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Das Schützenhaus

Das Schützenhaus

Titel: Das Schützenhaus Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg Lentz
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Lebenswandel absolvierte. Von nun an kam Wilfried fast jeden Tag, in der Hoffnung, daß er Kitty traf. Eines Abends fragte ihn Robinson Krause: »Vielleicht ebenfalls Sekt, der junge Herr?«
    Wilfried sah den alten Ober an, und man merkte, daß er perplex war.
    »So weit wollte ick nich jeh’n«, sagte er. »Wissen Se, wir sind Sportler.«
    Robinson Krause verbeugte sich.
    Joachim, Werner, Sternchen und L.-L. diskutierten, mit welchem Programm sie eröffnen sollten. L.-L. hatte, wie er bemerkte, »alle Wege zum Verleih geebnet«.
    Wir konnten nicht mit den Kinos in der Stadt konkurrieren, Joachim wollte das auch nicht. »Unser Kino muß eine Spezialität bleiben«, dozierte er. »Die Leute müssen hierherkommen und sich aus verschiedenen Gründen amüsieren. Der Kintopp ist nur ein Teil davon.«
    »Richtig«, bestätigte Lehmann. Und zu meinem Vater gewendet, sagte er: »Sie haben ein kluges Kind.«
    Mein Vater lächelte geschmeichelt hinter seinem Zapfhahn, zuckte aber vorsichtshalber die Achseln. So ganz wollte er sich nicht festlegen.
    Zuerst hatten wir geplant, den neuen Chaplin-Film vorzuführen, »The Kid« mit Jackie Coogan. Es stellte sich aber heraus, daß der Verleih hundert Mark pro Abend wollte. »Hundert Emm«, grollte mein Vater, »und die Häuser werfen nichts ab.«
    Hundert Mark waren viel Geld. Lehmann wußte einen Ausweg. Sein Verleih bot Ausschnitte aus Paul-Wegener-Filmen an. »Wir sehen uns det vorher an, wie?« schlug Lehmann vor. »Det is ein Zusammenschnitt, wir haben’s mal für eine Matinee kopiert. Reines Familienprogramm, det braucht ihr hier draußen. ›Rattenfänger von Hameln‹, ›Rübezahls Hochzeit‹ und so.«
    »Auch ›Der Golem‹?« fragte Joachim, er hatte diesen Film mindestens fünfmal gesehen, indem er sich durch eine Hintertür ins Heli geschlichen hatte.
    »Golem auch«, sagte L.-L. »Jedenfalls glaube ick mir nich zu täuschen. Ick stelle euch meine Verbindungen zur Verfügung. Det kriegt ihr billich.«
    Sternchen scherzte: »Billig währt am längsten.«
    Alle lachten und tranken und prosteten sich zu.
    Als sie endlich still waren, sagte Lehmann: »Im Einkauf liegt der Segen.« Er sah meinen Vater an: »Herr Pommrehnke, jetzt will ick Ihnen ’ne Jeschichte erzählen. Wissen Se, damals, als Se die Apparate und die Bestuhlung jekauft haben, vor de Rentenmark!«
    »Ja?« fragte mein Vater.
    »Eij entlich sollte ick det nich erzählen. Aber sei’s drum. Wat, Kitty?«
    Kitty van Delft ließ ein Lächeln los, das die Titanik gerettet hätte. Dieses Lächeln brachte Eisberge zum Schmelzen. Im Hintergrund seufzte Wilfried.
    »Sie erinnern sich, all det Papierjeld. Seit neuestem beschäftige ick mir mit Innenarchitektur. Wat, det wußten Se nich? Ickrichte Filmbars ein, det Programm bekommen Se von meinem Filmverleih. Nach de Inflation wollen de Leute neuen Stil. Also hab’ ick eenem in de Bleibtreu ’nen Raum eingerichtet mit Stahlmöbel und viel Jlas, allet hochmodern. Aber: die Tapete! Wissen Se, wat ick dem für ’ne Tapete verkooft habe? Ick habe die Jeldscheine, die ick von Ihnen hatte, uffkaschieren lassen, und det is ’ne Attraktion! L.-L., habe ick mir jesagt, du bist jungen Kintopp-Verrückten entjejenjekommen. Aber nich, det de dir ins eijne Fleisch schneidest. Lehmann, sei wach!«
    Er wendete sich zu Robinson Krause um, der in abwartender Haltung neben dem Tisch stand, in seiner weißen, gestärkten Jacke, die Serviette über dem Arm. »Krause, bring’n Se Sekt«, befahl er. »Wo war ick stehn jeblieben? Mensch, ick jeb’s zu! Die Tapete hat mir den doppelten Wert in Rentenmark jebracht.«
    »Gratuliere«, sagte mein Vater. Er spuckte den Zigarrenstummel, den er im Mund hatte, auf den Fußboden.
    »Vielleicht hätt’ ick det nich erzählen sollen«, sagte Lehmann. »Nun, gleichviel. Ick helfe euch, Kinder. Morgen bekucken wir uns den Streifen. Um elf beim Verleih, außer, ick rufe noch an.«
    »Vorher können wir zehn Minuten ›Dick und Doof‹ zeigen«, schlug Joachim vor. »Und eine Wochenschau, wenn das nicht zu teuer ist?«
    »Jebongt. L.-L. kümmert sich. Übrigens«, sagte er und zeigte auf seine Begleiterin, »Kitty is jetzt Nummerngirl. Se macht Karriere.«
    Puvogel traf zur Abnahme der Vorführkabine ein. »Perfekt«, meinte er, während Joachim ihn herumführte. »Doch was ist das?« Er zeigte auf ein Treppchen, das zur Plattform führte, auf der die Maschinen standen. Joachim erklärte: »Dies ist die Treppe.«
    »Das sehe ich«, sagte

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