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Das Schweigen der Laemmer

Das Schweigen der Laemmer

Titel: Das Schweigen der Laemmer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas Harris
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Türglocke kam ihr zu laut vor.
    Crawford öffnete die Tür beim zweiten Klingeln. Er trug eine ausgebeulte Strickjacke, und er sprach in ein drahtloses Telefon.
    »Copley in Memphis«, sagte er. Mit einem Wink bedeutete er ihr, zu folgen, und führte sie durchs Haus, wobei er beim Gehen ins Telefon brummte.
    In der Küche nahm eine Krankenschwester eine winzige Fla -
    sche aus dem Kühlschrank und hielt sie ans Licht. Als Crawford die Krankenschwester stirnrunzelnd ansah, schüttelte sie den Kopf, sie brauchte ihn nicht.
    Er nahm Starling mit in sein Arbeitszimmer, drei Stufen in das hinunter, was offensichtlich eine umgebaute Doppelgarage war.
    Hier war reichlich Platz, es gab ein Sofa und Sessel, und auf dem überladenen Schreibtisch leuchtete ein Computerterminal grün neben einem antiken Astrolabium. Bei dem kleinen Teppich hatte man das Gefühl, als läge er auf Zement. Crawford winkte sie zu einem Sessel.
    Er legte die Hand über den Hörer. »Starling, dies ist irrsinnig, aber haben Sie Lecter in Memphis irgend etwas gegeben?«
    »Nein.«
    »Kein Objekt.«
    »Nichts.«
    »Sie haben ihm die Zeichnungen und das Zeug aus seiner Zelle gebracht.«
    »Ich hab's ihm nie gegeben. Die Sachen sind noch in meiner Tasche.
    Er hat mir die Akte gegeben. Das ist das einzige, was zwischen uns hin- und herging.«
    Crawford klemmte sich das Telefon unter den Kiefer. »Copley, das ist kompletter Scheiß. Ich will, daß Sie diesen Bastard in die Mache nehmen, und zwar jetzt. Direkt zum Chef, direkt zu TBI. Sorgen Sie dafür, daß das Notstandsbulletin mit dem übri- gen durchgegeben wird. Burroughs ist da dran. Ja.« Er schaltete den Apparat ab und steckte ihn in seine Tasche.
    »Wollen Sie Kaffee, Starling? Coke?«
    »Was sollte das denn, Dr. Lecter Dinge zu geben?«
    »Chilton behauptet, Sie müssen Lecter irgendwas gegeben haben, womit er die Sperrklinke von den Handschellen abge-streift hat. Sie hätten es nicht absichtlich getan, sagt er - es sei nur Unkenntnis gewesen.« Manchmal hatte Crawford zornige kleine Schildkrötenaugen. Er beobachtete, wie sie es aufnahm.
    »Hat Chilton versucht, Ihre Strapse zu knacken, Starling? Ist es das, was mit ihm los ist?«
    »Vielleicht. Ich nehme ihn schwarz mit Zucker, bitte.«
    Während er in der Küche war, holte sie tief Atem und schaute sich im Zimmer um. Wenn man in einem Studentenwohnheim oder in einer Kaserne wohnt, ist es tröstlich, in einem Familienhaus zu sein. Selbst jetzt, da der Boden unter Starling erzitterte, half ihr ihr Gefühl für das Leben der Crawfords in diesem Haus.
    Eben kam Crawford mit den Tassen zurück, ging mit seiner Zweistärkenbrille vorsichtig die Stufen hinunter. In seinen Mo-kassins war er einen Zentimeter kleiner. Als Starling aufstand, um ihren Kaffee entgegenzunehmen, waren ihre Augen beinahe auf gleicher Höhe. Er roch wie Seife, und sein Haar sah weich und grau aus.
    »Copley hat gesagt, man hätte den Krankenwagen noch nicht gefunden. Im ganzen Süden sind Heere von Polizisten angetre-ten.«
    Sie schüttelte den Kopf. »Mir sind keine Einzelheiten bekannt. Im Radio kam nur die Kurznachricht - Dr. Lecter hat zwei Polizisten umgebracht und ist entkommen.«
    »Zwei Gefängnisbeamte.« Crawford ließ den kriechenden Text auf seinen Computerbildschirm weiterlaufen. »Sie hießen Boyle und Pembry. Haben Sie mit ihnen zu tun gehabt?«
    Sie nickte. »Sie... haben mich aus der Arrestzelle entfernt. Ihr Benehmen bei dieser Angelegenheit war okay.« Pembry, wie er um Chilton herumkam, verlegen, entschlossen, aber auf bäurische Art höflich. Jetzt kommen Sie mal schön mit, sagte er. Auf den Händen und auf der Stirn hatte er Leberflecke. Nun tot, bleich unter seinen Flecken.
    Plötzlich mußte Starling ihren Kaffee hinstellen. Sie füllte die Lungen tief mit Luft und sah einen Augenblick lang an die Decke.
    »Wie hat er's gemacht?«
    »Laut Copley ist er in einem Krankenwagen entkommen. Wir werden noch näher darauf eingehen. Wie sind Sie mit der Löschsäure klargekommen?«
    Starling hatte den späten Nachmittag und frühen Abend damit verbracht, auf Krendlers Anordnungen hin das Blatt mit den Plutos von der Abteilung für wissenschaftliche Analysen untersuchen zu lassen. »Nichts. Sie prüfen die Akten der Drogenfahndung, um zu sehen, ob sie was Identisches haben, doch das Zeug ist zehn Jahre alt. Die von der Dokumentenabteilung haben mit dem Druckverfahren vielleicht mehr Glück als die Drogenfahndung mit dem Rauschgift.«
    »Es war aber LSD.«
    »Ja.

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