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Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Das Schweigen der Miss Keene (German Edition)

Titel: Das Schweigen der Miss Keene (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Klassen
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gesagt, wo sie Sie finden kann?«
    Wieder schüttelte sie den Kopf und fragte sich, was ihre Mutter aufgehalten hatte.
    »Vielleicht ist das ganz gut.« Er räusperte sich. »Ich habe Mrs Hinkley gebeten, Ihnen einen halben Tag pro Woche freizugeben – obwohl ich Sie immer noch bitten muss, auf dem Anwesen zu bleiben. Mir ist bewusst, dass es für eine junge Frau hier nicht viel zu tun gibt, besonders zu dieser Jahreszeit, aber –«
    »Das macht mir nichts aus«, unterbrach ihn Olivia und zwang sich zu einem Lächeln. »Ich könnte allein auf dem Grundstück spazieren gehen oder in meinem Zimmer bleiben und etwas lesen. Es gibt einige Bücher im Schulzimmer – das heißt, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    Er nickte. »Das ist völlig in Ordnung.«
    »Danke, Mylord.« Sie straffte die Schultern und atmete tief durch. »Ich freue mich darauf. Wann soll mein Halbtag sein? Am Sonntag?«
    Sein Lächeln wurde zur Grimasse. »Ross hat seinen Halbtag am Sonntag, nicht wahr?«
    Sie nickte zögernd.
    »Dann soll Ihrer am Mittwoch sein.«

     
    Als Olivia mit den Kindern am Montag einen kleinen Gang durch den Garten machte, erhaschte sie einen Blick auf Lord Bradley, der am steinernen Gärtnerhäuschen vorbeiging und hinter einem daneben liegenden Fachwerk-Wirtschaftsgebäude verschwand. Sie hätte die Kinder gern gefragt, was das für ein Gebäude war, aber da sie das nicht konnte, führte sie Audrey und Andrew darauf zu.
    Sie kamen um die Ecke und sahen, wie Lord Bradley die zwei Stufen des Treppenaufgangs hochstieg, mit dem Finger über einen Riss im einzigen Fenster des Gebäudes fuhr und dann die Hand auf den Türgriff legte. Als er die Spaziergänger entdeckte, zog er abrupt seine Hand weg und blieb mit dem Rücken zur verschlossenen Tür stehen.
    Zum ersten Mal begegnete er seinen jungen Verwandten nicht mit einem herzlichen Lächeln. »Hallo Andrew, hallo Audrey.«
    Er begrüßte Olivia nicht und gab auch eine Erklärung ab, warum er dort stand oder was er vorhatte.
    »Der Gärtner hat gerade eine schneeweiße Katze entdeckt, die unter dem Holzschuppen lebt«, erzählte er den Kindern. »Sie hat ein grünes und ein blaues Auge. Wenn ihr euch beeilt, zeigt er sie euch bestimmt.«
    Audrey und Andrew brauchten keine weitere Aufforderung und rannten schnell davon.
    Olivia blieb noch einen Moment stehen, um abzuwarten, ob er etwas sagen würde, sobald die Kinder außer Hörweite waren. Stattdessen stand er einfach mit verschränkten Armen da und sah sie mit kühler Herausforderung an.
    »Sollten Sie nicht lieber Ihren Zöglingen folgen?«
    Pikiert drehte sie sich um und schritt in die Richtung davon, aus der sie gekommen war. Kurz bevor sie um die Ecke bog, warf sie einen Blick über die Schulter zurück und sah, wie Lord Bradley in das Gebäude schlüpfte und die Tür fest hinter sich schloss. Die Botschaft war eindeutig. Sie waren dort nicht willkommen. Was tat er dort drin? War er allein? Sie war versucht, durchs Fenster zu spähen, als wäre sie die Spionin, für die er sie bereits hielt, aber sie erinnerte sich an die Herausforderung in seinen Augen und widerstand dem Impuls.

     
    Am nächsten Tag brachte Olivia die Kinder für ihren Reitunterricht zum Stall. Lord Bradley war von seinem Morgenritt noch nicht zurückgekehrt, deshalb führte Johnny die Kinder wieder an Leinen durch den Hof.
    Ein paar Minuten später ritt Lord Bradley im leichten Galopp auf seinem Rappen in den Hof. Er ließ das Pferd anhalten, schwang sein Bein über den Rücken des Tieres, um abzusitzen, und band es dann an die Pferdestange.
    Er ließ die Augen über den Hof schweifen. »Was macht Ross da? Dieses Pferd muss gründlich abgerieben werden.«
    »Vielleicht könnten Sie mir zeigen, wie man es macht?«
    Spöttisch zog er eine Braue hoch. »Wollen Sie Ihren Liebhaber wieder einmal schützen?«
    Sie ging nicht darauf ein, sondern antwortete ernsthaft: »Die Vorstellung, an einem so perfekten Herbsttag ins Haus zu gehen, ist mir zuwider. Ich würde sehr gern hier bleiben und es einmal versuchen.«
    Er zauderte. »Haben Sie das jemals gemacht?«
    »Nein, aber ich werde es schnell lernen.«
    »Nun gut.« Er trat in die Sattelkammer und kehrte im nächsten Moment zurück. Er drückte ihr eine Bürste in die wartende Hand und zog den Riemen über ihrem Handrücken fest. Er legte seine freie Hand auf den feuchten Widerrist des Tieres, hob mit der anderen Olivias vorbereitete Hand und begann, sie bei den bürstenden Bewegungen zu führen, bis sie

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