ich überzeugt!« flüsterte Olga. »Sie besitzen mein vollstes Vertrauen.«
    Da nun auch Theo sich verabschiedete und »Gute Nacht« wünschte, wurde die Familiensitzung aufgehoben und
Abschied für die Nacht genommen.
    Früher als sonst fand sich am Morgen der junge Brauherr im Büro ein, um gemäß des Beschlusses im
Familienrat den Bewerber um den Verwalterposten zu einer persönlichen Vorstellung brieflich einzuladen; da Theo aber die
Papiere jenes Bewerbers nicht im Büro vorfand, ging der junge Herr hinüber in das Speisezimmer und suchte dort nach
dem Brief und Zeugnis. Sein Rumoren lockte Eugenie aus dem anstoßenden Gemache herbei, auf ihre Frage erfolgte Antwort,
und nun bat Eugenie in bewegter Weise, den Mann nicht kommen zu lassen.
    »Aber liebe Eugenie, warum sind Sie gegen den Familienratsbeschluß? Haben Sie denn persönliche
Gründe gegen eine Anstellung?« fragte verwundert Theo. »Kennen Sie den Mann?«
    »Nein!«
    »Nun also! Jede Opposition muß doch begründet sein!«
    »Ich habe nur das bange Gefühl, daß jener Mann Unglück ins Haus bringen wird!«
    »Da Sie ihn gar nicht kennen, fehlt mir jedes Verständnis für das bange Gefühl, liebe Eugenie. Sind
Sie vielleicht abergläubisch?«
    »Nein, gewiß nicht! Mir schwant Unheil, ich möchte mit Bestimmtheit behaupten, daß über
Schloß Ried und die Familie Tristner eine Katastrophe hereinbrechen wird, sobald jener Mann hier festen Fuß
faßt, ja, sobald er nur erstmals hier erscheint.«
    »Das klingt ja geradezu mysteriös? Entweder wissen Sie Dinge, die Sie nicht sagen wollen, oder Sie wissen
nichts; in letzterem Falle fehlt Ihrer Warnung doch jegliche Berechtigung. Warum sind Sie gegen ein Hierherkommen des Mannes,
das uns keineswegs zu fester Anstellung verpflichtet? Eine persönliche Vorstellung muß nicht zum Engagement
führen! Weshalb opponieren Sie so seltsam hartnäckig?«
    Eugenie zögerte mit der Antwort, brennende Röte flammte in ihren Wangen, ein Zittern lief durch den
geschmeidigen zierlichen Körper. Bebend sprach die junge Dame: »Zufolge meiner Stellung im Hause habe ich
allerdings kein Recht, irgendwie ein Wort zu äußern; ich kann nur bitten, es wolle die Familie Vorsicht üben
und mir erlauben, meiner Sorge Ausdruck geben zu dürfen!«
    »Alles ganz schön und gut, aber ich möchte doch wissen, weshalb Ihnen die keineswegs dem Abschluß
nahe Angelegenheit Sorge bereitet!«
    »Ich fürchte – nein, ich kann es nicht

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