Das Schloss Im Moor
Vorspann entlehnen.
Von diesen Verhältnissen erhielt Baron Hodenberg alsbald Kenntnis, und sogleich stellte er sich und seine Pferde zur
Straßenverbesserung zur Verfügung, indem er sich erbot, die Arbeiten der Beschotterung leiten zu wollen. Es
müsse Theo nur sagen, wo Kies und Schotter genommen werden dürfe, und die nötige Anzahl handfester Arbeiter
beistellen. Die Bedenken Theos, durch Selbsthilfe in die Kompetenz des Dorfbürgermeisters einzugreifen, wies der Baron
lächelnd zurück, er werde mit dem Bürgermeister persönlich sprechen und die Angelegenheit hinterdrein
schon in Ordnung bringen; zunächst aber handle es sich um die Fahrbarmachung der Straße, um die
Transporterleichterung, und hierzu wolle der Baron um so lieber die Hand bieten, als er sich hierzu verpflichtet erachte.
Theo willigte nun mit Vergnügen ein und war froh, am Schreibtische verbleiben zu können.
Mit voller Energie griff nun Otto von Hodenberg ein; der Ortsvorsteher ward rasch verständigt und bereitete dem
noblen Spender ausgiebiger Unterstützungen für die Überschwemmten keinerlei Schwierigkeiten, er gab ihm sogar
Arbeitsleute mit. So konnte der Baron alsbald einige Fuhrwerke mit Schottermaterial anfahren und die Straße in den
tiefgefurchten Gleisen beschottern lassen. Und so eifrig widmete er sich der Arbeitsüberwachung, daß er zum
Mittagstisch gar nicht in das Schloß kam und die Straßenverbesserung auf einige Kilometer durchführte.
Hatte Frau Tristner insgeheim Bedenken gegen die Einquartierung des Barons gehegt, sein energisches Eingreifen, das
unbedingt dem Frachtverkehr der Brauerei zugute kommen mußte, verscheuchte diese Bedenken nicht nur völlig, die
Aufopferung des Barons verpflichtete die Familie zu Dank.
Als Hodenberg am späten Abend im Schlosse erschien, ließ ihn Frau Helene in den Salon bitten, und in Gegenwart
Olgas sprach die blinde Dame dem Baron in herzlicher Weise ihren Dank aus. Nicht minder herzlich dankte auch Olga frohbewegt
und Theo.
Bescheiden wehrte Hodenberg diesen Dankäußerungen, und er versicherte, daß die liebenswürdige
Gastfreundschaft zu irgendwelcher Revanche verpflichte, und die übernommene Arbeit doch nur Zeitvertreib für einen
Müßiggänger sei, daher von Dank keine Rede sein könne. In einigen Tagen hoffe er das Werk bis zur
Stadtgrenze von Landsberg gefördert zu haben, das Weitere müsse dann allerdings den Gemeinden überlassen
werden.
Im Kreise der Familie wurde der Abend verbracht; Hodenberg avancierte zum Familienmitglied, worüber Olga unverkennbar
hocherfreut schien. Einmal zutraulich geworden, erbat Frau Helene sich seinen Rat in der Angelegenheit einer Bestellung eines
Verwalters für Brauerei und Ökonomie. Auf die Anzeige hin seien Bewerbungen eingelaufen, die Olga gesichtet habe;
eine Bewerbung scheine aller Berücksichtigung wert, wenngleich der Bewerber norddeutscher Abkunft zu sein scheine.
Hodenberg äußerte scherzend: »Ist norddeutsche Abstammung denn ein Verbrechen? Auch ich bin Norddeutscher
und fand dennoch bei Ihnen ein trautes Heim!« Ein Glutblick auf Olga färbte des Fräuleins Wangen in
leuchtendes Rot; Frau Helene erwiderte, daß norddeutsche Abkunft an sich gewiß kein Hindernis sein könne, es
empfehle sich aber hier für den Verkehr mit dem Personal der Süddeutsche vielleicht besser; Art zu Art.
Theo fragte nun, woraus Mama auf norddeutsche Abkunft des Bewerbers schließe.
Die Antwort gab Olga: »Weil der Brief in Berlin aufgegeben wurde!«
»Das ist allerdings ein schlagender Beweis! Kann ich die Bewerbung sehen?« meinte Theo.
Auf Geheiß Mamas holte Olga die Schriftstücke herbei, die nun zuerst Hodenberg unterbreitet wurden.
Nach flüchtiger Lektüre meinte der Baron: »Knapp, präzis ist der Brief, eine vorzügliche
Empfehlung enthält die amtliche Beilage. Eine andre Frage ist freilich, ob der adelige Bewerber in die hiesigen
Verhältnisse passen wird. Der Mann war in Hofstellung! Bei Hof werden nur gut qualifizierte Leute genommen, diese
Tatsache spricht für den Mann; sein Gehen ist mit dem Wunsche, rascher Karriere zu machen, motiviert. Richtig ist,
daß Hofstellungen mager bezahlt werden. In Privatstellung ist besseres Gehalt zu erreichen. Der Mangel an sonstigen
Referenzen wird wohl durch das amtliche Zeugnis aufgewogen!«
Frau Helene bat um Vorlesung dieses Zeugnisses.
»Mit Vergnügen!« Hodenberg las nun, ersichtlich ungewohnt solcher Beschäftigung und mit
häufiger falscher Betonung
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