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Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition)

Titel: Das Schwein sieht Gespenster: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Joseph Caldwell
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ergangen wie Kitty; bei beiden waren die für sie vom Schicksal vorgesehenen Vorzüge relativ spät zur Geltung gekommen, aber jetzt konnten sie sich doch durchaus sehen lassen. Warum sich Maude nicht geschmackvoller kleidete, sondern einem Abklatsch dessen treu blieb, was sie als staksige Schulgöre hatte tragen müssen, war Kitty unklar.
    Maude strahlte über das ganze Gesicht und begrüßte sie fröhlich, wie es ihre Art war. »Wusste ich doch, dass du das bist.«
    Wie sollte sie auch nicht. Maude hatte sie schließlich eingeladen. Und trotzdem gaben ihr die Worte zu denken. Verfolgte Maude sie etwa mit ihrer Hellseherei auf Schritt und Tritt, oder hing es von einer gewissen Entfernung ab, weil ihr Blickfeld begrenzt war? In einem Ton unbeschwerter Heiterkeit, der dem von Maude in nichts nachstand, grüßte sie zurück. »Ein kochender Teekessel verlockt. Dem kann man schlecht widerstehen.«
    »O ja, der pfeift hin und wieder ganz gern. Und unsereins genießt das durchaus.« Sie rückte etwas zur Seite, um die Burgfrau von Kissane ins Haus zu lassen. Kitty überquerte die Schwelle und hörte hinter sich die an den Jungen gerichteten Worte: »Und du, junger Mann, zieh gefälligst die guten Schulsachen aus, ehe ich richtig mitkriege, wie du sie zugerichtet hast.«
    Peter stürzte an Kitty vorbei und verschwand in einer Tür rechts, sein Hemdenzipfel flatterte in dem Wind, den er machte.
    »Die Mädchen, Margaret und Ellen, sind zur Probe, sie üben für die Schulaufführung«, klärte Maude sie auf. »Singen und tanzen, sind mit Herz und Seele dabei, die Guten. Es wird Tränen geben, wenn sie erfahren, dass sie dich verpasst haben. Setz dich, ich bin gleich wieder da. Du hörst den Kessel bestimmt genauso gut wie ich.«
    »Ist nicht zu überhören, klingt richtig gut.«
    »Sein Pfeifton ist einmalig.«
    Maude eilte hinaus und hätte fast einen links von der Küchentür stehenden kleinen Tisch umgerissen. Bei all ihren seherischen Fähigkeiten blieb ihr die natürliche Gabe versagt, Dinge, die sich unmittelbar vor ihrer Nase befanden, wahrzunehmen.
    Der Fernseher lief, aber ohne Ton. Kaum zu glauben, was da gezeigt wurde – die Wiederholung einer weithin bekannten Folge von
Stolz und Vorurteil
mit Jennifer Ehle als Elizabeth, wenn Kitty den Namen richtig im Kopf hatte, und Colin Firth, einem bildschönen Mann, als Darcy. Beide erprobten mit unwiderstehlichem Charme ihre wahren Gefühle füreinander und sorgten damit für noch so manche weitere Episode und Szene, bis es Mrs Austen gefiel, ihnen mit unbeschreiblicher Raffinesse und unübertrefflichem Geschick die hoffentlich anhaltende Erfüllung ihrer Liebe zu bescheren. (Unübertrefflich natürlich nur, da Kitty McCloud den Gedanken an eine zu korrigierende Fassung verworfen hatte.)
    Kitty zwang sich hinzusehen. Die beiden ergingen sich immer noch in ihrem sonderbaren Gehabe, Darcy höflich und selbstbewusst, Elizabeth von ihren Vorurteilen gehemmt, die sie gegenüber dem Mann hegte, dass Kitty Mühe hatte, nicht aufzustehen, zum Fernseher zu gehen und beide zu ohrfeigen.
    Kein Kessel hatte gepfiffen, doch es dauerte nicht lange, und Maude kam mit einem Tablett herein. »Der Tee ist irgendwie verschwunden, aber das hier ist genauso gut.« Sie stellte das Tablett auf dem Tisch neben ihrem Stuhl ab, ging zum Fernseher und machte ihn aus. »Die brauchen wir uns doch nicht anzusehen, oder?«
    Auf dem Tablett standen der Teekessel, zwei Tassen und Untertassen. In jeder Tasse lag eine Olive, wie Kitty feststellte. Maude setzte sich und schüttete in jede Tasse eine klare Flüssigkeit. In dem Kessel klapperten ganz deutlich Eiswürfel. »Nach deinen Jahren in Amerika dachte ich, das könnte dir gefallen. Ich habe natürlich das Rezept leicht verändert, aber wer macht das nicht.«
    »Schon gut so.« Maude führte irgendetwas im Schilde. Kitty ja aber eigentlich auch.
    Maude hielt Kitty das Tablett hin. »Zuerst du.«
    »Ich nehme die hier, da ist mehr drin.«
    »Ein Spruch wie von einer echten Amerikanerin«, sagte Maude mit verhaltenem Lachen. Sie stellte die andere Tasse auf den Tisch neben sich und legte das Tablett vor ihren Stuhl auf dem Fußboden ab. Mit der Tasse in der Hand prosteten sich beide Frauen dann zu. Kitty nahm einen herzhaften Schluck. Sie wusste nicht recht, wo sie Tasse und Untertasse absetzen sollte, und hielt sie fürs Erste in der Hand. Als Maude ihre nach einem weniger herzhaften Schluck auf dem Tablett zu ihren Füßen abstellte, nahm sie sich die

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