Das Schweigen
zu einem Ende kommt ...
denn es war ja nie zu Ende ... ich fürchte, besser kann
ich es nicht erklären.«
Joentaa nickte. »Können Sie sich eine Verbindung
vorstellen? Die Vermisste heißt Sinikka Vehkasalo. Sagt
Ihnen der Name etwas?«
Sie schüttelte den Kopf.
»Wir suchen natürlich nach dieser Verbindung. Im
besten Fall eine Person, die damals in Ihrem Umfeld ge-
lebt hat und heute im Umfeld der Familie Vehkasalo ...«
»Mir sagt der Name nichts.«
»Es ist nicht davon auszugehen, dass es eine solche
Person gibt, vieles deutet daraufhin, dass die Person, die wir suchen, sich nicht im unmittelbaren Umfeld des ...
Opfers bewegt. Aber dennoch ...«
»Das ist das Problem, das Sie schon damals hatten«,
sagte sie. »Ihr Kollege hat darüber mit mir gesprochen ...
daran erinnere ich mich jetzt ... ich hatte das Gefühl,
dass er sich entschuldigen wollte, weil sie nicht voran-
kamen, er sprach fast mit Ihren Worten ... es sei schwie-
rig, den Täter zu ermitteln, weil er sich vermutlich nicht in unserem unmittelbaren Umfeld bewege.«
»Ja ...«, sagte Joentaa.
»Und verwertbare Spuren fehlten natürlich, weil Pia
so lange im Wasser gelegen hatte.«
Joentaa nickte.
»Was ich mich immer wieder gefragt habe ... später,
als ich einen größeren Abstand hatte ... was in einem
Menschen vorgeht ... ich will wissen, wie er aussieht
und wer er ist, aber vor allem will ich begreifen, was in
ihm vorgegangen ist ... wie das möglich ist, dass so
etwas überhaupt passiert ... verstehen Sie?«
Joentaa nickte.
»Haben Sie denn schon etwas erreicht? Ihr Kollege
sprach damals immer vom Ermittlungserfolg, auf den er
hoffte ... so nennt man das wohl.«
»Ja ... nein, ich fürchte, wir stehen noch am Anfang ...
es ist ja kaum zwei Tage her ... ich möchte Sie um etwas
bitten, nämlich, dass Sie, auch gegen die Wahr-
scheinlichkeit, versuchen, mögliche Verbindungen her-
zustellen. Kontakte, die Sie haben, vielleicht seit damals bis heute, Plätze und Lokalitäten, die Sie besuchen, die
wir dann mit einer Liste der Vehkasalos abgleichen kön-
nen ... ich weiß, dass es ein Fischen im Trüben ist, aber
... und haben Sie die aktuelle Adresse und Telefonnum-
mer Ihres geschiedenen Mannes?«
Sie nickte, stand auf, und Joentaa sah, wie sie im
Wohnzimmer in einer Schublade kramte. Sie kehrte mit
einer Visitenkarte zurück.
»Das ist auch seine private Anschrift. Er hat damals
schon von zu Hause aus gearbeitet. Aber ich weiß nicht,
ob die Angaben noch stimmen. Die Karte hat er mir vor
Jahren per Post zugeschickt. Wir gratulieren uns ab und
zu an Geburtstagen. Und wir sind übrigens nicht ge-
schieden. Nur getrennt. Das war ihm damals wichtig,
und ich hatte nichts dagegen.«
»Oh. Entschuldigung.«
Sie lachte. »Kein Grund, sich zu entschuldigen.«
Joentaa las die Angaben auf der Karte, die Hannu
Lehtinen als Mitarbeiter einer bekannten Versiche-
rungsgesellschaft auswies.
»Danke«, sagte er und steckte die Karte ein.
Sein Blick fiel auf einen Fußball, der mitten im Gar-
ten lag. Er hatte ihn schon die ganze Zeit über beiläufig
wahrgenommen, aber jetzt fragte er sich, was dieser Ball
dort zu suchen hatte.
»Die Enkelsöhne der Nachbarn kicken hier ab und
zu«, sagte Elina Lehtinen, die seinem Blick gefolgt war.
»Weil mein Garten größer ist. Und weil ich nichts dage-
gen habe, wenn meine Beete in Mitleidenschaft gezogen
werden. Und weil ich gerne spielende Kinder im Garten
habe.«
Sie lächelte.
Joentaa nickte. »Danke, der Kuchen war sehr gut«,
sagte er. Er wollte aufstehen, blieb aber noch einige Se-
kunden sitzen und betrachtete den Ball, der auf dem
Rasen lag.
Dann ließ er sich von Elina Lehtinen durch das schat-
tige Wohnzimmer und den Flur zur Haustür führen.
Als er ins Freie trat, stieß er mit Ketola zusammen.
»Hoppla!« sagte Ketola.
»Huch!« sagte Kimmo.
»Nicht so stürmisch, mein Bester«, sagte Ketola. Er
hatte gerötete Augen und wirkte auf Joentaa unruhig
und unnatürlich aufgedreht.
»Ich ... entschuldigen Sie, vermutlich erinnern Sie sich
nicht an mich ...«, sagte Ketola, als sei Joentaas
Anwesenheit eine selbstverständliche Nebensächlich-
keit.
»Ich erinnere mich sehr gut«, sagte Elina Lehtinen
langsam. »Sie sind ein wenig älter geworden. Und wir
haben gerade über Sie gesprochen.«
»Oh. Ja ... haben Sie kurz Zeit, es würde ganz schnell
gehen ... ein paar Minuten ...«
»Sicher«, sagte sie und machte eine einladende
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